Entscheidungsstichwort (Thema)

Sofortige Beschwerde. gerichtlicher Vergleich. Protokollberichtigung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der Text eines protokollierten gerichtlichen Vergleichs, der in der mündlichen Verhandlung vorgelesen und genehmigt worden ist, nachträglich wegen eines Rechenfehlers abgeändert, so kann dagegen analog § 319 Abs. 3 ZPO sofortige Beschwerde eingelegt werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 567, 164 Abs. 1, § 319 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 05.02.2008; Aktenzeichen 9 Ca 5048/07)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 25.11.2008; Aktenzeichen 3 AZB 64/08)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 5. Februar 2008 – 9 Ca 5048/07 – abgeändert:

Der Antrag auf Berichtigung des Vergleichs vom 19. Dezember 2007 – 9 Ca 5048/07 Arbeitsgericht Köln -wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

3. Beschwerdewert: EUR 2.859,80

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgerichts Köln am 19. Dezember 2007 einen Vergleich protokolliert, in dem es u. a. heißt:

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger EUR 38.090,00 brutto an restlichem Lohn für die Zeit von November 05 bis 31.05.2007 (monatlich EUR 5.010,00 brutto, für November 05 EUR 1.687,00 brutto, abzüglich Zwischenverdienst/Arbeitslosengeld EUR 50.917,20). Von dem Gesamtbetrag sind EUR 25.000,00 netto (Teilvergleich vom 23.07.2007) abzuziehen.

5. Die Beklagte zahlt an den Kläger EUR 850,00 brutto (Weihnachtsgeld à EUR 425,00 brutto 2005 und 2006) sowie einen Betrag in Höhe von EUR 1.300,00 brutto (Urlaubsgeld à EUR 650,00 brutto 2006 und 2007).

Der Vergleichstext ist ausweislich des Protokolls vorgelesen und genehmigt worden.

Auf Antrag des Klägers hat das Arbeitsgericht Köln durch Beschluss vom 5. Februar 2008 den Vergleichstext dahin berichtigt, dass es anstelle „EUR 38.090,00” nunmehr „EUR 40.949,80” heißt. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus dem Klammerzusatz ergebe sich klar, dass ein Rechenfehler vorgelegen habe.

Der Kläger hatte zu diesem Rechenfehler ausgeführt, das Arbeitsgericht sei bei der Berechnung des genannten Betrages offenbar von 17 Monatsverdiensten (statt richtig: 18 Monatsverdiensten + Restbetrag für November 2005) ausgegangen und habe Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld hinzuaddiert, die unter Ziffer 5 des Vergleichs gesondert geregelt worden seien.

Die Beklagte hatte der Berichtigung mit der Begründung widersprochen, der Vergleichstext sei ausführlich erörtert worden und anschließend vorgelesen und genehmigt worden. Im Übrigen werde ein Vergleich dadurch charakterisiert, dass er ein gewisses Nachgeben der Parteien zum Inhalt habe. Der Kläger hätte anstelle des Berichtigungsantrages von dem ihm eingeräumten Recht auf Widerruf des Vergleichs bis zum 31. Dezember 2007 Gebrauch machen können.

Gegen den Beschluss vom 5. Februar 2008 hat die Beklagte am 20. Februar 2008 sofortige Beschwerde beim Arbeitsgericht Köln eingelegt.

Das Arbeitsgericht hat es durch Beschluss vom 31. März 2008 abgelehnt, der sofortigen Beschwerde abzuhelfen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch fristgerecht binnen 2 Wochen (§ 569 ZPO) eingelegt worden.

1. Nach § 567 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO findet die sofortige Beschwerde nur statt, wenn dies entweder im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

a. Unrichtigkeiten des Protokolls können nach § 164 Abs. 1 ZPO jederzeit berichtigt werden. Dabei muss es sich nicht um eine offenbare Unrichtigkeit handeln. Das Gericht muss vielmehr jede förmliche oder inhaltliche Unvollständigkeit oder sonstige Unrichtigkeit beseitigen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 164 Rdn. 5). Anders als § 319 Abs. 3 ZPO für den Fall der Urteilsberichtigung sieht § 164 ZPO jedoch kein Rechtsmittel gegen eine Berichtigung des Protokolls vor.

b. Durch die Berichtigung ist nicht ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen, sondern ihm stattgegeben worden, so dass eine sofortige Beschwerde auch nicht nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig ist.

c. Darüber hinaus lehnt die herrschende Meinung die Statthaftigkeit der Beschwerde gegen eine sachliche Berichtigung des Protokolls mit der Begründung ab, das Beschwerdegericht sei mangels einer Teilnahme an der Sitzung zu einer Überprüfung nicht imstande. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers (vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 14. Juli 2004 – XII ZB 268/03 – m.w.N.).

2. Ob eine Anfechtung der Berichtigung durch eine Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit oder einer Verletzung wesentlicher Verfahrensgrundrechte erfolgen kann, ist streitig. Überwiegend wird sie seit dem Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes abgelehnt. Tragender Gesichtspunkt dieser Rechtsprechung ist das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete verfass...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge