Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein in der Klageschrift enthaltener PKH-Antrag erstreckt sich weder auf spätere Klageerweiterungen noch auf einen zu einem späteren Zeitpunkt geschlossenen Vergleich. Für diese muss die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtzeitig vor der Beendigung des Rechtsstreits grundsätzlich ausdrücklich beantragt werden (wie LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.05.2007 – 7 Ta 129/07; LAG Hamm, Beschluss vom 31.08.2007 – 6 Ta 402/07).
2. Ob das Arbeitsgericht im Hinblick auf den Grundsatz des fairen Verfahrens gehalten ist, die klagende Partei vor der Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens darauf hinzuweisen, dass für deren Klageerweiterungen und einen etwaigen Vergleich sowie dessen möglichen Mehrwert kein ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt worden ist, so dass sich die Entscheidung über einen in der Klageschrift gestellten PKH-Antrag auf die dort enthaltenen Anträge zu beschränken hat, bleibt unentschieden.
3. Wird dem Kläger für seine Klageerweiterung vom Arbeitsgericht fehlerhaft – mangels diesbezüglichen Antrags i.S. der §§ 114 Satz 1, 117 ZPO – Prozesskostenhilfe bewilligt, ist eine (teilweise) Abänderung des erstinstanzlichen PKH-Beschlusses durch das Beschwerdegericht wegen des Verschlechterungsverbots zum Nachteil des Klägers nicht möglich, sofern dieser allein vom Kläger mit der sofortigen Beschwerde angegriffen wird.
Normenkette
ZPO §§ 114, 117
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 15.06.2007; Aktenzeichen 3 Ca 10880/04) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 15.06.2007 – 3 Ca 10880/04 – wird mit der Klarstellung kostenpflichtig zurückgewiesen, dass der Klägerin für die Klage vom 26.10.2004 sowie für die Klageerweiterung vom 11.07.2005 bereits mit Wirkung vom 26.10.2004 Prozesskostenhilfe bewilligt wird.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin hat sich mit ihrer am 26.10.2004 vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage vom selben Tag gegen eine vom Beklagten mit Schreiben vom 07.10.2004 ausgesprochene fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses gewandt. Außerdem hat sie vom Beklagten die Zahlung von Arbeitsvergütung für die Monate August und September 2004, die Erteilung von ordnungsgemäßen Lohnabrechnungen für die Monate Juli bis einschließlich September 2004, die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses sowie – für den Fall, dass der Beklagte im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichts erklärt, dass er sie weiterbeschäftigen wird – ihre Weiterbeschäftigung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag, sofern sie mit diesem obsiegt, begehrt. In der Klageschrift hat die Klägerin weiterhin beantragt, ihr ratenfrei Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin den Beklagten außerdem auf Zahlung von Arbeitsvergütung und Erteilung von ordnungsgemäßen Lohnabrechnungen hinsichtlich der Monate Oktober 2004 bis einschließlich März 2006 in Anspruch genommen.
Im Kammertermin am 05.07.2006 hat das Arbeitsgericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Klageerweiterungen zu den Zahlungsanträgen, Bedenken bestünden, ob insoweit für die Zukunft Prozesskostenhilfe bewilligt werden könne. Daraufhin hat der Beklagtenvertreter erklärt, der Beklagte verzichte für die Zukunft bis zum Ende der Instanz darauf, sich auf die Nichteinhaltung von Verfallfristen für die Zeit ab Mai 2006 zu berufen.
Mit Beschluss vom 20.11.2006 hat das Arbeitsgericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Vergleich zustande gekommen ist. Darin heißt es u.a., dass die Parteien sich darüber einig sind, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Grund ordentlicher, arbeitgeberseitiger Kündigung vom 07.10.2004 aus betriebsbedingten Gründen zum 30.11.2004 sein Ende gefunden hat und von ihnen bis zu diesem Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß abgewickelt wird. Ferner hat sich der Beklagte darin verpflichtet, an die Klägerin eine Abfindung nach den §§ 9, 10 KSchG, § 3 Ziff. 9 EStG a.F. in Höhe von 2.938,00 EUR brutto = netto, fällig am 31.12.2006, zu zahlen und der Klägerin ein qualifiziertes, wohlwollendes Zeugnis mit insgesamt „guter” Führungs- und Leistungsbewertung zu erteilen.
Mit Beschluss vom 15.06.2007, der keine Rechtsmittelbelehrung enthält und förmlich nicht zugestellt worden ist, hat das Arbeitsgericht der Klägerin für die Klage vom 26.10.2004 sowie die Klageerweiterung vom 11.07.2005 mit Wirkung vom 26.10.2005 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten mit der Maßgabe bewilligt, dass sie derzeit keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten braucht, da die Grenze der Tabelle zu § 114 ZPO nicht erreicht wird.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin mit am 23.07.2007 vorab pe...