Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 09.02.1996; Aktenzeichen 2 Ca 6087/95)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 09.10.1996; Aktenzeichen 5 AZB 18/96)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 9.2.1996 – 2 Ca 6087/95 – aufgehoben:

  1. Es wird festgestellt, daß der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben ist.
  2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
  3. Der Beschwerdewert wird auf DM 7.500,– festgesetzt.
  4. Die weitere sofortige Beschwerde wird zugelassen.
 

Tatbestand

I. Die Parteien streiten vorab um den zulässigen Rechtsweg für eine Kündigungsschutzklage.

Der Kläger war vom 1.3.69 bis 30.4.78 als kaufmännischer Angestellter bei der Beklagten tätig, zuletzt in der Exportabteilung in Köln. Dieses Arbeitsverhältnis beendeten die Parteien einvernehmlich zum 30.4.1978, nachdem der Kläger mit Schreiben vom 17.2.1978 eine Kündigung zum 31.3.1978 ausgesprochen hatte. Am 30.3.1978 vereinbarten die Parteien, daß der Kläger als „freier Mitarbeiter” für die Beklagte Mittel- und Südamerika bereisen sollte, um bestehende Kontakte mit dortigen Vertretungen der Beklagten und ihren Kunden zu pflegen. Am 1.5.1978 wurde diese Vereinbarung durch eine „Vertretervereinbarung” ergänzt, die Ähnliches auch für Nigeria vorsah. Nach dieser Vereinbarung wurde 17 Jahre lang verfahren. Zuletzt erhielt der Kläger dafür monatlich einen Betrag von DM 2.500,–, auch für die Zeit, in der er nicht für die Beklagte reisend tätig war. Mit Schreiben vom 23.6.1995 kündigte die Beklagte diese Vereinbarung mit Wirkung zum 31.12.1995.

Der Kläger hat am 17.6.1995 Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Köln erhoben. Er behauptet, bei der Planung seiner Reisen an die Vorgaben der Beklagten gebunden gewesen zu sein. Ihm sei bei Abschluß der Vertreterverträge seitens der Beklagten versichert worden, es solle sich tatsächlich gegenüber seiner bisherigen Tätigkeit nichts für ihn ändern. Eine Änderung der Weisungsgebundenheit und Unselbständigkeit sei tatsächlich nicht eingetreten. Er ist der Ansicht, es liege daher weiterhin ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten vor.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 23.6.95, zugegangen am 24.6.95, nicht aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Kläger sei ausschließlich selbständig tätig gewesen und weder an Geschäfts- oder Arbeitszeiten gebunden gewesen. Auch seien keine Lohnsteuern oder Sozialabgaben entrichtet worden. Sie ist der Ansicht, der Kläger sei daher nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren. Daher sei auch der eingeschlagene Rechtsweg unzulässig.

Das Arbeitsgericht Köln hat durch Beschluß vom 9.2.1996 den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt, weil der Kläger weder als Arbeitnehmer noch als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG anzusehen sei.

Gegen den ihm am 14.3.1996 zugestellten Beschluß hat der Kläger am 28.3.1996 sofortige Beschwerde eingelegt und ergänzend vorgetragen, seine zumindest auch wirtschaftliche Abhängigkeit von der Beklagten ergebe sich auch daraus, daß er nun Sozialhilfe in Anspruch nehme. Das Arbeitsgericht Köln sei daher zuständig.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, weil sie statthaft (§§ 17 a Abs. 4 GVG, 48 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt worden ist.

2. Auch in der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet, ohne daß es auf die Frage ankommt, ob die Rechtsansicht des Klägers, Arbeitnehmer zu sein, zutrifft. Das folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG i.V.m. § 4 KSchG.

Der Kläger erhebt nämlich ausdrücklich eine Feststellungsklage, mit der die Fortdauer eines „Arbeitsverhältnisses” festgestellt werden soll. Hierfür sind allein die Arbeitsgerichte zuständig. Denn nach § 4 KSchG ist eine Kündigungsschutzklage „beim Arbeitsgericht” zu erheben. Dem Kläger, der ausdrücklich und nur eine arbeitsrechtliche Kündigungsschutzklage erheben will, würde der Rechtsschutz verweigert, wenn sich das hierfür gesetzlich vorgesehene Fachgericht für nicht zuständig erklären würde. Das Land- oder das Amtsgericht kann nicht das zuständige Gericht sein, weil es nicht über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses zu befinden hat und damit auch nicht über dessen Fortdauer. Die nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG notwendige Voraussetzung, daß es sich um eine Rechtsstreitigkeit „zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer” handeln muß, ist unabhängig von den widersprechenden Behauptungen und Rechtsansichten der Parteien als erfüllt zu unterstellen. Denn zumindest bei einer echten Kündigungsschutzklage mit dem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG muß für die Frage des Rechtswegs die bloße, im Falle des Bestreitens zu substantiierende Rechtsbehauptung des Klägers genügen. Entscheidend sind insoweit nicht die objektiven – unter Umständen erst nach Beweisa...

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