Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekosten. nicht in Kassel ansässiger Rechtsanwalt
Leitsatz (amtlich)
Reisekosten des nicht in Kassel ansässigen Rechtsanwalts sind grundsätzlich erstattungsfähig. Dies gilt mit der Einschränkung, daß sie dem Umfang und der Höhe nach auf die Reisekosten zu beschränken sind, die entstanden wären, wenn die Partei einen an ihrem Wohnsitz oder in dessen Nähe oder am Sitz des erst- oder zweitinstanzlichen Gerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hätte.
Normenkette
ZPO § 91
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Beschluss vom 25.09.1996; Aktenzeichen 1 Ca 140/94) |
Tenor
Auf die als Beschwerde geltende Erinnerung des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Aachen vom 25.09.1996 – 1 Ca 140/94 – teilweise aufgehoben und neu gefaßt:
Die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf insgesamt 2.808,99 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 09.04.1996 festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Beschwerdewert: 356,04 DM.
Tatbestand
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte Kündigungsschutzklage erhoben und in 3 Instanzen obsiegt. Er hat sich auch in 3. Instanz von seinem in Düsseldorf wohnenden Prozeßbevollmächtigten vertreten lassen. Am 03.04.1996 beantragte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung seiner Kosten 3. Instanz. Darin waren Kosten für die Fahrt von Düsseldorf nach Kassel im Betrag von 249,60 DM sowie Abwesenheitsgeld in Höhe von 60,– DM jeweils nebst 15 % MwSt. enthalten. Das Arbeitsgericht setzte die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 2.452,95 DM nebst Zinsen fest. Abgesetzt waren Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld nebst Mehrwertsteuer.
Gegen diesen ihm am 08.10.1996 zugestellten Beschluß hat der Kläger durch Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 09.10.1996 am 10.10.1996 Erinnerung erhoben und geltend gemacht, die Reisekosten seien zu Recht in Ansatz gebracht. Einer Partei, die in den ersten beiden Instanzen von ein und demselben Rechtsanwalt vertreten gewesen sei, sei es nicht zumutbar, in der 3. Instanz einen anderen Rechtsanwalt einzuschalten. Die Revisionsinstanz entscheide zwar über Rechtsfragen; erfahrungsgemäß finde in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aber auch eine Erörterung der Sach- und Rechtslage statt. Hierauf könne ein neu eingeschalteter Rechtsanwalt, der ausschließlich Aktenkenntnis hat, nicht sachgemäß reagieren.
Rechtspfleger und Gericht halfen der Erinnerung nicht ab und legten sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.
Entscheidungsgründe
II.1. Die als Beschwerde geltende Erinnerung ist nach § 104 Abs. 3 ZPO i.V.m. §§ 11 Abs. 2, 21 Ziff. 1 RPflG zulässig, denn sie ist statthaft sowie fristgerecht eingelegt.
2. In der Sache hat die Beschwerde Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat Fahrt- und Abwesenheitskosten (309,60 DM) sowie die hierauf entfallende Mehrwertsteuer (46,44 DM) zu Unrecht von den geltend gemachten Kosten abgesetzt.
Erstattungsfähig sind solche Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können hierunter auch die Reisekosten des nicht in Kassel ansässigen Rechtsanwalts fallen, allerdings mit der Einschränkung, daß sie dem Umfang und der Höhe nach auf die Reisekosten zu beschränken sind, die entstanden wären, wenn die Partei einen an ihrem Wohnsitz oder in dessen Nähe oder am Sitz des erstinstanzlichen oder zweitinstanzlichen Gerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hätte (BAG, Urt. v. 12.10.1962 – 5 AZR 268/60 – AP § 91 ZPO Nr. 27; ebenso: LAG Hamm, Beschl. v. 16.07.1970 – 8 Ta 29/70 – MDR 1970, 875 m.w.N.; im Ergebnis ebenso: LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 10.09.92 – 3 Ta 101/93 – AP § 91 ZPO Nr. 35).
Hierfür spricht, daß es in aller Regel schon wegen der besonderen Kenntnis der streitigen Sach- und Rechtslage, über die der auswärtige Rechtsanwalt verfügt, der die Partei bereits in 1. und 2. Instanz vertreten hat, nicht nur zweckmäßig, sondern auch notwendig ist, daß diese Partei auch durch diesen Anwalt ihres Vertrauens in 3. Instanz vertreten wird. Das gilt jedenfalls, wenn wie vorliegend eine Bestandsschutzstreitigkeit in Frage steht, die für die vertretene Partei existenzielle Bedeutung hat. Hierdurch entstehen auch nicht zwangsläufig höhere Kosten als bei Beauftragung eines am Revisionsgericht ansässigen Rechtsanwalts, denn es muß durchaus in Betracht gezogen werden, daß bei Inanspruchnahme eines am Revisionsgericht ansässigen Rechtsanwalts Kosten für eine Informationsreise der Partei zu diesem Anwalt entstehen werden, die nicht geringer ausfallen als die Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts. Allerdings sind erstattungsfähig nur die Kosten, die durch Beauftragung eines am Wohnsitz der Partei oder in dessen Nähe ansässigen Rechtsanwalts entstehen. Der so gesetzte regionale Rahmen ist im Streitfall eingehalten. Die Reisekosten sind im übrigen zutreffend berechnet; sie sind deshalb den bereits festgesetzten Kosten zuzusetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §...