Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Ersatzes von Reiseaufwendungen von Mitgliedern des Gesamtbetriebsrats. Pauschalierung der Erstattung
Leitsatz (amtlich)
Werden Reiseaufwendungen im Unternehmen üblicherweise nach Maßgabe der steuerrechtlichen Vorschriften pauschaliert erstattet, so gilt dies grundsätzlich auch für die Reisen von Gesamtbetriebsratsmitgliedern. Soweit eine Pauschalisierung nicht erfolgt oder die geltend gemachten Aufwendungen darüber hinaus gehen, sind diese Aufwendungen - einschließlich ihrer Erforderlichkeit - unter Berücksichtigung ersparter Aufwendungen (z. B.: ersparte Haushaltsersparnis) nachzuweisen.
Normenkette
BetrVG § 40; EStG § 9 Abs. 4a; BetrVG § 51
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 16.04.2014; Aktenzeichen 5 BV 172/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 16.04.2014- 5 BV 172/13 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Gewährung pauschalisierter Verpflegungspauschalen.
Der Beteiligte zu 1) ist der bei der Beteiligten zu 2) gebildete Gesamtbetriebsrat. Gesamtbetriebsratssitzungen, Ausschusssitzungen, Sitzungen von Verhandlungskommissionen und zum Teil Einigungsstellensitzungen finden in R statt. Dor steht dem Beteiligten zu 2) u.a. ein Büro zur Verfügung. Vier Mitglieder des Beteiligten zu 1) reisen im Schnitt einmal pro Woche im Rahmen ihrer Betriebsratstätigkeit nach R , wo sie im Hinblick auf die Entfernung zu ihrem Wohnort auch übernachten.
Mitte des Jahres 2013 teilte die Beteiligte zu 2) sinngemäß mit, dass sie im Hinblick auf die Gefahr des Steuerbetrugs keine Verpflegungspauschalen mehr bezahle, wenn die Mitglieder des Beteiligten zu 1) über einen Zeitraum von drei Monaten an mindestens jeweils zwei Tagen in der Woche nach R reisen, ohne dass zwischen den einzelnen Reisen ein Zeitraum von mindestens vier Wochen liege. Diese Mitteilung war veranlasst durch Kenntnisnahme einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urt. v. 28.02.2013 - III R 94/10 -), der von einer Unterbrechung der Tätigkeit, die zum Neubeginn der Dreimonatsfrist für die Möglichkeit der Gewährung einer steuerprivilegierten Verpflegungsmehraufwandspauschale bei Auswärtstätigkeit führt, ausgegangen ist, wenn die Unterbrechung der Tätigkeit mindestens vier Wochen dauert.
Seit dem Januar 2014 gilt im Unternehmen der Beteiligten zu 2) die Travel Policy (RiL Auswärtstätigkeit). Nach Abschnitt A "Grundsätzliche Bestimmungen" Ziffer 4. dieser Richtlinie richtet sich die Erstattung von Aufwendungen für vorübergehende Auswärtstätigkeit an der gleichen auswärtigen Tätigkeitsstätte, die länger als drei Monate dauert, nach der Richtlinie Doppelte Haushaltsführung. Bei sich wiederholender vorübergehender Auswärtstätigkeit an der gleichen auswärtigen Tätigkeitsstätte handelt es sich nach der RiL Auswärtstätigkeit um dieselbe Auswärtstätigkeit, wenn die auswärtige Tätigkeitsstätte innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten durchschnittlich an mindestens drei Tagen in der Woche aufgesucht wird. Unterbrechungen führen zu einem Neubeginn der Dreimonatsfrist, wenn die Unterbrechung mindestens vier Wochen gedauert hat. Die RiL Auswärtstätigkeit sieht in Abschnitt B "Reisekostenerstattung" Ziffer 3. u.a. vor, dass anlässlich einer Auswärtstätigkeit eine Verpflegungspauschale längstens für drei Monate der Auswärtstätigkeit gezahlt wird. Die Höhe der Verpflegungspauschale ergibt sich aus Anlage 1 und entspricht der Höhe nach den steuerlichen Sätzen des § 9 Abs. 4a Nr. 1 und Nr. 2 EStG. Nach Abschnitt D. "Sonderregelungen" Ziffer 6. erhalten u.a. Gesamtbetriebsratsmitglieder grundsätzlich Reisekosten wie Auswärtstätige. Wegen der weiteren Einzelheiten der RiL Auswärtstätigkeit wird auf Bl. 321 ff. d.A. verwiesen.
Die seit dem Januar 2014 geltende Richtlinie Doppelte Haushaltsführung (RiL DH) bestimmt u.a., dass für einen Zeitraum von drei Monaten pauschalierte Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit von 14 Stunden von 10 € pro Kalendertag gezahlt werden, Abschnitt B Ziffer 2, Ziffer 5.1, Anlage Ziffer 1. Die RiL DH gilt nach Abschnitt D Sonderregelungen Ziffer 2. grundsätzlich sinngemäß für freigestellte Gesamtbetriebsratsmitglieder. Wegen der weiteren Einzelheiten der RiL DH wird auf Bl. 346 ff. d.A. verwiesen.
Im Konzern der D P AG (DP AG) besteht für die D P DHL eine abweichende Reisekostenerstattung für Betriebsratsmitglieder nach Maßgabe der Anweisung 998/12 (Bl. 309 ff. d. A.). Hiernach gilt die Dreimonatsfrist für Auswärtstätigkeiten im Rahmen der Erstattung von (steuerfreien) Reisekosten nicht.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 16.04.2014 (Bl. 189 ff. d. A.) die Anträge des Beteiligten zu 1), mit denen er ohne zeitlichen Einschränkungen eine Weiterzahlung von Verpflegungspauschalen erreichen wollte, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, weder ergebe sich ein Anspruch auf Auszahlung von Verpflegungspauschalen aus dem Gesetz noch sei dies zwischen den Be...