Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert der Vereinbarung der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses in einem Vergleich im Kündigungsschutzverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Kein Vergleichsmehrwert für die Klausel: "Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, dass ihn in seinem beruflichen Fortkommen nachhaltig fördert."

 

Normenkette

ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 08.03.2016; Aktenzeichen 15 Ca 853/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 08.03.2016 - 15 Ca 853/16 - abgeändert:

Der Streitwert wird für das Verfahren und den Vergleich auf 5.100,00 € festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers hatte Erfolg. Für die Zeugnisregelung in dem Vergleich vom 08.03.2016 war ein Mehrwert nicht anzusetzen.

I. Grundsätzlich gilt zum Mehrwert eines Vergleichs Folgendes:

1. Der Wert eines Vergleichs ergibt sich aus dem Wert der rechtshängigen und nichtrechtshängigen Ansprüche, die erledigt werden und nicht aus dem Wert dessen, was die Parteien aus dem Vergleich erlangen oder welche Leistungen sie zum Zwecke der Erledigung der Streitpunkte übernehmen (vgl. hierzu Zöller/Herget § 3 ZPO Rn. 16 "Vergleich"). Daraus folgt z. B., dass- auch außerhalb des Arbeitsverhältnisses - ein vereinbarter Kapitalbetrag in einem sogenannten Abfindungsvergleich nicht für den Wert eines Vergleichs maßgeblich ist (Zöller/Herget a. a. O.). Der Streitwert eines Vergleichs ist- anders ausgedrückt - gleichbedeutend mit dem Wert der Streitgegenstände, die durch den Vergleich beigelegt werden. Er ist nicht gleichbedeutend mit dem Wert der Leistungen, die sich die Parteien in dem Vergleich im Wege des gegenseitigen Nachgebens gegenseitig versprechen (Wenzel Anm. zu LAG Köln vom 27.07.1995 - AR Blattei ES 160.113 Nr. 199).

Wie schon der Begriff "Streitgegenstand" nahe legt, muss es sich bei den wertbestimmenden Gegenständen um "streitige" Gegenstände handeln (vgl. auch BGH 14.09.2005 - IV ZR 145/04). Es muss sich - was den Mehrwert anbelangt - um die Ausdehnung des Vergleichs auf bereits "rechtshängige" oder "nichtrechtshängige Streitgegenstände" bzw. um die "Miterledigung anderer Streitpunkte" (BGH a. a. O.) handeln.

Diese Grundsätze und ihre Auswirkungen auf verschiedene, oft diskutierte Vergleichsmehrwerte wurden grundlegend in den Entscheidungen der erkennenden Kammer vom 03.03.2009 (4 Ta 467/08, NZA-RR 2009, 503 bis 505 und [...]) ausgeführt.

2. Im Beschluss der erkennenden Kammer vom 15.05.2009 (4 Ta 88/09 - NRWE) wurden diese Grundsätze im Anschluss an eine Entscheidung des LAG Hamm vom 27.07.2007 (6 Ta 357/07 - [...]) dahingehend ergänzt, dass in einem Prozessvergleich über die Erledigung streitgegenständlicher und nicht streitgegenständlicher Ansprüche hinaus auch die Ungewissheit über künftige Ansprüche, z. B. über Schadensersatzansprüche, beseitigt werden kann. Auch dieses letztere kann zu einem Mehrwert führen (vgl. auch den Streitwertkatalog in der Fassung vom 05.04.2016, Gliederungspunkt I. 22.1)

Bei dem Begriff der "Ungewissheit" im vorgenannten Sinne ist darauf abzustellen, mit welcher Wahrscheinlichkeit noch künftige Forderungen auftreten können und mit welcher Wahrscheinlichkeit sie strittig sein werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Regelung der Beurteilung von Leistung und Führung für ein noch zu erteilenden Zeugnis in der Regel als eine solche Beseitigung einer Ungewissheit anzusehen und mit einem entsprechend Mehrwert zu bewerten (vgl. dazu den bereits zitierten Beschluss vom 15.05.2009 - 4 Ta 88/09, NRWE, ferner den Beschluss der erkennenden Kammer vom 23.12.2010 - 4 Ta 436/10, NRWE).

Da die "Gesamtbenotung" in einem Zeugnis typischerweise zentraler Streitpunkt eines Zeugnisrechtsstreits ist, kann bei Vergleichen, die eine Regelung über diesen zentralen Zeugnisinhalt enthalten, typischerweise davon ausgegangen werden, dass sie einen künftigen Zeugnisrechtsstreit vermeiden (Beschlüsse der erkennenden Kammer vom 15.05.2009 - 4 Ta 88/09, NRWE; ferner z. B. 06.01.2010 - 4 Ta 407/09, NRWE; 23.12.2010 - 4 Ta 436/10, NRWE; vgl. auch die Beschlüsse der 7. Kammer des LAG Köln vom 12.06.2013 - 7 Ta 20/13, [...], und 18.08.2011 - 7 Ta 139/11, [...], sowie den Beschluss der 5. Kammer des LAG Köln vom 28.11.2012 - 5 Ta 320/12, [...]).

In diesen Fällen einer Regelung des wesentlichen Zeugnisinhalts ist es gerechtfertigt, ein Monatsgehalt für die Zeugnisregelung anzusetzen (vgl. den Beschluss der erkennenden Kammer vom 06.01.2010 - 4 Ta 407/09, NRWE).

II. Nach diesen Maßgaben gilt im vorliegenden Fall Folgendes:

Dass die Parteien darüber gestritten hätten, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet ist, ein Zeugnis zu erteilen, ist weder nach dem Vortrag im Beschwerdeverfahren noch aus der Akte ersichtlich und auch angesichts der klaren gesetzlichen Regelung in § 109 GewO gänzlich unwahrscheinlich.

Dass sie über den Inhalt des Zeugnisses gestritten haben, wie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Schriftsatz vom 2. Juni 2016 mitteil...

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