Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachaufwand des Betriebsrats;. Betriebsratsbüro

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Betriebsrat Anspruch auf Überlassung eines Raums für seine laufende Geschäftsführung, so muss dieser Raum grundsätzlich verschließbar sein; er muss auch optisch und akustisch zumindest so weit abgeschirmt sein, dass ihn Zufallszeugen von außen nicht einsehen oder abhören können, ohne besonderen Aufwand zu betreiben.

2. Ein kleiner Raum mit deckenhohen Wänden ohne Fenster, der nicht den Anforderungen an eine Arbeitsstätte entspricht, kommt grundsätzlich als Raum für die laufende Geschäftsführung des Betriebsrats nicht in Betracht.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 11.08.2000; Aktenzeichen 2 BV 82/00)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerinnen gegen den am 11.08.2000 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Köln – 2 BV 82/00 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die beiden Antragsgegner betreiben jeweils in der Rechtsform eines VVaG ein Unternehmen der Versicherungsbranche und bilden in einem Gebäude an der R. Straße in Köln, in dem auch die Hauptverwaltung des Konzerns untergebracht ist, einen Gemeinschaftsbetrieb mit ca. 150 Mitarbeitern. Für diesen fungiert der Antragsteller als fünfköpfiger Betriebsrat. Die Beteiligten streiten um die Überlassung eines Raumes für die Betriebsratstätigkeit.

Die Arbeitgeber (Antragsgegner) sind Ende 1994 in ihr derzeitiges Domizil an der R. Straße umgezogen. Aus diesem Anlaß schlossen die Beteiligten unter dem 29.11.1994 eine Betriebsvereinbarung. Nach deren § 7 (Bl. 5) standen dem Betriebsrat – neben der ihm eingeräumten Möglichkeit, „für seine Sitzungen, Betriebsversammlungen und dergleichen” am Zimmerbelegungssystem der Hauptverwaltung teilzunehmen – zwei Räumlichkeiten zur Verfügung: einmal der im Erdgeschoß befindliche fensterlose Raum EO 411 (Anlage C zur Betriebsvereinbarung = Bl. 46), zum anderen eine im 4. Obergeschoß befindliche „räumlich ausreichend abzuschirmende” Arbeitsfläche (Anlage D = Bl. 47). Sollte diese Arbeitsfläche anderweitig genutzt werden müssen, sollte eine „gleichwertige Ersatz-Arbeitsfläche” überlassen werden. Letzter Fall trat ein, so daß dem Betriebsrat seit Ende Oktober 1999 als „Ersatz-Arbeitsfläche” ein Teil des im Erdgeschoß befindlichen „Kunden-Service-Centers” zur Verfügung gestellt wurde. Dabei handelt es sich um eine an der Fensterfront gelegene, durch ca. 1,70 m hohe Stellwände abgetrennte Fläche eines Großraums, der neben dem Haupteingang gelegen ist und – wegen einer Überdachung – durchweg künstlich beleuchtet werden muß. Die vierte Wand dieser Fläche wird von der deckenhoch und fast fußbodentief reichenden Fensterfront gebildet, so daß sie von außerhalb des Gebäudes einsehbar ist (Fotos Bl. 13–17) – insbesondere von den den Haupteingang betretenden Personen, für die ca. 1.200 Mitarbeiter und 200 bis 300 Kunden pro Woche infrage kommen. Die Räumlichkeit ist zudem aus baupolizeilichen Gründen nicht verschließbar. Der Betriebsrat hat durch diese Umstände die Vertraulichkeit seiner Arbeit gefährdet gesehen und gemeint, die Räumlichkeit im Kunden-Service-Center entspreche nicht der Betriebsvereinbarung. Das Zimmerbelegungssystem komme wegen der einzuhaltenden Vorlaufzeiten für seine laufende Geschäftsführung nicht in Betracht.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antragsgegnerinnen aufzugeben, ihm für seine laufende Geschäftsführung und Durchführung von Besprechungen und Beratungen einen mit Wänden bis zur Zimmerdecke begrenzten, mit einer abschließbaren Tür versehenen und – sofern er sich im Erdgeschoß befindet – nicht mit einer ganzseitigen Glasfront versehenen Raum zur Verfügung zu stellen.

Die Arbeitgeber haben Zurückweisung beantragt und gemeint, die streitige Räumlichkeit im Kunden-Service-Center sei für den Betriebsrat mindestens ebenso geeignet wie die durch die Betriebsvereinbarung überlassene Fläche im 4. Obergeschoß, die ebenso nur durch Stellwände abgetrennt und einsehbar gewesen sei. Auch dort sei der Betriebsrat von Anfang an nicht allein gewesen, weil die angrenzende Fläche von einem Wirtschaftsprüfer genutzt worden sei. Im Kunden-Service-Center sei die Vertraulichkeit nicht weniger gewahrt. Die dortige Räumlichkeit entspreche dem betrieblichen Standard – im Hinblick sowohl auf die Stellwände als auch auf den herrschenden Geräuschpegel. Störungen durch Kunden seien inzwischen durch angebrachte Schilder vermieden worden.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Arbeitgeber ihren Zurückweisungsantrag weiter, indem sie erneut auf den betrieblichen Standard verweisen: Auch die Geschäftsleitung sei in Räumlichkeiten untergebracht, die mit Stellwänden abgetrennt und einsehbar seien sowie mit künstlichem Licht beleuchtet werden müßten. Weitergehenden Bedürfnissen des Betriebsrats sei durch das Zimmerbelegungssystem und den im Erdgeschoß befindlichen fensterlosen Raum EO 411 Rechnung getragen, die in eine Gesamtbetrachtu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge