Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert einer Klage gegen eine unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung bemißt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei an der Vermeidung der drohenden Vertragsänderung für die Dauer von 3 Jahren, § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG, bzw. § 17 Abs. 3 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen ist jedoch auch hier die in § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG festgelegte Streitwertobergrenze für Bestandsschutzstreitigkeiten zu beachten.

 

Normenkette

ArbGG § 12 Abs. 7; KSchG § 2; GKG § 17 Abs. 3; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Beschluss vom 02.07.1999; Aktenzeichen 3 Ca 1221/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägervertreters vom 08.07.1999 hin wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 02.07.1999 wie folgt abgeändert:

Der Streitwert wird auf 11.400,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Die Klägerin wandte sich mit der vorliegenden Klage gegen eine Änderungskündigung, durch welche ihre wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden (bisheriger Verdienst 3.800,– brutto/Monat) auf 26 Stunden herabgesetzt werden sollte. Bereits in der Klageschrift teilte die Klägerin mit, dass sie die Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen habe. Das Verfahren endete durch Klagerücknahme, nachdem die Beklagte die streitige Änderungskündigung zurückgenommen hatte.

Das Arbeitsgericht setzte den Streitwert auf 7.600,– DM (= zwei Monatseinkommen) fest und blieb auch hierbei, nachdem der Klägervertreter Gegenvorstellung erhoben hatte.

Der gegen die Streitwertfestsetzung gerichteten Beschwerde wurde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die gemäß § 10 Abs. 3 S. 1 BRAGO statthafte, zulässige Beschwerde ist begründet.

Im Ausgangspunkt ist dem Arbeitsgericht zuzustimmen, dass der Streitwert einer Klage, die sich gegen eine unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung richtet, nicht demjenigen einer allgemeinen Kündigungsschutzklage gleichzusetzen ist. Streitgegenstand einer solchen Änderungsschutzklage ist nämlich nicht (mehr) die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, bzw. dessen Fortbestand als solcher, sondern lediglich die Frage, zu welchen Bedingungen das Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Der Streitwert einer Änderungsschutzklage ist jedoch nicht schematisch stets gleichbleibend. Er ist vielmehr von Fall zu Fall nach dem erkennbaren wirtschaftlichen Wert zu bestimmen, der der streitigen Änderung der Arbeitsbedingungen für den Arbeitnehmer nach dessen Klagevorbringen zukommt. Nur wenn sich dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte für die Bezifferung dieses wirtschaftlichen Wertes entnehmen lassen, kommt ein Rückgriff auf eine Pauschalbewertung in Betracht, wobei hier dahingestellt bleiben kann, wie diese zu bestimmen wäre.

Im vorliegenden Fall ist das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Vermeidung der mit der Änderungskündigung angestrebten Änderung der Arbeitsbedingungen nämlich ohne weiteres bezifferbar: Es entspricht im Zweifel der monatlichen Verdienstminderung, die eintreten würde, wenn sich die Wochenarbeitszeit der Klägerin nach Maßgabe der Änderungskündigung von 38,5 Stunden auf 26 Stunden verringerte, also einem Betrag von 1.233,77 DM monatlich (3.800,– DM minus 3.800,– DM: 38,5 × 26).

Bei derartigen Streitigkeiten um wiederkehrende Leistungen ist der Wert des dreijährigen Bezuges maßgebend. Ob dies aus § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG oder § 17 Abs. 3 GKG i.V.m. § 3 ZPO zu entnehmen ist, mag dahingestellt bleiben (BAG EzA§ 12 ArbGG 1979 Nr. 64 mit Anmerkungen von Egon Schneider und Grunsky).

Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen ist bei der Bemessung des Streitwerts einer Änderungsschutzklage allerdings auch die in § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG festgelegte Streitwertobergrenze für Bestandsschutzstreitigkeiten zu beachten: Es wäre nämlich nicht zu rechtfertigen, dass der Streitwert einer bloßen Änderungsschutzklage höher ist als der Wert einer Bestandsschutzklage, für die die Kappungsgrenze des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG eingeführt wurde.

Aus den vorgenannten Grundsätzen (ebenso: BAG a.a.O.; KR-Etzel, 5. Aufl., § 2 KSchG, Rdnr. 174 a m.w.N.) ergibt sich:

Da der 36-fache Wert des monatlichen Differenzbetrages von 1.233,77 DM die bei 11.400,– DM (3 × 3.800,– DM) liegende Grenze für eine Bestandsschutzklage übersteigt, bleibt der letztgenannte Betrag als Streitwert maßgeblich.

Bei wirtschaftlich derartig bedeutungsvollen Vertagsänderungen wie hier (Verminderung des Arbeitsumfangs und damit auch des Verdienstes um mehr als 30 %)erscheint es auch nicht unangemessen, dass der Wert der Änderungsschutzklage denjenigen einer Bestandsschutzklage erreicht.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

 

Unterschriften

Dr. Czinczoll

 

Fundstellen

Haufe-Index 915279

MDR 1999, 1448

AUR 2000, 39

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