Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe. Abfindung als Vermögen
Leitsatz (amtlich)
Die Heranziehung einer Abfindung von 12.000,– DM nach 25 Beschäftigungsjahren ist gem. § 115 Abs. 2 ZPO insgesamt unzumutbar, wenn das Einkommen (Arbeitslosengeld) wegen der Mietbelastung den Freibetrag gemäß der Bekanntmachung zu § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO unterschreitet und der Antragsteller wegen Lebensalter und Gesundheit nur geringe Erfolgschancen am Arbeitsmarkt hat, also einstweilen auch den Lebensunterhalt mit der Abfindungssumme decken wird.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1, § 115
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 06.05.1997; Aktenzeichen 7 Ca 6913/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Prozeßkostenhilfebeschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 06.05.1997 – 7 Ca 6913/96 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte, bei der sie seit 1972 beschäftigt gewesen ist, wegen einer am 23.07.1996 zum 28.02.1997 erklärten ordentlichen Kündigung einen Kündigungsschutzprozeß geführt, der mit einem Prozeßvergleich vom 18.12.1996 beendet worden ist, wonach die Arbeitgeberin verpflichtet war, der Klägerin für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 12.000,– DM zu zahlen.
Durch den Beschluß vom 06.05.1997 hat das Arbeitsgericht rückwirkend zum 21.10.1996 unter antragsgemäßer Beiordnung des Rechtsanwalts Prozeßkostenhilfe bewilligt und festgestellt, daß die Klägerin keinen eigenen Beitrag zu den Prozeßkosten zu leisten brauche, weil kein einzusetzendes Einkommen vorhanden sei.
Mit der am 01.07.1997 bei dem Arbeitsgericht durch die Bezirksrevisorin eingereichten Beschwerde macht die Landeskasse geltend, daß die Klägerin mit einem Teil der Abfindungssumme an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen wäre. Die Heranziehung der Abfindungssumme in Höhe von 10 %, wie sie nach der Bezirksrechtsprechung befürwortet werde, lasse das nach den Bestimmungen des Sozialhilferechts zu berücksichtigende Schonvermögen der Klägerin unberührt.
Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat der Beschwerde mit Schriftsatz vom 01.08.1997 widersprochen.
Auf den weiteren Akteninhalt wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Die gemäß Prozeßvergleich vom 18.12.1996 geschuldete Abfindung war frühestens zum 28.02.1997 an die Klägerin zu zahlen und unter Berücksichtigung der bis dahin regelmäßig gezahlten Vergütung (2.842,– DM brutto) angesichts einer Betriebszugehörigkeit von 25 Jahren äußerst gering bemessen. Die Klägerin lebt seit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einem Arbeitslosengeld (monatlich 1.137,– DM), welches bei der nachgewiesenen monatlichen Mietbelastung von 724,– DM nicht einmal den Freibetrag von 660,– DM gemäß der PKHB 1997 für ihren Lebensbedarf übrig läßt, also schon zur Existenzsicherung zwingend durch den Verbrauch der Abfindungssumme aufgebessert werden muß. Die 1943 geborene Klägerin dürfte schon aus gesundheitlichen Gründen nur eine geringe Erfolgschance am Arbeitsmarkt haben. Unter diesen Umständen ist die Heranziehung auch mit einem Teil der Abfindungssumme unzumutbar.
Ob ein Kostenbeitrag aus der Abfindungssumme in anderen Fällen, auf die die Vertreterin der Landeskasse hingewiesen hat, zumutbar wäre, muß ebenso dahinstehen, wie die vom Arbeitsgericht in der Nichtabhilfeentscheidung angesprochene Frage, ob Abfindungen überhaupt als Vermögen im Rahmen der Prozeßkostenhilfe einzusetzen sind.
Die vorliegende Beschwerde war aus diesen Gründen zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Esser
Fundstellen