Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH. Verweisungsbeschluss. Rechtsweg. sic-non-Fall
Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine beim Arbeitsgericht erhobene Klage gemäß § 17 a GVG in den Rechtsweg der ordentlichen Gerichtsbarkeit verwiesen, so ist grundsätzlich auch nur das Gericht, an das verwiesen wurde, für die Entscheidung über einen mit der Klage verbundenen PKH-Antrag zuständig.
2. Kommt der Rechtsstreit gemäß § 240 ZPO endgültig zum Stillstand, bevor ein Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Rechtskraft erlangt hat, hat ausnahmsweise das Arbeitsgericht über den PKH-Antrag zu entscheiden, wenn dieser im Zeitpunkt der Unterbrechung des Verfahrens bescheidungsreif war und dem Antragsteller wegen der Vermögenslosigkeit seines Prozessgegners eine Aufnahme des Verfahrens nicht zumutbar ist.
3. Auch in einem solchen Fall darf bei der Prüfung der Erfolgsaussichten i.S.v. § 114 ZPO nicht auf die Unzulässigkeit des eingeschlagenen Rechtswegs abgestellt werden.
Normenkette
ZPO § 114; GVG § 17a
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 18.04.2008; Aktenzeichen 17 Ca 11748/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin vom 06.05.2008 hin wird der PKH-Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 18.04.2008 abgeändert:
Der Klägerin wird für das Verfahren Arbeitsgericht Köln 17 Ca 11748/05 Prozesskostenhilfe in vollem Umfang unter Beiordnung von Rechtsanwalt v mit der Maßgabe bewilligt, dass die Klägerin aufgrund ihrer glaubhaft gemachten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse derzeit keinen eigenen Beitrag zu den Kosten zu leisten hat.
Tatbestand
I. Die Parteien schlossen zum 01.10.2005 eine Zusatzvereinbarung zu einem bereits bestehenden Handelsvertretervertrag. Danach sollte die Klägerin fortan im Innendienst tätig sein und hierfür ein Fixum in Höhe von 1.900,00 EUR brutto monatlich beziehen. Zum 01.01.2006 war die Prüfung der Übernahme in ein Angestelltenverhältnis avisiert (Bl. 9 d. A.).
Ab dem 22.11.2005 war die Klägerin nach eigenem Bekunden arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 09.12.2005 kündigte die Beklagte das bestehende Vertragsverhältnis fristlos. Mit der am 15.12.2005 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Hauptsacheklage begehrte die Klägerin in erster Linie die Feststellung, „dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch fristlose Kündigung vom 09.12.2005 erloschen ist”. Außerdem verlangte sie für die Zeit vom 22.11. bis 31.12.2005 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wobei sie sich auf die Regeln des Entgeltfortzahlungsgesetzes berief. Zur Begründung machte die Klägerin unter Angabe verschiedener Einzelheiten geltend, dass zwischen den Parteien entgegen dem schriftlichen Vertragsinhalt bereits ab dem 01.10.2005 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe.
Gleichzeitig mit der Klageerhebung beantragte die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Nachdem ein von den Parteien im Gütetermin des arbeitsgerichtlichen Verfahrens abgeschlossener Vergleich widerrufen worden war, verwies das Arbeitsgericht Köln mit Beschluss vom 14.02.2006 den Rechtsstreit an das Amtsgericht Bergisch-Gladbach. Zur Begründung vertrat es die Auffassung, dass die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nicht gegeben sei. Die Klägerin sei nicht als Arbeitnehmerin anzusehen. Ein sog. sic-non-Fall liege nicht vor, weil sich die Klägerin mangels Erfüllung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht auf den speziellen arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz berufen und nur die Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist geltend machen könne. Der Tatsachenvortrag der Klägerin reiche nicht aus, um eine arbeitnehmertypische persönliche Abhängigkeit der Klägerin im Vertragsverhältnis bejahen zu können.
Die Klägerin legte gegen den Verweisungsbeschluss fristgerecht sofortige Beschwerde zum Landesarbeitsgericht ein (LAG Köln 10 Ta 119/06). Noch vor Ablauf der vom Beschwerdegericht gesetzten Beschwerdebegründungsfrist wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Das infolgedessen gemäß § 240 ZPO unterbrochene Hauptsacheverfahren wurde in der Folgezeit weder von der Klägerin noch vom Insolvenzverwalter wieder aufgenommen. Dementsprechend war das Hauptsacheverfahren nach Ablauf von weiteren sechs Monaten gemäß der Aktenordnung als erledigt wegzulegen, ohne dass es zu einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen den Verweisungsbeschluss vom 14.02.2006 gekommen war.
Auch über den Prozesskostenhilfe-Antrag lag bis dahin keine gerichtliche Entscheidung vor.
Nachdem der Klägervertreter am 17.03.2008 darum gebeten hatte, den noch offenen Prozesskostenhilfe-Antrag zu bescheiden, wies das Arbeitsgericht Köln mit Beschluss vom 18.04.2008, dem Klägervertreter zugestellt am 28.04.2008, den Prozesskostenhilfe-Antrag zurück. Zur Begründung führte es aus, die Sache habe „vor dem Arbeitsgericht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg” gehabt. Nach Maßgabe des Verweisungsbeschlusses vom 14.02.2006, der bislang nicht aufgehoben worden sei, sei die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen zu verneinen. Konsequenterwe...