Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzungsverfahren. Beschwerde. Abhilfe
Leitsatz (amtlich)
Der Rechtspfleger ist auch nach der Neufassung des § 11 RPflG berechtigt und verpflichtet, der Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren abzuhelfen.
Normenkette
RPflG § 11; ZPO § 104 III
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Aktenzeichen 6 Ca 795/97) |
Tenor
Auf den „Einspruch” des Beschwerdeführers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts wird die Sache der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts zur Entscheidung über die Frage der Abhilfe des als (sofortige) Beschwerde zu wertenden Einspruchs zurückgegeben.
Gründe
Die Rechtspflegerin ist auch nach der Neufassung des § 11 Rechtspflegergesetz berechtigt und verpflichtet, im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob der Beschwerde abzuhelfen ist.
Stellt man allein auf den Wortlaut der geänderten Vorschrift ab, wonach gegen Entscheidungen des Rechtspflegers das Rechtsmittel gegeben ist, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist (§ 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz), so spräche dies allerdings gegen eine Abhilfemöglichkeit (§§ 104 Abs. 3, 577 Abs. 3 ZPO). Der weiter zu beachtende Sinn und Zweck der Neuregelung sowie der gesetzessystematische Zusammenhang von § 11 Abs. 1 und § 11 Abs. 2 Rechtspflegergesetz gebieten jedoch die Beibehaltung der Abhilfeprüfung durch den Rechtspfleger.
Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es nur, die Vorlage einer Erinnerung an den erstinstanzlichen Richter (sog. Durchgriffserinnerung) in den Fällen wegfallen zu lassen, in denen dieser nicht abschließend über die Erinnerung zu entscheiden hat (BT-Drucksache 13/10244: „Die Entscheidung über die Erinnerung belastet den zuständigen Richter erheblich, da … deshalb soll die Durchgriffserinnerung abgeschafft werden.”). Für die Absicht, zusätzlich die Abhilfeprüfung des Rechtspflegers entfallen zu lassen, ist nichts ersichtlich. Es heißt in der Begründung des Gesetzentwurfs sogar ausdrücklich – wenn auch in einem anderen Zusammenhang: „Der Rechtspfleger soll künftig immer die Möglichkeit haben, der Erinnerung abzuhelfen, nicht nur in den Fällen der Festsetzungsverfahren nach dem § 21 Nr. 1 und 2” (BT-Drucksache aaO). Der gesetzgeberische Wille ging dahin, die Stellung des Rechtspflegers als eigenständiges Organ der Gerichtsverfassung deutlicher zum Ausdruck zu bringen und die alte Regelung zu beseitigen, dass in derselben Instanz zwei Rechtspflegeorgane, nämlich der Rechtspfleger und – falls dieser nicht abhilft – der Richter sich mit dem Rechtsbehelf befassen müssen. Die teleologische Auslegung führt daher zu dem Ergebnis, dass der Wortlaut des § 11 Abs. 1 n.F. im Hinblick auf die planwidrige Unvollständigkeit dahingehend zu ergänzen ist, dass es bei der Abhilfemöglichkeit und verpflichtung des Rechtspflegers bleibt (so schon OLG München, Beschluss vom schluss vom 26.10.1998 – 11 W 2892/98 – MDR 1999 Seite 58; OLG Köln, Beschluss vom 16.12.1998 – 17 W 432/98 – Jur. Büro 1999 Seite 202; OLG Koblenz, Beschluss vom 20.01.1999 – 15 WF 1518/98 – Jur. Büro 1999 Seite 311; a.A. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.11.1998 – 3 W 74/98 – Jur. Büro 1999 Seite 144; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 23.04.1999 – 7 Ta 87/99 – MDR 1999 Seite 1094 m.w.N.).
Neben der teleologischen Auslegung spricht auch der systematische Zusammenhang von § 11 Abs. 1 und § 11 Abs. 2 Rechtspflegergesetz für den Fortbestand der Abhilfemöglichkeit des Rechtspflegers. Es ist nicht ersichtlich, warum eine Abänderungsmöglichkeit lediglich bei einem geringen Beschwerdewert gegeben sein sollte (OLG München und OLG Koblenz aaO). Die Gesetzesmaterialien enthalten keinerlei Anhaltspunkte für eine solche Differenzierung bei der Frage der Abhilfemöglichkeit.
Zu Recht weist das OLG Köln aaO schließlich darauf hin, dass die Abhilfeprüfung durch den Rechtspfleger im Interesse der Parteien und der Rechtspflege zweckmäßig ist. Die Kostenfestsetzung, die in nahezu jedem Rechtsstreit vorkommt, ist für den Rechtspfleger ein „Massengeschäft”, bei dessen Bewältigung es sinnvoll ist, die Möglichkeit der Abhilfe bei etwaigen Fehlern zu geben. Dies dient der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens. Schließlich wird ein Beschwerdegericht in den Fällen, in denen der Rechtspfleger es unterlassen hat, seiner Hinweis- und Aufklärungspflicht nachzukommen oder in denen sein Kostenfestsetzungsbeschluss nicht oder nur unzureichend begründet wurde, auf die Beschwerde häufig den angefochtenen Beschluss aufheben und die Sache an den Rechtspfleger zurückverweisen müssen. Die hiermit verbundenen Verzögerungen lassen sich vermeiden, wenn der Rechtspfleger im Abhilfeverfahren eventuelle Verfahrensfehler behebt und bei der Abhilfeentscheidung eine zunächst vielleicht unzureichende Begründung nachholt.
Auch die eine Abhilfemöglichkeit verneinende Rechtsprechung (OLG Karlsruhe und LAG Düsseldorf m.w.N. aaO) hält den von ihr angenommenen Wegfall der Abhilfemöglichkeit für unbefriedigend und verfehlt und fordert den Gesetzgeber auf, die Abhilfemöglich...