Entscheidungsstichwort (Thema)

Blockieren eines dem Arbeitnehmer zu privaten Zwecken überlassenen Dienstfahrzeugs durch den Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

Zum einstweiligen Rechtsschutz gegenüber verbotener Eigenmacht bei Dienstfahrzeugen.

 

Leitsatz (redaktionell)

2. Ist ein Arbeitnehmer Besitzer eines ihm auch zu privaten Zwecken überlassenen Dienstfahrzeug des Arbeitgebers, stellt das Blockieren des Fahrzeugs auf dem Gelände des Arbeitgebers die Ausübung verbotener Eigenmacht dar, die auch nicht durch § 859 BGB gerechtfertigt ist.

 

Normenkette

BGB §§ 859, 861 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 22.11.2011; Aktenzeichen 20 Ga 108/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 22.11.2011

- 20 GA 108/11 - teilweise abgeändert und der Antragsgegnerin aufgegeben, das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen: mit allen Schlüsseln an die Antragstellerin herauszugeben.

Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin vom 21.11.2011 zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu ¼ und die Antragsgegnerin zu ¾.

Streitwert: 3.000,00 €

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung die Wiedereinräumung des Besitzes an ihrem bisherigen Dienstfahrzeug, welches sie auch privat nutzen durfte.

Den hierauf gerichteten Antrag der Antragstellerin vom 21.11.2011 hat das Arbeitsgericht Köln durch Beschluss vom 22.11.2011 - 20 Ga 108/11 - zurückgewiesen.

Gegen diesen, der Antragstellerin am 24.11.2011 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Antragstellerin am 08.12.2011 sofortige Beschwerde eingelegt.

Dieser hat das Arbeitsgericht Köln durch Beschluss vom 21.12.2011 nicht abgeholfen.

II. Die zulässige und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist hinsichtlich der geltend gemachten Herausgabe des im Antrag bezeichneten Fahrzeugs begründet, im Übrigen mit Rücksicht auf § 938 ZPO hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) jedoch zurückzuweisen.

1. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen wegen verbotener Eigenmacht nach § 861 Abs. 1 BGB. Hieraus leitet sich der Verfügungsanspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin her.

Die Antragstellerin erweist sich als unmittelbare Besitzerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Zwar befand sich der PKW am 02.11.2011 auf dem Betriebsgelände der Antragsgegnerin. Die Klägerin war allerdings mit diesem aufgrund des ihr unstreitig zustehenden privaten Nutzungsrecht an dem Fahrzeug mit diesem dorthin gelangt. Zudem übte sie die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug weiter dadurch aus, dass sie die Fahrzeugschlüssel inne hatte, die der Geschäftsführer der Antragsgegnerin unstreitig erst an sich bringen wollte. Es ist daher von dem unmittelbaren Besitz der Antragstellerin auszugehen. Das Blockieren des Fahrzeuges am 02.11.2011 durch den Geschäftsführer der Antragstellerin lässt sich daher unter keinem Gesichtspunkt als Selbsthilfe gemäß § 859 BGB rechtfertigen, da die Antragsgegnerin nicht als Besitzerin anzusehen war. Anders könnte dies nur dann gewesen sein, wenn der Antragstellerin das Fahrzeug zur ausschließlichen dienstlichen Nutzung zur Verfügung gestellt worden wäre, da sie dann lediglich als Besitzdienerin im Verhältnis zur Antragstellerin anzusehen sein könnte (vgl. hierzu Dahl, Anmerkung zu LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31.03.2008 - 13 Ta 519/08, in juris Praxisreport).

Das Blockieren des Fahrzeugs stellt sich als Besitzentziehung bzw. Besitzstörung gegenüber der Antragstellerin und damit als verbotene Eigenmacht nach § 861 Abs. 1 BGB dar. Der Arbeitgeber darf einem gekündigten Arbeitnehmer den ihm zur Verfügung gestellten PKW nicht ohne seine Einwilligung wegnehmen, anderenfalls übt er verbotene Eigenmacht im Sinne des § 861 Abs. 1 BGB aus (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 04.07.1975 - 11 Sa 689/75 - ).

Da die Antragsgegnerin verbotene Eigenmacht nach § 858 Abs. 1 BGB begangen hat, ist die Antragstellerin berechtigt, die Wiedereinräumung des Besitzes nach § 861 Abs. 1 BGB im Wege des Herausgabeanspruchs gegen die Antragsgegnerin geltend zu machen.

2. Dieser Herausgabeanspruch kann im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden und darf ausnahmsweise schon im Verfügungsverfahren als Leistungsverfügung zur Befriedigung des Gläubigers führen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 09.08.1995 - 19 U 296/94 -, zitiert nach juris).

Die Eilbedürftigkeit ergibt sich in diesem Fall aus dem Besitzschutzanspruch der §§ 861, 862 BGB. Die Ausübung verbotener Eigenmacht begründet im Verfahren der einstweiligen Verfügung einen Verfügungsgrund. Das Vorliegen verbotener Eigenmacht stellt regelmäßig einen ausreichenden Verfügungsgrund für eine Leistungsverfügung dar, welche der Befriedigung des Besitzschutzanspruches dient. Der durch verbotene Eigenmacht herbeigeführte Zustand wird bereits als solcher vom Gesetz missbilligt. Außerdem gewährt § 859 Abs. 1 BGB ein Recht auf Besit...

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