Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmissbräuchlichkeit eines wiederholten, auf die Besorgnis der Befangenheit sämtlicher bisher mit Berufungen und sonstigen Eingaben der ablehnenden Partei befassten Vorsitzenden gestützten Ablehnungsgesuchs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Ablehnungsgesuch ist auch dann wiederholend und deshalb unzulässig, wenn neben den in allen bisherigen Ablehnungsverfahren immer wieder vorgetragenen unzureichenden Gründen (hier aus 12 beigezogenen Akten mit teilweise mehreren Ablehnungsgesuchen), die von der ablehnenden Partei selbst als "Basisgründe" bezeichnet werden, in jedem neuen Ablehnungsgesuch ein offensichtlich ungeeigneter Zusatzgrund genannt wird, und dies augenscheinlich in der Absicht geschieht, dem Ablehnungsgesuch den Makel der Wiederholung zu nehmen.

2. Ein Ablehnungsgesuch ist auch dann gegen das ganze Gericht gerichtet und daher unzulässig, wenn alle bisher mit Berufungen und sonstigen Eingaben der ablehnenden Partei befassten Vorsitzenden abgelehnt werden oder abgelehnt worden sind und damit bisher sieben von zehn in Betracht kommenden Personen betroffen waren.

3. Als Indizien, die bei wiederholten Ablehnungsgesuchen für die rechtsmissbräuchliche Absicht der Ablehnenden sprechen können, kommen in Betracht:

Die Ablehnung aller mit Eingaben der Antragstellerin befasster Vorsitzenden.

Die wiederholte Ablehnung derjenigen Vorsitzenden, die über Ablehnungsgesuche gegen andere Vorsitzende zu entscheiden haben und derjenigen Vorsitzenden, die weiter in der Vertretungskette folgen.

Unzutreffende Verschwörungstheorien.

Regelmäßige Fristverstöße durch neuen Tatsachenvortrag kurz vor dem Kammertermin.

Wiederholte Unsachlichkeiten nicht nur im Rahmen der Ablehnungsgesuche sondern auch im Rahmen der Hauptsacheverfahren.

Dies alles in spezifischen Sachverhaltskonstellationen, bei denen mit einer baldigen Erledigung zu rechnen ist, was im wirtschaftlichen Interesse der Ablehnenden liegt.

Das Ablehnungsgesuch der Beklagten gegen die Ri'inArbG N wird als unzulässig verworfen.

 

Normenkette

ArbGG § 49; ZPO § 42

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Aktenzeichen 4 Ca 9846/14)

 

Tenor

Das Ablehnungsgesuch der Beklagten gegen die Ri'inArbG N wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. In der Hauptsache - 3 Sa 777/16 - streiten die Parteien über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente. In der hier zu entscheidenden Angelegenheit geht es um die Ablehnungsgesuche der Beklagten gegen den ordentlichen Vorsitzenden der 3. Kammer, VRLAG Dr. K , und dessen Zweitvertreterin, Ri'inArbG N .

Die antragstellende Beklagte ist ein Unternehmen der K Gruppe. Sie ist heute ein Handelsunternehmen. Die C war in der Vergangenheit zeitweise der zweitgrößte S produzent Deutschlands mit bis zu 2400 Mitarbeitern. Nach der sukzessiven Schließung einzelner Produktionsanlagen waren schließlich im Jahre 1994 alle Betriebsteile stillgelegt. Seit der Produktionseinstellung arbeitet die C ausweislich ihres Internetauftritts als Handelshaus für Basischemikalien mit verschiedenen europäischen Produzenten zusammen und vertreibt ihre Produkte schwerpunktmäßig in Deutschland und dem angrenzenden europäischen Ausland. Die Verwaltung der an die ehemaligen Beschäftigten auszuzahlenden Betriebsrenten ist seitdem ein Schwerpunkt der von ihr wahrgenommenen Aufgaben. In einem früheren Verfahren (3 AZR 542/13) war die Rede von ca. 1.000 Rentnerinnen und Rentnern.

Unter der Überschrift "Besetzung der Kammern mit Vorsitzenden und Zuständigkeit" heißt es unter II des richterlichen Geschäftsverteilungsplans des LAG Köln mit Blick auf die 3. Kammer:

3. Kammer

Vorsitz: Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Dr. K

Vertretung: Der Vorsitzende der 5. Kammer, bei dessen Verhinderung der Reihe nach die Vorsitzenden der 4., 6., 7., 8., 9., 10., 11. und 2. Kammer.

Die Vorsitzende der 4. Kammer ist die zurzeit an das LAG Köln abgeordnete Ri'inArbG N , der Vorsitzende der 6. Kammer ist der VRLAG Dr. F . Im richterlichen Geschäftsverteilungsplan heißt es unter IV Nr. 1 zur Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen:

"a) Entscheidungen über die Ablehnung eines Vorsitzenden werden durch die Kammer unter Mitwirkung des Vorsitzenden der Kammer getroffen, die im Vertreterring dem ersten Vertreter nachfolgt."

Hiernach ist die Ri'inArbG N (4. Kammer) zuständig für die Entscheidung über die Ablehnung des VRLAG Dr. K; und in dieser Befangenheitssache gegen den VRLAG Dr. K ist der VRLAG Dr. F (6. Kammer) zuständig für die Entscheidung über den weiteren Befangenheitsantrag gegen die Ri'inArbG N .

Nachdem die Beklagte den ordentlichen Vorsitzenden der 3. Kammer, den VRLAG Dr. K , bereits mit Schreiben vom 17.10.2018 wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte, ging am 09.11.2018 beim LAG Köln ohne Benennung eines konkreten Aktenzeichens ein Ablehnungsgesuch der Beklagten ein, mit dem sie die Vorsitzende der 4. Kammer, die Ri'inArbG N , wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnte und zwar bezüglich der Entscheidungen über die Befangenheitsanträge gegen die Vorsitzenden W , ...

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