Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfolgsaussichten im Rahmen der Prozesskostenhilfe. Ohne Arbeit kein Lohn. Beweislast für Erfüllung der Lohnforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

Lohnabrechnungen enthalten grundsätzlich kein Schuldanerkenntnis, es sei denn, es liegen besondere Anhaltspunkte dafür vor, dass der Arbeitgeber mit der Abrechnung auf alle Einwendungen verzichten will.

 

Normenkette

ZPO § 114; BGB § 362 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 23.10.2013; Aktenzeichen 2 Ca 5805/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 23.10.2013 teilweise abgeändert.

Dem Kläger wird für seine Rechtsverfolgung erster Instanz ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt B , H strasse , D , mit Wirkung vom 18.07.2013 bewilligt, soweit er die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 80,00 € beantragt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist überwiegend unbegründet.

1. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts bedurfte der Abänderung, soweit der Kläger vom Beklagten Lohn für den Zeitraum 01.06.2012 bis 15.06.2012 in Höhe von 80,00 € beansprucht. Für diesen Streitgegenstand besteht hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO, denn der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 07.08.2013 selbst eingeräumt, dass der Kläger bis zum 15.06.2013 für ihn tätig war. Streitig ist zwischen den Parteien, ob durch eine "Vorschusszahlung" am 15.06.2012 in bar von 1000,00 € der Lohnanspruch auch für den Monat Juni 2012 erfüllt wurde. Dies wird ggfs. mittels Beweisaufnahme durch Vernehmung der angebotenen Zeugen zu klären sein. Der Kläger räumt lediglich eine Zahlung von 200,-- für den Monat Mai 2012 ein. Der Beklagte ist für die Erfüllung der Lohnforderung nach § 362 Abs. 1 BGB beweisbelastet. Eine Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeverfahren ist nur in eng begrenztem Rahmen zulässig. Konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen wird, liegen im Übrigen nicht vor (vgl. z.B.: BVerfG, Beschl. vom 28.01.2013- 1 BvR 274/12 - m.w.N.). Da der Kläger seinen Lebensunterhalt mit Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach den Bestimmungen des SGB II bestreitet, ist er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung auch nur zum Teil oder in Raten aufzubringen.

2. Mit zutreffenden Argumenten hat das Arbeitsgericht hingegen die Erfolgsaussicht verneint, soweit der Kläger Lohnzahlung für den Zeitraum 16.06.2012 bis 30.11.2012 begehrt.

a) Der Beklagte hat behauptet, dass der Kläger nach dem 15.06.2012 nicht mehr zu Arbeit erschienen ist. Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts in Verbindung mit § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz "Ohne Arbeit kein Lohn". Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt (BAG, Urteil vom 18.04. 2012 - 5 AZR 248/11 - m.w.N.). Das Arbeitsgericht hat den Kläger mit Schreiben vom 29.08.2013 erfolglos aufgefordert, eine Arbeitsleistung für den Beklagten darzulegen. Im abweisenden Beschluss vom 23.10.2013 und im Nichtabhilfebeschluss vom 12.12.2013 hat es ausdrücklich auf die zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Bezug genommen. Der Kläger hingegen hat weder vor noch im Beschwerdeverfahren vor dem Arbeitsgericht noch innerhalb der gesetzten Stellungnahmefrist des Landesarbeitsgerichts auch nur ansatzweise eine Tätigkeit für den Beklagten für die Zeit ab dem 16.06.2012 vorgetragen.

b) Der Kläger hat auch keinen Vergütungstatbestand dargetan, der eine Lohnzahlung ohne Arbeitsleistung rechtfertigt. Zwar hat er sich auf Lohnabrechnungen über monatlich 160,00 € für die Zeit Juni bisNovember 2011 berufen. Diese sind jedoch nicht geeignet, einen Zahlungsanspruch zu begründen, worauf bereits das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung wiederholt hingewiesen hat und auf die Bezug genommen wird. Lohnabrechnungen enthalten grundsätzlich kein Schuldanerkenntnis, es sei denn, es liegen besondere Anhaltspunkte dafür vor, dass der Arbeitgeber mit der Abrechnung auf alle Einwendungen verzichten will (BAG, Urteil vom 12.12.2000 - 9 AZR 508/99 - m.w.N.). Solche Anhaltspunkte hat der Kläger nicht dargetan. Es bedarf daher keiner vertiefenden Erörterung der Vermutung des Arbeitsgerichts, dass die Lohnzahlung durch die Lohnabrechnung über mehrere Monate lediglich zum Schein über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten gestreckt werden sollte, um die Lohnzahlung unter Berücksichtigung der Hinzuverdienstgrenze im Hinblick auf den Bezug von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach Bestimmungen des SGB II anrechnungsfrei ...

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