Entscheidungsstichwort (Thema)
Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung bei Geltendmachung von Annahmeverzugslohn im Kündigungsschutzprozess
Leitsatz (redaktionell)
Die Geltendmachung von Annahmeverzugslohn im Wege des Hauptantrags in einem anhängigen Kündigungsschutzprozess ist mutwillig i.S. von § 114 ZPO, da der Kläger, wenn er die Zahlungsanträge als unechte Hilfsanträge gestellt hätte, ein Kostenrisiko nicht getragen hätte, falls seine Klage letztlich abgewiesen worden wäre.
Normenkette
ZPO §§ 114, 114 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Entscheidung vom 08.01.2015; Aktenzeichen 6 Ca 1997/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 08.01.2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Gründe
I. Klarstellend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass entsprechend seinem Tenor der angegriffene Beschlusses nicht nur die "Klageerweiterung" vom 26.11.2014 (Bl. 103 d. A.), die tatsächlich die bereits am 15.07.2014 (Bl. 64 d. Hauptakte) erfolgte Klageerweiterung teilweise wieder einschränkte, sondern auch die Klageerweiterung vom 26.09.2014 (Bl. 92 d. A. - Urlaubsabgeltung) und darüber hinaus die Klageerweiterung vom 08.12.2014 (Bl. 107 d. A. - Entgelt für September, Oktober und November) erfasst. Denn es wird jede über den Beschluss vom 06.10.2014 hinausgehende Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Im Beschluss vom 06.10.2014 war die Prozesskostenhilfe-Bewilligung über den bereits zu Protokoll vom 26.06.2014 verkündeten Beschluss (der die Gegenstände der Klageschrift erfasste) hinaus auch auf die Klageerweiterungen mit den Schriftsätzen vom 23.06. und 04.07.2014 erstreckt worden. Der Schriftsatz vom 23.06.2014 betraf die Kündigungsschutzklage wegen der außerordentlichen Kündigung, der Schriftsatz vom 04.07.2014 das Gehalt für Juni (vgl. Bl. 55 d. A.). Der Prozesskostenhilfebeschluss vom 06.10.2014 (Bl. 92 d. A.) weist die Prozesskostenhilfebewilligung für die Klageerweiterung im Schriftsatz vom 15.07.2014 hingegen bereits zurück. Dagegen wurden Rechtsmittel nicht eingelegt. Im Schriftsatz vom 26.11.2014 wurde der bereits am 15.07.2014 gestellte Klageantrag unter Berücksichtigung des inzwischen gezahlten Arbeitslosengeldes lediglich eingeschränkt.
Zusammengefasst ist mithin für alle Gegenstände der Klageschrift, für die Klageerweiterung vom 23.06.2014 bezüglich der außerordentlichen Kündigung und für die Klageerweiterung vom 04.07.2014 bezüglich des Junigehaltes Prozesskostenhilfe bewilligt worden, für die geltend gemachten Gehälter für Juli bis November sowie für die geltend gemachte Urlaubsabgeltung hingegen der Prozesskostenhilfe-Antrag abgewiesen worden.
II. Diese Abweisung erfolgte zu Recht.
1. Auszugehen ist zunächst von dem Grundsatz, dass eine Rechtsverfolgung in der Regel mutwillig ist, wenn eine wirtschaftlich leitungsfähige, also nicht bedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage von ihr Abstand nehmen oder ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, weil ihr ein kostengünstigere Weg offensteht und dieser Weg ebenso erfolgversprechend ist (vgl. dazu z. B. Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg 20.04.2012 - 26 Ta 535/12; Landesarbeitsgericht Hamm 15.01.2013 - 14 Ta 320/12 - mit zahlreichend weiteren Nachweisen).
Hätte eine bemittelte Partei, die vernünftig abwägt und die möglichen Kostenfolgen berücksichtigt, begründeten Anlass gehabt, neben dem Kündigungsschutzantrag Annahmeverzugsansprüche im Rahmen von Hauptanträgen geltend zu machen, ist diese Möglichkeit auch der unbemittelten Partei zu öffnen. Dafür können sich insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Rechtsverfolgung sachliche Gründe ergeben. Mutwilligkeit liegt hingegen regelmäßig vor, wenn eine Partei keine nachvollziehbaren Sachgründe dafür vorbringt, warum sie ihre im Rahmen der Kündigungsschutzklage geltend gemachten Annahmeverzugsansprüche nicht im Wege von den Streitwert im Falle eines Unterliegens mit dem Hauptantrag nicht beeinflussenden uneigentlichen Hilfsanträgen, sondern im Wege von den Streitwert unmittelbar erhöhenden Hauptanträgen geltend macht und sie nicht plausibel erklärt, aus welchen Gründen sie Haupt- statt Hilfsanträge stellt (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg a. a. O.).
2. Dabei geht das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg davon aus, dass vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses abhängige Annahmeverzugsansprüche, die im Wege von uneigentlichen Hilfsanträgen geltend gemacht werden, sich nicht streitwerterhöhend auswirken, wenn die Klage hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages abgewiesen wird.
Die erkennende Kammer hat zu diesem Punkt zwar in der Vergangenheit eine andere Auffassung vertreten. Inzwischen aber hat das Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 13.08.2014 - 2 AZR 871/12) - im konkreten Fall zu einem Weiterbeschäftigungsantrag, der als unechter Hilfsantrag gestellt war - entschieden, dass auch ein solcher unechter Hilfsantrag gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG mit dem Hauptanspruch nur d...