Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Bestimmtheit einer Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Angebots im Rahmen einer Änderungskündigung.
2. Eine Änderungskündigung wird nicht dadurch zu unbestimmt, dass der Arbeitgeber sie zu einem kalendarisch bestimmten Termin ausspricht, hilfsweise zu einem anderen, späteren kalendarisch bestimmten Termin und äußerst hilfsweise "zum nächstmöglichen Termin".
3. § 5 Abs. 3 TV Ratio TDG verstößt nicht gegen § 622 Abs.6 BGB.
4. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 626 Abs.6 BGB ist, dass der Arbeitgeber nur mit der für eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers maßgeblichen Kündigungsfrist kündigen kann.
Normenkette
BGB § 622; KSchG §§ 1, 17; BetrVG § 102; NachwG § 2; TV Ratio TDG § 5; MTV TDG § 25
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 26.01.2017; Aktenzeichen 3 Ca 1840/16) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 26.01.2017 in Sachen 3 Ca 1840/16 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der Beklagten hin wird das o. a. Urteil des Arbeitsgerichts Bonn teilweise abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren um eine arbeitgeberseitige Änderungskündigung vom 18.08.2016.
Der am geborene Kläger ist seit dem 01.09.1981 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Arbeitnehmer beschäftigt. Sein durchschnittlicher Bruttoverdienst beträgt 6.935, - € monatlich. Der Kläger war im Betrieb der Beklagten "Direktvertrieb und Beratung" (DT ) beschäftigt, welcher zum 31.07.2013 aus betriebswirtschaftlichen Gründen vollständig und endgültig geschlossen wurde.
Die Parteien sind aus dem vorangegangenen Verfahren Landesarbeitsgericht Köln 7 Sa 680/14 = Bundesarbeitsgericht 2 AZR 239/15 gerichtsbekannt. Gegenstand des Vorverfahrens war eine im Hinblick auf die Schließung des Betriebes DT ausgesprochene Änderungskündigung vom 08.07.2013, der zufolge der Kläger mit Wirkung zum 01.08.2013 als Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 TV Ratio TDG in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V der D T AG zu den in Abschnitt 1 des TV Ration TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen tätig werden sollte. Das Bundesarbeitsgericht gab der damaligen Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 22.09.2016 statt, weil die Tarifvertragsparteien den TV Ratio TDG erst einige Tage nach Zugang der Änderungskündigung vollständig unterschrieben hatten.
Nunmehr sprach die Beklagte dem Kläger unter dem 18.08.2016 erneut eine Änderungskündigung aus (Bl. 18 f. d. A.). Darin heißt es auszugsweise wie folgt:
"Hiermit kündigen wir das zwischen der D T und Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis unter Beachtung der Kündigungsfrist des TV Ratio TDG von drei Wochen mit Wirkung zum Ablauf des 15.09.2016, hilfsweise unter Beachtung der Kündigungsfrist des MTV TDG von sieben Monaten zum Ablauf des 31.03.2017 und äußerst hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.
Zugleich bieten wir Ihnen an, Ihr Arbeitsverhältnis mit der D T über den genannten Beendigungszeitpunkt hinaus ab dem 16.09.2016, hilfsweise ab dem 01.04.2017, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin, zu folgenden geänderten Bedingungen fortzusetzen:
1.
Sie werden mit Wirkung zum 16.09.2016 als Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 TV Ratio TDG in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit TPS der D T zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen tätig.
2.
Im Übrigen bleiben die bisherigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages unverändert."
Der Änderungskündigung war eine Ablichtung des Textes des TV Ratio TDG - allerdings ohne dessen Anlagen - und ein Merkblatt über die wesentlichen Regelungen des TV Ration TDG beigefügt. Der vollständige Text inklusive Anlagen ist im Intranet der Beklagten abrufbar.
Der Kläger nahm die Änderungskündigung vom 18.08.2016 unter Vorbehalt an.
Mit dem vorliegenden Rechtsstreit Arbeitsgericht Bonn 3 Ca 1840/16 hat der Kläger die Unwirksamkeit der Änderungskündigung geltend gemacht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass der TV Ratio TDG auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung finde, da die Bereichsausnahme DT nur während des Bestandes des Betriebs DT Anwendung finden könne, dieser jedoch zum 31.07.2013 geschlossen sei. Er, der Kläger, sei tariflich nicht kündbar. Kündigungsgründe habe die Beklagte nicht vorgetragen. Es sei auch nicht ersichtlich, welche konkreten Arbeitsbedingungen nach Ablauf der Kündigungsfrist gelten sollten. Auch sei das Änderungsangebot zu unbestimmt, weil es verschiedene Kündigungsfristen benenne. Ferner sei die Kündigung entgegen § 622 Abs. 6 BGB unzulässiger Weise mit einer kürzeren Frist ausgesprochen worden, als sie für Arbeitnehmer gelten würde.
Wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Mit Urteil v...