Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein ergänzender Schwerbehindertenschutz bei betrieblicher Alterversorgung
Leitsatz (amtlich)
Die Begrenzung von Rentenausgleichsansprüchen auf Fälle der Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente ab Vollendung des 63. Lebensjahres stellt keine Diskriminierung von Schwerbehinderten dar, die bereits vorher in den vorgezogenen gesetzlichen Ruhestand gehen können.
Normenkette
BetrAVG; AGG § 7 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Entscheidung vom 18.09.2018; Aktenzeichen 4 Ca 1057/18) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 18.09.2018 - 4 Ca 1057/18 - wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Anspruch der Klägerin auf Leistung einer tariflichen Ausgleichszahlung in Form einer Abfindung bei Inanspruchnahme vorgezogener Altersrente.
Die am 28.08.1957 geborene Klägerin, die als schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX anerkannt ist, war seit dem 01.04.2004 bei den Beklagten als Arbeitnehmerin beschäftigt. Zuvor war die Klägerin in anderen Konzernunternehmen seit dem Jahr 1986 tätig.
Ab dem 01.01.2018 nimmt die Klägerin eine vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236 a Abs. 2 SGB VI in Anspruch.
Die Parteien vereinbarten eine Altersteilzeitregelung unter dem 10.12.2012.
Hiernach fand das Arbeitsverhältnis der Parteien ohne Kündigung zum 31.07.2018 seine Beendigung.
§ 6 der vorgenannten Altersteilzeitvereinbarung vom 10.12.2012 lautet wie folgt:
Im Anschluss an die Beendigung der Altersteilzeit kann der Arbeitnehmer geminderte Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beanspruchen.
Kompensationsleistungen für hier entstehende Nachteile werden seitens der Arbeitgeber nicht erbracht.
§ 8 der Altersteilzeitvereinbarung beinhaltet unter der Überschrift Schlussbestimmungen folgende Regelungen:
Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Arbeitsvertrages entsprechend sowie die Bestimmung des beigefügten Altersteilzeitabkommens für die Versicherungswirtschaft (ATzA) vom 22.12.2005 sowie des Sozialplans vom 18.06.2007.
...
§ 2 Abs. 9 des Altersteilzeitabkommens für das private Versicherungsgewerbe lautet wie folgt:
Angestellte, die dem Unternehmen mindestens zehn Jahren angehören und die vor dem 1. Januar 2016 das 57. Lebensjahr vollenden und mit dem Arbeitgeber eine bis zu sechsjährige Altersteilzeit vereinbaren, die mit dem 63. Lebensjahr endet und bei denen sich in Folge des vorzeitigen Rentenbezuges mit Vollendung des 63. Lebensjahres nachweislich ein Rentenabschlag in der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt, sind wirtschaftlich so zu stellen, als ob dieser Rentenabschlag nur die Hälfte betragen würde. Dabei darf der Aufwand des Arbeitgebers 3,6 % der individuellen Sozialversicherungsrente nicht übersteigen. Über die Art und Weise dieses wirtschaftlichen Ausgleichs (z. B. durch Erhöhung einer bestehenden betrieblichen Altersversorgung) entscheidet das jeweilige Versicherungsunternehmen.
In Ziffer 3.1 (2) (b) ist folgendes geregelt:
Pro 0,3 % Minderung der gesetzlichen Altersrente (begrenzt auf maximal die Hälfte des prozentualen Rentenabschlags der gesetzlichen Altersrente) erhält der Arbeitnehmer pauschal EUR 640,00 brutto als einmalige Ausgleichszahlung. Die Ausgleichszahlung wird mit Vollendung des Monats zur Zahlung fällig, für den der Arbeitnehmer erstmals eine vorzeitige (gekürzte) oder ungekürzte Altersrente beanspruchen kann. Sie gelangt auch an Arbeitnehmer zur Auszahlung, die infolge Änderung der tariflichen Regelung Anspruch auf wirtschaftlichen Ausgleich erlangen.
Im Sozialplan vom 09.11.2011 betreffend den Betriebsübergang zentrale Dienste lautet Ziffer 3.1 (b) (2) wie folgt:
Pro 0,3 Prozentpunkte Minderung der gesetzlichen Altersrente (begrenzt auf maximal die Hälfte der prozentualen Rentenabschlags der gesetzlichen Altersrente) erhält der Arbeitnehmer pauschal EUR 720,00 brutto als einmalige Ausgleichszahlung. Die Ausgleichszahlung wird mit Vollendung des Monats zur Zahlung fällig, für den der Arbeitnehmer erstmals eine vorzeitige (gekürzte) oder ungekürzte Altersrente beanspruchen kann. Sie gelangt auch an Arbeitnehmer zur Auszahlung, die infolge Änderung der tariflichen Regelung Anspruch auf wirtschaftlichen Ausgleich erlangen.
Mit Schreiben vom 09.01.2018 machte die Klägerin eine Rentenausgleichszahlung gegenüber den Beklagten geltend. Diese lehnten eine Ausgleichsleistung mit Schreiben vom 02.02.2018 ab.
Ihr Begehren verfolgt die Klägerin mit ihrer Klage vom 27.03.2018 vor dem Arbeitsgericht Aachen, welche am 28.03.2018 dort eingegangen ist, weiter.
Erstinstanzlich hat die Klägerin die Rechtsaufassung vertreten, sie könne einen Anspruch auf Rentenausgleichsleistung aus ihrer Altersteilzeitvereinbarung vom 10.12.2012 in Verbindung mit § 2 Abs. 9 ATzA in Höhe von 12...