Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung einer Mitarbeiterin. Keine Pflicht zur Abmahnung bei schwerwiegender Pflichtverletzung
Leitsatz (redaktionell)
Das Küssen einer Kollegin auf einer Dienstreise gegen deren Willen ist auch beim ersten Mal eine schwerwiegende Pflichtverletzung und rechtfertigt eine fristlose Kündigung. Einer vorherigen Abmahnung bedarf es nicht.
Normenkette
BGB § 626; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 13.08.2020; Aktenzeichen 19 Ca 6950/19) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.08.2020 - 19 Ca 6950/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung wegen sexueller Belästigung.
Der am 1976 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei unterhaltspflichtige Kinder. Er wird seit dem 01.11.1996 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als sog. EDI-Manager (EDI = Electronic Data Interchange) im Team S in der Filiale der Beklagten in der S Straße zu einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von 4.180,00 Euro. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer.
Die Zeugin Frau K L ist bei der Beklagten zum 16.09.2019 eingestellt worden. Sie war zuvor bereits als Werksstudentin beschäftigt. Während des Werksstudiums fasste der Kläger die Zeugin L jedenfalls einmal - während diese auf einem Stuhl saß - von hinten an die Schultern. Die Zeugin sagte dem Kläger, dass er das lassen soll.
Am 26. und 27.09.2019 fand eine Teamklausur des Teams, dem der Kläger und Frau L angehören, im W in H statt. An der Klausur nahmen acht Teilnehmer statt. Die Klausur wurde vom Zeugen Herrn D J als Teamleiter geleitet. Am Abend des 26.09.2019 nahmen die Teilnehmer an einem gemeinsamen Kochevent teil, bei dem auch Alkohol konsumiert wurde. Nach dem Kochevent fanden sich die Teilnehmer der Klausur, darunter auch der Kläger sowie die Zeugin L und die Zeugin Frau Ka B in der Hotelbar ein. Gegen 03:45 Uhr waren der Kläger, die Zeugin L und die Zeugin B die letzten Teilnehmer der Klausur, die noch in der Hotelbar waren. Während des Aufenthalts in der Hotelbar gingen alle Teilnehmer immer wieder nach draußen, um dort zu rauchen und sich zu unterhalten.
Die Zeugin B hatte ihr Zimmer in dem Gebäude, in dem die Hotelbar lag. Der Kläger und die Zeugin L hatten ihre Zimmer im gegenüberliegenden Gebäude, die Zeugin L. im 1. Stock, der Kläger im 2. Stock.
Der Ablauf des Abends ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig.
Ab ca. 03:57 Uhr fand folgende WhatsApp Kommunikation zwischen dem Kläger und der Zeugin L statt:
Der Kläger schrieb: "Ich hoffe du bist mir nicht böse". Die Zeugin antwortete darauf nicht. Der Kläger schrieb sodann "Wenn Du döse auf mich bist, dann Zimmer 308". Die Zeugin antwortete darauf nicht. Der Kläger schrieb weiter "Oder kann ich runter? 201 war Dein Zimmer?" und "Ich habs nicht böse gemeint, glaubs mir." Die Zeugin L schrieb daraufhin zurück: "Also ich fand den Ablauf nicht cool." Der Kläger erwiderte "Sorry... Ganz ehrlich". Etwas später schrieb er dann: "Muss ich jetzt bei dir vorbeikommen?" Der Kläger rief die Zeugin dann noch auf dem Handy an. Die Zeugin reagierte allerdings nicht.
Am nächsten Tag trafen sich die Zeugin L und der Kläger morgens zufällig. Des Weiteren versandte der Kläger im Nachgang weitere Nachrichten mit entschuldigendem Inhalt.
Nach dem Seminar fuhren der Kläger und die Zeugin - wie ursprünglich geplant - im Auto einer Kollegin gemeinsam zurück. Beim Aussteigen umarmte der Kläger die Zeugin noch einmal.
In der Folge wandte sich die Zeugin L an den Vorgesetzten der beiden, den Zeugen Herrn J und berichtete diesem von einem Vorfall auf der Klausur. Daraufhin lud dieser den Kläger für den 04.10.2019 zu einem Personalgespräch gemeinsam mit dem Zeugen Herrn W K Ba ein. Im Gespräch wurden dem Kläger Auszüge der WhatsApp Kommunikation aus der Nacht vom 26. auf den 27.09.2019 mit der Zeugin L vorgelegt und der Kläger wurde hierzu befragt. Die weiteren Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig.
Ca. eine Woche nach dem Seminar traf sich der Kläger mit dem Zeugen Herrn S E und besprach mit diesem den Vorfall. Die Details des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 09.10.2019 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung an. Der Betriebsrat gab keine Stellungnahme ab.
Mit Schreiben vom 15.10.2019, am selben Tag beim Kläger eingegangen, kündigte die Beklagte das zwischen Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit weiterem Schreiben vom 21.10.2019 nochmals ordentlich zum 31.05.2020.
Mit der am 22.10.2019 erhobenen Kündigungsschutzklage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit dieser beiden Kündigungen.
Der Kläger hat behauptet, bereits während des gemeinsamen Koche...