Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Lektor. Verschleißtatbestand
Leitsatz (amtlich)
1. Es gibt keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse für die These, dass der Aktualitätsbezug des Unterrichts eines Fremdsprachenlektors bei einem längeren Aufenthalt in Deutschland nicht mehr gewährleistet sei (Anschluss an BAG 20.09.1995 – 7 AZR 70/95 – NZA 1996, 696).
2. Das Berufen auf den sog. Verschleißtatbestand i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG ist jedenfalls gegenüber einem Fremdsprachenlektor ausgeschlossen, der bereits vor Beginn des Arbeitsverhältnisses seit 13 Jahren nicht in seinem Heimatland (hier: China) gelebt hat.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 13.12.2006; Aktenzeichen 7 Ca 4987/06) |
Tenor
1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.12.2006 – 7 Ca 4987/06 – wird zurückgewiesen.
2. Das beklagte Land hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Befristungsabrede.
Die am 11.02.1969 geborene Klägerin ist chinesische Staatsangehörige. Sie wurde vom beklagten Land mit zwei befristeten Verträgen zunächst vom 01.04.2003 bis 31.08.2004 und sodann vom 01.09.2004 bis 31.08.2006 als Lektorin beim ostasiatischen Seminar der Universität zu K mit einem Bruttomonatsgehalt von 3.832,73 EUR beschäftigt. Ausweislich des schriftlichen Arbeitsvertrages erfolgte die Beschäftigung überwiegend für die Ausbildung in der Fremdsprache „Chinesisch”. Vor ihrer Tätigkeit für das beklagte Land absolvierte die Klägerin von September 1987 bis April 1999 ein Hochschulstudium. Sie studierte zunächst bis September 1990 Anglistik an der Universität Z bis August 1993 an der Universität P fort. Sodann studierte sie von Oktober 1993 bis April 1999 Linguistik, Wirtschaftswissenschaft und Psychologie an der Gesamthochschule B Universität W und schloss dieses Studium im April 1999 mit der Erlangung des Magistertitels für allgemeine Sprachwissenschaft ab. Nach Beendigung des Studiums wanderte die Klägerin in der zweiten Jahreshälfte 1999 nach J aus und war dort in der Zeit von August 2001 bis März 2003 als chinesische Sprachlehrerin tätig.
Mit ihrer am 22.06.2006, vor Ablauf des zweiten befristeten Arbeitsvertrages beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Befristung gewandt und geltend gemacht, dass es an einem entsprechendem Befristungsgrund fehle. Von einer erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 13.12.2006 stattgegeben und festgestellt, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht und die Klägerin dementsprechend zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Lektorin/Lehrkraft für besondere Aufgaben im ostasiatischen Seminar der Universität zu K über den 31.08.2006 hinaus tätig ist. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl. 105 ff. d. A. Bezug genommen. Gegen dieses ihr am 06.02.2007 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 28.02.2007 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 07.05.2007 begründet.
Das beklagte Land weist zunächst darauf hin, dass auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts weiterhin die Möglichkeit bestehe, befristete Arbeitsverträge mit Lektoren abzuschließen. Der sog. „Verschleißtatbestand” könne durchaus als Rechtfertigungsgrund in Betracht kommen, sofern besondere Umstände des Einzelfalls dies geböten. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass den bisherigen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts europäische Fremdsprachenlektoren zugrunde gelegen hätten und es vorliegend um eine außereuropäische Fremdsprache gehe. Schließlich seien die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG im Fall der Klägerin erfüllt. Es sei ein legitimes Interesse des beklagten Landes, von den Lektoren aktuelle Sprachkenntnisse zu verlangen, um einen möglichst aktualitätsbezogenen Sprachunterricht insbesondere im Interesse der Studenten zu gewährleisten. Um diese Aktualität sicherstellen zu können, sei der Abschluss befristeter Arbeitsverträge zwingend geboten. Die Klägerin unterrichte u. a. „modernes Chinesisch”, was die Vermittlung der chinesischen Sprache in ihrer aktuellsten Form erforderlich mache. Ferner sei zu berücksichtigen, dass sich gerade die chinesische Sprache in einer rasanten Entwicklung befinde und anders als bei europäischen Sprache diese Sprachentwicklung erheblich spärlicher nach Europa dringe. Chinesische Zeitungen seien nur schwer und nicht in aktueller Auflage zu bekommen und seien im Übrigen nur staatskonform und sprachlich angepasst. Ähnlich stelle sich eine Informationsbeschaffung über das Internet dar, da auch dort sämtliche Beiträge zensiert und kontrolliert seien. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass in C im Rahmen der Bildungsreform während der kommunistischen Ära die Schriftzeichen ...