Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung wegen beleidigender oder herabsetzender Äußerungen
Leitsatz (redaktionell)
Zwar können verletzende oder beleidigende Äußerungen und Umgangsformen gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden grundsätzlich kündigungsrelevante (Neben-)Pflichtverletzungen darstellen. Der Arbeitgeber muss jedoch konkret darlegen, durch welches konkrete Verhalten der Arbeitnehmers schuldhaft seine vertraglichen Rücksichtnahmepflichten in dem Maße verletzt hat, dass dem Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hinaus nicht mehr zumutbar ist.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2; BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 10.12.2013; Aktenzeichen 16 Ca 6274/13) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.12.2013 (Az.: 16 Ca 6274/13) wird zurückgewiesen.
- Der Auflösungsantrag der Beklagten wird abgewiesen.
- Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über die Wirksamkeit einer von der Beklagten erklärten ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses sowie einen Auflösungsantrag der Beklagten.
Die am 06.08.1961 geborene Klägerin ist seit dem 15.07.1991 bei der Beklagten zuletzt gegen ein monatliches Durchschnittsentgelt i.H.v. 3.200,00 EUR brutto beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer.
Am 05.03.2013 führte die Beklagte in Anwesenheit zweier Betriebsratsmitglieder ein Gespräch mit der Klägerin. In diesem formulierte der Personalleiter der Beklagten, dass die Beklagte sich einvernehmlich von der Klägerin trennen wolle. Mit Schreiben vom 22.07.2013 (Anlage K 8, Bl. 150 d. Gerichtsakte) hörte die Beklagte den im Beschäftigungsbetrieb gewählten Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Klägerin an. Dieser widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 29.07.2013 (vgl. Anlage zum SS v. 13.11.2013, Bl. 66 d. Akte).
Mit Schreiben vom 30.07.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2014. Das Kündigungsschreiben war von dem zusammen mit einem Prokuristen vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beklagten sowie der Prokuristin G unterzeichnet.
Gegen diese Kündigung hat sich die Klägerin mit ihrer am 06.08.2013 bei Gericht eingegangenen, der Beklagten am 13.08.2013 zugestellten Klage gewandt.
Sie hat die Kündigung für durch die Prokuristin nur paraphiert gehalten und die fehlende Schriftform der Kündigung gerügt und diese zudem wegen Nichtvorlage ausreichender Vollmachten nach § 174 BGB zurückgewiesen. Hinsichtlich der Angabe des Beendigungszeitpunkts ("Dies ist u.E. der 28.02.2014") hat sie die fehlende Bestimmtheit der Kündigung gerügt. Außerdem hat sie sich auf die fehlende soziale Rechtfertigung berufen und in diesem Zusammenhang ihre langjährige Beschäftigung, bestehende Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Niederlassungen und das Fehlen einer einschlägigen Abmahnung betont. Schließlich hat sie die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung bezweifelt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 30.07.2013 zum 28.02.2014 sein Ende finden wird, sondern fortbesteht (Kündigungsschutz- und Feststellungsklage);
- die Beklagte zu verurteilen, sie als Angestellte zu den Konditionen des zuletzt gültigen Arbeitsvertrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits tatsächlich weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, dass sich schon bei dem ursprünglichen Einsatz der Klägerin im Lager der Niederlassung M Probleme zwischen dieser und den dort tätigen Mitarbeitern gezeigt hätten. Dies sei mit der Klägerin besprochen worden, die sich sodann erfolgreich intern auf eine Stelle im Verkauf in der Niederlassung in E beworben habe. Schon nach kurzer Tätigkeit an der neuen Arbeitsstelle habe sich dort aufgrund der Umgangsformen der Klägerin das Arbeitsklima zwischen ihr und den dortigen Mitarbeitern immer weiter verschlechtert. Auch das Verhalten der Klägerin gegenüber Kunden sei inakzeptabel gewesen. Sie sei daraufhin in die Buchhaltung versetzt worden. Über die Jahre sei die Klägerin in einer Vielzahl von Gesprächen durch den zwischenzeitlich verstorbenen Geschäftsführer aufgefordert worden, die ihr in der Buchhaltung zugewiesenen Arbeiten entsprechend seinen Arbeitsanweisungen zu erledigen. Die Gespräche hätten jeweils nur eine kurzfristige Besserung zur Folge gehabt. Die Klägerin habe zudem jede Gelegenheit genutzt, um hinter dem Rücken des Geschäftsführers ihren Unmut über diesen bei den Kollegen zu verbreiten. Die Klägerin habe schon zum damaligen Zeitpunkt vom Geschäftsführer wiederholt auf ihren Umgang mit den übrigen Kollegen der Buchhaltung angesprochen und ermahnt werden müssen. Ein Versuch, die ...