Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrentenanpassung. Teuerungsausgleich. Eigenkapitalverzinsung. Umlaufrendite öffentlicher Anleihen. Risikozuschlag. Rentnergesellschaft. Anpassungsstichtag. wirtschaftliche Lage. Betriebliche Altersversorgung. Ablehnung der Anpassung einer Betriebsrente aus wirtschaftlichen Gründen
Leitsatz (amtlich)
1.) Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers rechtfertigt es, eine Betriebsrentenanpassung nach § 16 BetrAVG abzulehnen, wenn der Arbeitgeber annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen. Dementsprechend ist die "wirtschaftliche Lage" eine zukunftsbezogene Größe und setzt die Prognose voraus.
2.) Die Betriebsrentenanpassung muss nicht aus der Unternehmenssubstanz finanziert werden.
3.) Maßgeblich ist die voraussichtliche Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung und der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens.
4.) Dieser ist die als angemessen geltende Eigenkapitalverzinsung gegenüberzustellen. Als Basiszins ist hierfür die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen heranzuziehen. Hinzu kommt ein Risikozuschlag von 2 % für am Markt tätige Unternehmen.
5.) Wenn die zu erwartende Eigenkapitalverzinsung die angemessene Eigenkapitalverzinsung nicht übersteigt, kann regelmäßig nicht erwartet werden, dass ein Teuerungsausgleich für die Betriebsrenten aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens finanziert werden kann.
6.) Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für sog. Rentnergesellschaften, deren einzig verbliebener Gesellschaftszweck in der Abwicklung der Versorgungsverbindlichkeiten besteht.
7.) Auch Rentnergesellschaften ist eine angemessene Eigenkapitalverzinsung in Höhe der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen zuzubilligen. Jedoch entfällt hierbei der 2 %-ige Risikozuschlag.
8.) Für die Rechnungsgrößen "Höhe des Eigenkapitals" und "Betriebsergebnis" ist auf die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse abzustellen. Bei der "Umlaufrendite öffentlicher Anleihen" in einem bestimmten Kalenderjahr kommt es nicht auf den Jahresendwert an, sondern auf den Jahresdurchschnittswert, wie er den Veröffentlichungen im statistischen Jahrbuch und den Statistik-Informationen der Deutschen Bundesbank zu entnehmen ist.
Normenkette
BetrAVG §§ 7, 16
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 15.12.2010; Aktenzeichen 18 Ca 2626/10) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.12.2010 in Sachen
18 Ca 2626/10 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten hin wird das vorgenannte Urteil des Arbeitsgerichts Köln abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente, abhängig von der Frage, ob die Beklagte in den Jahren 2003, 2006 und/oder 2009 verpflichtet war, die Rente nach § 16 BetrAVG anzupassen.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 18. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, der Klage teilweise stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 15.12.2010 Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Klägervertreter am 29.12.2010 zugestellt. Er hat hiergegen am 21.01.2011 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 29.03.2011 - am 29.03.2011 begründet.
Dem Beklagtenvertreter wurde das Urteil des Arbeitsgerichts ebenfalls am 29.12.2010 zugestellt. Die Beklagte hat gegen das Urteil am 28.01.2011 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Frist bis zum 28.03.2011 - am 28.03.2011 begründet.
Der Kläger und Berufungskläger zu 1) beanstandet an dem angefochtenen Urteil, dass es teilweise fehlerhafte Berechnungsgrundlagen zum maßgeblichen Eigenkapital der Beklagten, zu dessen Verzinsung und der im Verhältnis dazu anzusetzenden Umlaufrendite verwendet habe.
So dürfe sich die Eigenkapitelverzinsung nur auf die durch das Eigenkapital erwirtschafteten Erträge beziehen, nicht auf solche Erträge, die auf dem zur Finanzierung der Versorgungsverbindlichkeiten erforderlichen Kapitel beruhten.
Als Vergleichsbasis für die Eigenkapitalverzinsung sei auf die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen abzustellen, und zwar nicht auf gemittelte Werte, wie sie in den Monatsstatistiken der Deutschen Bundesbank enthalten seien, sondern auf die auch in dem Kommentar von Blomeyer/Otto/Rolfs, BetrAVG, § 16 Rdnr. 189 verwendeten Tabellen.
Ferner meint der Kläger, um eine sachgerechte zukunftsbezogene Prognose zu erstellen, könne es vorliegend rückwirkend nur auf eine Betrachtung der Jahre ab 2008 ankommen. Dies folge zum einen daraus, dass es sich bei der Beklagten spätestens seit d...