Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsrecht. Betriebsübergang. Personen- und Gepäckkontrolle. Flughafen. Neuausschreibung. Funktionsnachfolge. Sicherheitsbeauftragte
Leitsatz (redaktionell)
1. Voraussetzung für die Annahme eines Betriebsübergangs ist die Wahrung der Identität der betroffenen wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung.
2. Die Auftragsneuvergabe an ein anderes Unternehmen betreffend die Personen- und Gepäckkontrolle an einem Flughafen, führt unabhängig von der Frage der Übernahme des Personals zu einem Betriebsübergang.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Aktenzeichen 3 Ca 14622/03) |
Nachgehend
Tenor
1) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 28.11.2003 nicht zum 31.12.2003 aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über diesen Termin hinaus fortbesteht.
2) Es wird festgestellt, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu den zuletzt (Dezember 2003) zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) geltenden Arbeitsbedingungen besteht.
3) Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 1.471,28 EUR brutto abzüglich 255,68 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2004 zu zahlen.
4) Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 513,68 EUR brutto sowie 25,14 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2004 zu zahlen.
5) Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 446,44 EUR brutto nebst 25,14 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2004 zu zahlen.
6) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 1) zur Hälfte und die Beklagte zu 2) zur Hälfte.
7) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist eine Kündigung der Beklagten zu 1), die die Klägerin für rechtsunwirksam hält, weil sie aus Anlass des Betriebsübergangs der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) ausgesprochen sei.
Gegenstand des Rechtsstreits sind des Weiteren die Feststellung, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu den zuletzt (Dezember 2003) zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) geltenden Arbeitsbedingungen besteht und Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) ab dem 01.01.2004 bezogen auf die Vergütung bis zur Einstellung bei der Beklagten zu 2) am 15.01.2004 und bezüglich auf Vergütungsdifferenzen ab diesem Zeitpunkt zwischen der Vergütung nach den Bedingungen des Arbeitsvertrages zur Beklagten zu 1) und denen des Arbeitsvertrages zur Beklagten zu 2).
Die betriebliche Betätigung der Beklagten zu 1) beruht auf einem Auftragsverhältnis zum Bundesministerium des Innern und betraf die Aufgabenstellung zur Personen- und Gepäckkontrolle am Flughafen K Dieser Auftrag wurde seitens des BMI mit Schreiben vom 05.07.2003 zum Jahresende gekündigt.
Im Rahmen einer öffentlichen Neuausschreibung, an der sich auch die Beklagten zu 1) und 2) beteiligten, wurde der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 15.09.2003 mitgeteilt, dass der Auftrag ab Jahresbeginn 2004 an die Beklagte zu 2) vergeben worden sei.
Daraufhin fragte die Beklagte zu 1) bei der Beklagten zu 2) an, ob diese Firma an der Übernahme von Arbeitnehmern der Beklagten zu 1) interessiert sei. Die Beklagte zu 2) teilte mit, dass sie an der Übernahme von Arbeitsverträgen nicht interessiert sei.
Nach Anhörung des Betriebsrats wurde sodann allen Arbeitnehmern seitens der Beklagten zu 1) betriebsbedingt zum 31.12.2003 gekündigt. Gegen die Kündigung richtet sich die Klage der Klägerin vom 18.12.2003, die sie mit den gegenüber der Beklagten zu 2) geltend gemachten Ansprüchen mit Schriftsätzen vom 14.01.2004 bzw. 07.06.2004 erweitert hat.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Das Arbeitsverhältnis habe aufgrund wirksamer betriebsbedingter Kündigung der Beklagten zu 1) mit dem 31.12.2003 sein Ende gefunden. Die Kündigung sei wegen Betriebsschließung erfolgt. Die Kündigung erweise sich nicht als unwirksam gemäß § 613 a Abs. 4 BGB.
Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze der Entscheidung des EuGH vom 20.11.2003 – C-340/01-Abler – NZA 2003, 1385 könne nicht von einer Übertragung der Betriebsidentität der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) ausgegangen werden.
Die Grundsätze der dortigen Entscheidung könnten allein deshalb nicht übertragen werden, weil es sich im vorliegenden Fall um eine hoheitliche Vergabe des Auftrags durch das BMI an einen Auftragnehmer handele. Das BMI sei aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet die Vergabe von Aufträgen „nur nach öffentlicher Ausschreibung” vorzunehmen. In einer solchen Situation,...