Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung: Oberarzt
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Eingruppierung eines Oberarztes nach Ä 3 des § 12 TV-Ärzte.
2. Beim Tarifmerkmerkmal „Teilbereich” handelt es sich um einen Auffangtatbestand, der grundsätzlich jede (wissenschaftlich anerkannte) fachliche Untergliederung innerhalb eines ärztlichen Fachgebiets erfasst, der keinen Funktionsbereich darstellt. Danach handelt es sich bei dem hier streitigen Bereich der Nierentransplantation einer medizinischen Klinik um einen „Teilbereich”.
3. Das Tarifmerkmal „medizinische Verantwortung” erfordert keine Aufsichts- und Weisungsbefugnisse gegenüber nachgeordneten Fachärzten.
Normenkette
TV-Ärzte § 12
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 23.08.2007; Aktenzeichen 7 Ca 1227/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 23.08.2007 – 7 Ca 1227/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
Der am 13.05.1949 geborene Kläger, Mitglied des M., ist seit Oktober 1974 bei der Beklagten als Arzt in der medizinischen Klinik II beschäftigt. Er wurde Ende 1976 von dem damaligen Direktor der Abteilung mit dem Aufbau eines Nierentransplantationszentrums beauftragt. Nach § 2 des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrages der Parteien vom 25.06.1991 finden auf das Arbeitsverhältnis der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge Anwendung. Die Nebenabreden (§ 5) dieses Vertrages haben die Parteien mit Änderungsvertrag von 25.06.1991 neu gefasst. Unter § 1 heißt es dazu:
„Herr Dr. H. erhält die Bezeichnung:”
„Internist für Nierentransplantationen an der Med. Klinik II.”
Herr Dr. H. wird im Bereich der Nierentransplantation der Med. Klinik II mit allen hier anfallenden Aufgaben, wie z. B.: organisatorische Aufgaben, EDV-Erfassung, Empfängerberatung, Empfängererfassung und Betreuung der Warteliste, die Koordination der Spendergewinnung und der Explantation sowie Kooperation mit auswärtigen Spenderkrankenhäusern und fachbezogene Vorträge vor interessierten Gruppen, eingesetzt.
Analog zu den Oberärzten der Med. Klinik II ist er hierbei unmittelbar dem Klinikdirektor oder seinem Vertreter unterstellt und ist vom allgemeinen Bereitschaftsdienst und von Ambulanztätigkeiten befreit. In Abhängigkeit vom jeweiligen Arbeitsanfall ist Herr Dr. H. für die Transplantations-Ambulanz auf Weisung des Klinikdirektors einzusetzen. In den übrigen Bereichen der Patientenbetreuung ist er dem jeweils zuständigen Oberarzt der Klinik unterstellt …”(Bl. 10 d. A.).
Der Kläger trägt die Verantwortung für die Warteliste zur Nierentransplantation sowie für die medizinische und organisatorische Funktionsfähigkeit des Nierentransplantations-Zentrums A.. Die Warteliste „Nierentransplantation” umfasst aktuell ca. 140 Patienten. Der Kläger führt jährlich ca. 40 bis 50 Kontakt- und Informationsgespräche mit transplantationswilligen Patienten. Der Kläger legt das Diagnoseprogramm fest, mit dem in jedem Einzelfall die transplantationsrelevanten Organbefunde objektiviert werden müssen. Bei weiteren Terminen sind die Ergebnisse der Organ- und Risikodiagnostik sowie der körperliche Befund des Patienten zu analysieren und zu dokumentieren. Aufgrund dieser Analyse entscheidet der Kläger über die tatsächliche Eignung des Patienten zur Nierentransplantation und die Aufnahme/Nichtaufnahme des Patienten in die Warteliste zur Nierentransplantation nebst entsprechenden Anmeldungen bei E. Im Verlauf der Wartezeit ist der Kläger für das Fortbestehen der Transplantationseignung der transplantationswilligen Patienten verantwortlich. Er legt für jeden Patienten die Kontrollintervalle fest, in denen eignungsrelevante Spezialuntersuchungen wiederholt werden müssen. Alle drei Monate befragt er jeden Patienten nach seinem aktuellen Gesundheitszustand und nach Problemen im Zusammenhang mit der laufenden Dialysebehandlung. Er fordert ggf. externe Befunde und ordnet ad hoc erforderliche Kontrolluntersuchungen an. Aufgrund der Befunde analysiert der Kläger die Transplantationseignung und entscheidet darüber, ob der Patient vorübergehend oder dauerhaft von der Warteliste zur Nierentransplantation gestrichen wird bzw. bei vorübergehender Streichung in die Warteliste wieder aufzunehmen ist. Für jeden Patienten auf der Warteliste führt er eine spezielle Transplantationsakte, in der fortlaufend der körperliche Befund des Patienten, die Ergebnisse der Organ- und Risikodiagnostik und die medizinischen und organisatorischen Prozeduren dokumentiert werden, die im Falle eines Organangebots zur Transplantation zu befolgen sind. Schließlich fasst er die Untersuchungsergebnisse, Anordnungen und den Stand der Entscheidung in einem von ihm selbst entwickelten Arztbrief an den überweisenden Dialysearzt zusammen. Die Transplantationsakte und die Arztbriefe sind die Entscheidungsg...