Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf. Überstundenpauschale. Dienstwohnung. billiges Ermessen. Äquivalenz. Kernbereich
Leitsatz (amtlich)
Überstundenpauschalen und die Residenzpflicht in Dienstwohnungen können widerruflich ausgestaltet werden. Der vorbehaltene Widerruf ist wirksam, wenn er
- nicht in das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung eingreift
- den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses unberührt lässt und
- bei der Ausübung billiges Ermessen berücksichtigt wurde.
Normenkette
BMT-G II § 25 Abs. 5; BGB § 315
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 03.03.1998; Aktenzeichen 17 Ca 7428/97) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.03.1998 – 17 Ca 7428/97 – aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs einer Überstundenpauschale sowie die Wirksamkeit der Aufhebung der Zuweisung einer Dienstwohnung.
Die am 20.12.1937 geborene Klägerin ist seit 01.03.1972 bei der beklagten Stadt als Hauswartin für Obdachlosenunterkünfte beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der Tarifverträge, die für tarifgebundene Arbeiter in der Stadt K jeweils gültig sind, vereinbart. Zwischen den Parteien wurden zusätzlich zum Arbeitsvertrag Nebenabreden über die pauschalierte Abgeltung von Überstunden vereinbart. Die letzte Nebenabrede datiert vom 01.08.1983 und lautet wie folgt:
„Der Arbeitnehmer hat aufgrund der Eigenart seines Aufgabengebietes auch über die tarifvertragliche regelmäßige Wochenarbeitszeit hinaus Arbeit zu leisten. Zur Abgeltung dieser Arbeitsleistungen erhält er ab 01.07.1983 einen monatlichen Pauschallohn in Höhe des 35 7/10tel-fachen auf die Arbeitsstunde umgerechneten Monatsgrundlohnes der Stufe 4 seiner Lohngruppe.
…
Diese Nebenabrede tritt mit Wirkung vom 01.07.1983 in Kraft und gilt nur für die Dauer der Tätigkeit des Arbeitnehmers:
- • als Hauswart
- • bei , Amt für Wohnungswesen
- • Verwaltung der Obdachlosenunterkünfte
- • Einrichtung G Straße , P Straße ….
Im Falle einer Änderung des Umfangs der vom Arbeitnehmer geforderten Arbeitsleistungen endet die Nebenabrede mit sofortiger Wirkung, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Im übrigen kann sie mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsschluss gekündigt werden”.
Dieser Nebenabrede lag eine Dienstanweisung vom 01.06.1981 für Hauswarte in den Einrichtungen der Obdachlosenhilfe zugrunde. Nach dieser Dienstordnung lagen die Dienststunden Montags bis Freitags von 8.00 h bis 12.00 h und 15.00 h bis 19.00 h. Hinzu kamen Zeiten für gelegentliche Inanspruchnahmen der Hauswarte außerhalb der angegebenen Dienststunden (insbesondere an Wochenenden), die im Rahmen der gewährten Pauschalvergütung abgegolten wurden.
Mit Schreiben vom 08.11.1982 wurde der Klägerin die Wohnung P Straße , linkes Haus Erdgeschoss Mitte, als Dienstwohnung zugewiesen. Das Zuweisungsschreiben enthielt den Hinweis, dass die Zuweisung u.a. zurückgenommen werden muss, wenn die Klägerin nicht mehr Inhaber des jetzigen Dienstpostens ist.
Mit Wirkung zum 01.09.1997 organisierte die Beklagte die Tätigkeiten der Hauswarte neu. Die Arbeitszeit der Hauswarte liegt nun montags bis donnerstags zwischen 7.30 h und 16.15 h einschließlich jeweils 30 Minuten Mittagspause und freitags von 7.30 h bis 13.00 h ohne Pause. Darüber hinaus eventuell notwendige Arbeitsleistungen werden ab dem 01.09.1997 durch einen Bereitschaftsdienst gedeckt, der für die rechts- und linksrheinische Seite des Stadtgebiets jeweils die Bereitschaft eines Hauswartes nach Bereitschaftsdienstplan vorsieht. Die Bewohner der Obdachlosenunterkünfte sind gehalten, sich außerhalb der regulären Dienstzeiten an den jeweiligen zum Bereitschaftsdienst eingeteilten Hauswart zu wenden oder an die ebenfalls in den Bereitschaftsdienst einbezogenen Hausverwalter.
Mit Schreiben vom 28.07.1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass durch die oben dargestellte Neuorganisation die Residenzpflicht für die Dienstwohnung entfalle und hob die Zuweisung der Dienstwohnung mit Ablauf des Monats August 1997 auf. Sie bot der Klägerin den Abschluss eines Mietvertrages an. Nachträglich wurde die Dienstwohnungsvergütung bis zum 31.12.1997 beibehalten. Darüber hinaus widerrief die Beklagte die Nebenabrede vom 01.08.1983 über die pauschalierte Überstundenvergütung zum 01.09.1997. Der hierdurch entfallende Gehaltsbestandteil beläuft sich auf 680,09 DM brutto. Der Klägerin verbleibt eine Vergütung nach Lohngruppe 4 a in Höhe von 3.564,25 DM brutto.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Beklagte könne weder einseitig die Residenzpflicht aufheben noch die zusätzliche Überstundenpauschale entziehen oder die Dienstwohnungszuweisung aufheben. Solche Änderungen des Arbeitsvertrages hätten nur durch Änderungskündigung durchgesetzt werden können. Tatsächlich handele es sich aber um unzulässige Teilkündigungen. Deshalb sei sie auch nicht verpflichtet, den Mietvertrag zu den angebotenen neuen Bedingungen anzunehmen.
Sie behauptet, dass die Obdach...