Entscheidungsstichwort (Thema)
Trennungsgeld; Auslandstrennungsgeld; Umzugskostenvergütung; Umzugsverhinderungsgrund; Schulausbildung des Kindes; Umzugswilligkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Schulausbildung eines Kindes ist auch dann für den Inhaber des Anspruchs auf Umzugskostenvergütung ein Umzugshinderungsgrund i. S.v. § 12 Abs. 3 BUKG v. 11.12.1990 mit der Folge eines Anspruchs auf Trennungsgeld, wenn das Kind 25 Jahre alt ist und im sog. Zweiten Bildungsweg eine Fachoberschule besucht. Auf eine Umzugswilligkeit des Kindes kommt es nicht an.
Normenkette
BAT § 44 Abs. 1; BUKG § 12 Abs. 3; ATGV § 5 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 14.09.2000; Aktenzeichen 3 Ca 1562/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.09.2000 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 3 Ca 1562700 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Entscheidung ist unanfechtbar, § 70 ArbGG.
Streitwert: unverändert.
Tatbestand
Die Parteien – nämlich die beklagte Bundesrepublik Deutschland und der von ihr im Bereich der Wehrverwaltung beschäftigte Kläger – streiten um dessen Anspruch auf Trennungsgeld nach § 12 des Bundesumzugskostengesetzes vom 11.12.1990 (BUKG), das über § 44 BAT auf das Arbeitsverhältnis ebenso anzuwenden ist wie die auf seiner Grundlage erlassene Auslandstrennungsgeldverordnung (ATGV) vom 18.07.1997, neugefaßt unter dem 22.01.1998.
Der am 11.04.1949 geborene Kläger wurde mit Verfügung vom 22.02.2000 (Bl. 6) von seinem bisherigen Dienstort H., Bundessprachenamt, nach S. in Polen mit dem Ziel der Versetzung abgeordnet. Dabei wurde ihm die Umzugskostenvergütung (UKV) nach § 3 BUKG zugesagt. Sein letzter Arbeitstag in Hürth war der 17.03.2000, sein Dienstantritt in Polen erfolgte am 20.03.2000. Für den anschließenden Zeitraum – also ab 21.03.2000 – beansprucht der Kläger das Auslandstrennungsgeld (ATG) bis zum Tage seines Umzugs in seine Wohnung in Polen am 30.04.2000 als Entschädigung für die durch getrennte Haushaltsführung entstandenen notwendigen Auslägen. Zwar führt die Zusage der UKV dem Grundsatz nach zu einem Verlust des Anspruchs auf Trennungsgeld (§ 12 Abs. 2 BUKG). Der Kläger beruft sich jedoch auf die Ausnahmevorschrift des § 12 Abs. 3 S. 2 BUKG, wonach Trennungsgeld gewährt werden kann, wenn ein Hinderungsgrund i.S.v. Satz 1 vorliegt. Als solcher ist dort u.a. die Schul- oder Berufsausbildung eines Kindes anerkannt (§ 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BUKG). Zur Begründung verweist der Kläger auf den unstreitigen Umstand, daß sein am 26.01.1974 geborener, mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebender, lediger Sohn, den er seit dessen 13. Lebensjahr allein erzieht, seit August 1999 und noch zur Zeit der Abordnung die Klasse 12b des N.-Berufskollegs in Köln besuchte, um die Fachhochschulreife zu erwerben. Bei dem N.-Berufskolleg handelt es sich um eine Fachoberschule für Technik in der Trägerschaft des Landes NRW, in der junge Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung in technischen Berufen die Fachhochschulreife auf dem sog. zweiten Bildungsweg erwerben können – entweder berufsbegleitend in zwei Jahren oder vollzeitlich in einem Jahr, wofür sich der Sohn des Klägers entschied, der die Tagesform der Schule besuchte. Dort hat er im Mai 2000 die Fachhochschulreife erworben. Sein vorausgehender Bildungsweg sieht wie folgt aus: Am 31.01.1996 hatte er nach abgeschlossener Realschule eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker beendet und anschließend schon einmal das N.-Berufskolleg besucht, ohne das Fachabitur zu erreichen. Nach seinem Dienst bei der Bundeswehr bemühte er sich ab August 1998 erneut um das Fachabitur, brach den Versuch aber krankheitsbedingt am 31.01.1999 wieder ab, bis er am 01.08.1999 den hier relevanten, letztlich erfolgreichen Versuch begann. Nach dessen Abschluß nahm er ein Studium in Köln auf.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm für den Zeitraum vom 21.03.2000 bis zum 30.04.2000 Auslandstrennungsgeld/Aufwandsentschädigung zu gewähren.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, der Besuch des Berufskollegs durch den Sohn des Klägers sei kein Umzugshinderungsgrund. Dafür sei Voraussetzung, daß das Kind des Berechtigten sich in einem Alter befinde, in dem man erfahrungsgemäß noch auf eine Tagesschule gehe. Zudem müsse zwischen erstem und zweitem Bildungsweg ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehen, was beim Sohn des Klägers zu verneinen sei. Er sei eher einem Studenten vergleichbar, der unstreitig die Zahlung von Trennungsgeld nicht rechtfertige. Letztlich sei der Sohn des Klägers nicht uneingeschränkt umzugswillig gewesen, wie sein Verbleib am Ort nach Erreichung des Ausbildungsziels beweise. Dies müsse sich der Kläger nach den Ausführungsbestimmungen des Bundesverteidigungsministers zur ATGV zurechnen lassen (Zf. 5.2: Bl. 141). Damit fehle es an einer der Anspruchsvoraussetzungen des § 12 Abs. 2 S. 1 BUKG.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageab...