Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsmissbrauch. Zweck der Maßnahme. Kenntnis des Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall zu den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 5 S. 1 BetrAVG (zurechenbare Kenntnisse des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden, der gleichzeitig Aufsichtsratsmitglied ist).
Normenkette
BetrAVG § 7 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 24.03.2000; Aktenzeichen 5 Ca 8082/99) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.03.2000 – 5 Ca 8082/99 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte für eine Versorgungszusage, die der Kläger erhalten hat, im Wege der Insolvenzsicherung einstehen muss. Von einer erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Nachdem das Arbeitsgericht Köln die Klage mit Urteil vom 24.03.2000 abgewiesen hatte, hat das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 10.01.2001 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die zugelassene Revision hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 19.02.2002 das vorgenannte zweitinstanzliche Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Auf die Entscheidungsgründe der vorgenannten Urteile (Bl. 144 ff. d. A., Bl. 259 ff. d. A. sowie Bl. 272 ff. d. A.) wird Bezug genommen.
1. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
2. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Beklagte muss für die unverfallbare Versorgungsanwartschaft des Klägers nicht einstehen. Er kann seiner Einstandspflicht aus § 7 Abs. 2 S. 2 in Verbindung mit S. 1 BetrAVG a. F. den Einwand des Versicherungsmissbrauchs nach § 7 Abs. 5 BetrAVG a. F. entgegen halten.
a) Wie das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 19.02.2002 im Einzelnen ausgeführt hat, kommt im vorliegenden Fall die Versicherungsmissbrauchsvorschrift des § 7 Abs. 5 BetrAVG a. F. zum tragen. Nach der in § 7 Abs. 5 S. 1 BetrAVG enthaltenen Grundregel besteht die Einstandspflicht des Beklagten dann nicht, wenn nach den Umständen des Falles die Annahme gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck des Versorgungszusage gewesen ist, den Träger der Insolvenzsicherung in Anspruch zu nehmen. Dabei ist nach der gesetzlichen Regelung einerseits auf die objektiven Umstände des Falles und andererseits auf den subjektiven Zweck der Zusage abzustellen. Das Bundesarbeitsgericht hat weiter darauf hingewiesen, dass zugunsten des nach § 7 Abs. 5 S. 1 BetrAVG grundsätzlich darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten die Vermutungsregelungen in S. 2 und 3 von § 7 Abs. 5 BetrAVG eingreifen. § 7 Abs. 5 S. 2 BetrAVG begründet dabei zugunsten des Trägers der Insolvenzsicherung eine widerlegliche Vermutung für einen Versicherungsmissbrauch immer dann, wenn bei Erteilung oder Verbesserung der Versorgungszusage wegen der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers zu erwarten war, dass diese Zusage nicht erfüllt werde.
b) Die Vermutung des § 7 Abs. 5 S. 2 BetrAVG greift im Streitfall ein. Sie erfasst sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen des § 7 Abs. 5 S. 1 BetrAVG.
Das Vorliegen der objektiven wirtschaftlichen Umstände hat das Berufungsgericht bereits in seiner Entscheidung vom 10.01.2000 im Einzelnen dargelegt. Dem hat sich das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 19.02.2002 angeschlossen. Weitere Ausführungen zu den objektiven Umständen sind daher entbehrlich.
Nach dem weitergehenden Sachvortrag der Parteien aufgrund der zurückverweisenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts liegen auch die subjektiven Voraussetzungen des § 7 Abs. 5 S. 1 BetrAVG vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob auch bezüglich der subjektiven Seite die Vermutungswirkung des § 7 Abs. 5 S. 2 BetrAVG mit der Folge eingreift, dass der Kläger den Entkräftungsnachweis zu führen hätte, oder ob der Beklagte zunächst auch subjektive Gesichtspunkte darzulegen hat, um die Vermutungswirkung des § 7 Abs. 5 S. 2 BetrAVG auch insoweit zur Anwendung zu bringen. Denn bereits nach dem Sachvortrag des Beklagten, dem der Kläger nicht hinreichend substantiiert entgegen getreten ist, liegen auch die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 5 S. 1 BetrAVG vor.
Erforderlich ist hierfür – wie das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 19.02.2002 im Einzelnen ausgeführt hat –, dass der begünstigte Arbeitnehmer den missbilligenden Zweck der Maßnahme zumindest erkennen konnte. Dies sei immer dann der Fall, wenn sich für ihn die Erkenntnis aufdrängen müsse, wegen der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers sei ernsthaft damit zu rechnen, dass die Zusage nicht erfüllt werde. Insoweit komme es grundsätzlich auf die Kenntnisse und die Kenntnismöglichkeiten des Klägers als von der Versorgungszusage Begünstigten zu de...