Entscheidungsstichwort (Thema)

Heimarbeit. Minderbeträge. Partei- und Prozessfähigkeit einer gelöschten GmbH & Co. Rechtsmissbrauch durch Zustimmungsverweigerung zur Parteierweiterung. Minderbeiträge in der Heimarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verweigerung der Zustimmung zur Parteierweiterung auf Beklagtenseite im Berufungsrechtszug ist im Streitfall rechtsmissbräuchlich.

2. Partei- und Prozessfähigkeit nach Löschung der beklagten GmbH & Co. KG im Handelsregister.

3. Zahlung von Minderbeträgen an den Heimarbeitern gemäß § 1 Abs. 2 HAG gleichgestellte Personen.

 

Normenkette

ZPO §§ 50-51; HAG § 1 Abs. 2, §§ 19-20, 25; EFZG §§ 10-11

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 24.03.2011; Aktenzeichen 6 Ca 11575/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des klagenden Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.03.2011 - 6 Ca 11575/09 - teilweise wie folgt abgeändert:

Das I. Versäumnisurteil vom 26.01.2010 wird in Höhe von 2.392,48 € nebst 4 % Zinsen ab dem 19.12.2009 sowie nebst Umsatzsteuer in Höhe von 16 % auf den Betrag von 1.367,07 € und in Höhe von 19 % auf den weiteren Betrag von 1.025,41 € aufrechterhalten mit der Maßgabe, dass die Zahlung an Frau R P , V S in B , zu erfolgen hat. Die Aufrechterhaltung erfolgt zudem mit der Maßgabe, dass die Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldnerin mit der Berufungsbeklagten zu 2) erfolgt.

Die Berufungsbeklagte zu 2) wird - als Gesamtschuldnerin mit der Beklagten - verurteilt, an Frau R P , V S in B , 2.392,48 € nebst 4 % Zinsen ab dem 19.12.2009 sowie nebst Umsatzsteuer in Höhe von 16 % auf den Betrag von 1.367,07 € und in Höhe von 19 % auf den weiteren Betrag von 1.025,41 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen das klagende Land zu 65 % und die Beklagte zu 35 %, mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 26.01.2010 entstandenen Kosten, diese werden der Beklagten auferlegt. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen das klagende Land zu 65 % und die Beklagte und die Berufungsbeklagte zu 2) gesamtschuldnerisch zu 35 %.

4.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Das klagende Land nimmt die Berufungsbeklagten, bei denen es sich um im Adresshandel tätige Unternehmen handelt, nach § 25 HAG auf Nachzahlung von Minderbeträgen an Frau P in Anspruch.

Bei der Beklagten und Berufungsbeklagten zu 1) (im Folgenden: Beklagte) handelt es sich um eine GmbH & Co.KG, die am 21.11.2011 im Handelsregister gelöscht worden ist. Bei der Berufungsbeklagten zu 2) handelt es sich um die Komplementär-GmbH der Beklagten. Frau P , die im streitgegenständlichen Zeitraum vor ihrer Wiederheirat Frau L hieß, wurde von der Beklagten in der Zeit von Mai 2006 bis August 2008 mit der Erledigung von Schreibarbeiten beauftragt. Sie hat ein Gewerbe in Form eines Schreibbüros angemeldet und die Tätigkeiten von zu Hause aus verrichtet. Den jeweils von ihr in Rechnung gestellten Betrag zuzüglich Mehrwertsteuer erhielt sie von der Beklagten vergütet.

Nach der "Bekanntmachung einer Gleichstellung betreffend Adressenschreiben, Schreibarbeiten und ähnliche Arbeiten vom 05.12.1991 in der Fassung vom 07.12.1993", die auf Grundlage von § 1 Abs. 2a und Abs. 4 HAG erlassen wurde, gelten als den in Heimarbeit Beschäftigten gleichgestellt solche Personen, die ein Gewerbe angemeldet haben (Schreibbüro) und ohne Heimarbeiter oder fremde Hilfskräfte das Schreiben von Adressen, Versicherungspolicen usw., Schreib- und Abschreibarbeiten, Korrekturlesen sowie Datenerfassung auf Datenträgern und ähnliche Bürohilfsarbeiten für Personenvereinigungen oder Körperschaften des privaten Rechts in Heimarbeit ausführen.

Nach den §§ 19, 20 HAG sind die Entgelte für Heimarbeit in der Regel als Stückentgelte, und zwar möglichst auf der Grundlage von Stückzeiten, zu regeln. Ist dies nicht möglich, sind Zeitentgelte festzusetzen, die der Stückentgeltberechnung im Einzelfall zugrunde gelegt werden können. Die Entgeltfestsetzung ist im Einzelnen geregelt in der "Bekanntmachung einer bindenden Festsetzung von Entgelten und sonstigen Vertragsbedingungen für Adressenschreiben, Abschreibarbeiten und ähnliche Arbeiten in Heimarbeit vom 17.04.2002" (im Folgenden: "bindende Festsetzung"), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 16.09.2008.

Mit der beim Arbeitsgericht Köln erhobenen Klage hat das Land von der Beklagten die sich unter Berücksichtigung der "bindenden Festsetzung" ergebenden Minderbeträge für die von Frau L im Zeitraum Mai 2006 bis August 2008 geleisteten Arbeiten verlangt und diese zuletzt mit 7.018,55 € zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer beziffert. Wegen der Einzelheiten der Ausführungen zu den erbrachten Arbeiten und der Berechnung der Forderung wird auf den Schriftsatz des klagenden Landes vom 01.03.2010, Seite 10 - 23, verwiesen. Das klagende Land hat behauptet, Frau L habe ihr Schreibbüro alleine als Einzelperson betrieben.

Das Arbeitsgericht Köln hat gegen die im Termin vom 26.01.2010 nicht erschienene Beklagte ein I. Versäumnisurteil erlassen, mit dem die Be...

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