Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Hausbrandkohlen. Bergmannsversorgungsschein

 

Leitsatz (amtlich)

Nach Entstehungsgeschichte und Normzweck des § 9 I BVSG-NRW bezieht sich der gesetzliche Anspruch auf „Hausbrandkohlen” auf das Steinkohlendeputat im Steinkohlenbergbau und nicht auf „Deputatbriketts” im ausschließlich übertätigen Braunkohlenbergbau (hier: Rheinbraun).

 

Normenkette

Bergmannsversorgungsscheingesetz (BVSG-NRW) § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 13.02.1998; Aktenzeichen 19 Ca 9452/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.09.2000; Aktenzeichen 9 AZR 604/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 13.02.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 19 Ca 9452/97 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch für die Zeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses für das Bezugsjahr 1996/1997 Deputatbriketts zu liefern.

Der am 29.05.1954 geborene, verheiratete Kläger war von 1973 bis Ende 1992 beim Eschweiler Bergwerksverein (EBV), einem Unternehmen des Aachener Steinkohlenbergbaus, als Maschinensteiger unter-Tage beschäftigt. Seit Oktober 1991 ist er Inhaber eines Bergmannsversorgungsscheins. Vom 01.01.1993 bis 18.02.1997 war der Kläger bei der Beklagten, einem Unternehmen des Braunkohlenbergbaus, das keinen Untertage-Betrieb hat, als Betriebsschlosser beschäftigt. Seit dem Ausscheiden bei der Beklagten ist der Kläger arbeitslos.

Im Jahr 1993 hatte der Kläger seinen früheren Untertagebau-Arbeitgeber, den EBV, auf Lieferung von Hausbrandkohle nach § 9 des Gesetzes über einen Bergmannsversorgungsschein im Land Nordrhein-Westfalen (BVSG-NRW) verklagt. Beim EBV fand auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des Aachener Steinkohlenbergbaus (MTV Steinkohle) Anwendung, der einen Anspruch auf Hausbrandkohle vorsieht. Klage und Berufung blieben erfolglos mit der Begründung, der letzte Bergbau-Arbeitgeber im Sinne des § 9 BVSG-NRW sei nicht der EBV, sondern die Beklagte (Urteile, Bl. 6 – 27 d.A.).

Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien des vorliegenden Verfahrens fand der Manteltarifvertrag für Mitarbeiter im Rheinischen Braunkohlenbergbau (MTV Braunkohle) Anwendung. Danach stand dem Kläger als aktiver Arbeitnehmer ein Anspruch auf 7,5 t Deputatbriketts pro Deputatbezugsjahr zu. Das Deputatbezugsjahr beginnt am 1. Juli und endet am 30. Juni des Folgejahres. Nach seinem Ausscheiden bei der Beklagten am 18.02.1997 hat der Kläger von der Beklagten für 1997 die Lieferung von 7,5 t des Deputats verlangt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren ist unstreitig geworden, dass der dem Kläger nach § 9 Nr. 3 MTV Braunkohle zustehende Deputatanspruch für das Deputatbezugsjahr 1996/1997 von anteilig 5 t von der Beklagten erfüllt worden ist. Die restlichen 2,5 t sind zuletzt noch Gegenstand der Berufung. Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei letzter Bergbau-Arbeitgeber und als solcher nach § 9 Abs. 1 S. 1 BVSG-NRW zur weiteren Lieferung von Deputatbriketts verpflichtet.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Bezugszeitraum 01.07.1996 bis 30.06.1997 restliche 2,5 t Deputatkohle zu liefern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, der Anspruch aus § 9 Abs. 1 S. 1 BVSG-NRW beziehe sich nur auf Hausbrandkohle. Der Gesetzesbegriff der Hausbrandkohle, der den Tarifverträgen des Steinkohlenbergbaus entnommen sei, könne nicht über seinen Wortsinn hinaus auf Deputatbriketts im Braunkohlenbereich bzw. auf den jeweiligen Deputatanspruch bei dem letzten Bergbau-Arbeitgeber erstreckt werden. Sie sei auch nicht der bisherige Bergbau-Arbeitgeber im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 1 des BVSG-NRW, denn nach der Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des Gesetzes sei darunter nur der Untertage-Bergbau-Arbeitgeber zu verstehen. In ihrem reinen Übertagebetrieb könnten die notwendigen Voraussetzungen für einen Bergmannsversorgungsschein, die mindestens 5-jährige Untertagearbeit, nicht erfüllt und Inhaber von Bergmannsversorgungsscheinen nicht „produziert” werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die nach dem Beschwerdewert statthafte und auch im übrigen zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I. Der Kläger hat aus § 9 Abs. 1 S. 1 BVSG-NRW keinen Anspruch auf Weiterbezug von Deputatbriketts.

1. Nach § 9 Abs. 1 S. 1 BVSG-NRW vom 20.12.1983 (GVBl NW S. 635) in der zuletzt geänderten Fassung vom 19.03.1996 (GVBl. NW S. 136) erhalten Inhaber des Bergmannsversorgungsscheins für die Dauer der außerbergbaulichen Beschäftigung, der Arbeitslosigkeit im Sinne des Arbeitsförderungsgesetzes oder berufsfördernder Leistungen vom bisherigen Bergbau-Arbeitgeber Hausbr...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge