Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeit von Lehrkräften; Bandbreitenregelung
Leitsatz (amtlich)
Bandbreitenregelungen zum Ausgleich besonderer Belastungen von Lehrkräften führen zu einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, wenn sie nicht landeseinheitlich eingeführt werden (im Anschluss an BAG 08.11.2006 – 5 AZR 5/06).
Normenkette
BAT SR 2 l Teil I
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 24.04.2008; Aktenzeichen 22 Ca 9627/07) |
Tenor
1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.04.2008 – 22 Ca 9627/07 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/6 und das beklagte Land zu 5/6.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang der Unterrichtsverpflichtung des Klägers im Zeitraum vom 1. August 2003 bis zum 31. Juli 2006.
Der Kläger war beim beklagten Land vom 1. August 1973 bis zum 28. Februar 2007 als Lehrkraft im Fach Sport im Angestelltenverhältnis tätig. Nach § 3 des Arbeitsvertrages vom 20. September 1973 galten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) mit den Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2l I BAT) in der jeweils geltenden Fassung. Seit dem 1. November 2006 kam der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder zur Anwendung.
Im Zusammenhang mit der in Nordrhein-Westfalen zum 1. Januar 2004 erfolgten Anhebung der Arbeitszeit der Landesbeamten auf 41 Wochenstunden wurde durch die Änderung der Verordnung zur Ausführung von § 5 Schulfinanzgesetz (SchFG) vom 17. Dezember 2003 (GV. NRW. S. 819) mit Wirkung zum 1. Februar 2004 die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden für Lehrkräfte an Gymnasien von 24,5 auf 25,5 Wochenstunden angehoben. Infolge dieser Arbeitszeitverlängerung erhöhte sich die Unterrichtsverpflichtung des Klägers ab dem 1. Februar 2004 unter Berücksichtigung einer Altersentlastung von drei Wochenstunden von 21,5 auf 22,5 Wochenstunden.
Zum Ausgleich der unterschiedlichen zeitlichen Inanspruchnahme der Lehrkräfte durch besondere unterrichtliche Belastungen bestimmte § 3 der Verordnung zur Ausführung des § 5 SchFG (VO zu § 5 SchFG) idF vom 22. April 2002 (GV. NRW. S. 148):
„§ 3
Pflichtstunden-Bandbreite
(1) Eine unterschiedliche zeitliche Inanspruchnahme von Lehrerinnen und Lehrern durch besondere schulische Aufgaben und besondere unterrichtliche Belastungen soll in der Schule ausgeglichen werden. Soweit dies im Einzelnen erforderlich ist und die besonderen Belastungen sich nicht aus dem Inhalt des Amtes ergeben, können die in § 2 Abs. 1 genannten Werte unterschritten oder um bis zu drei Pflichtstunden überschritten werden. Die Abweichungen müssen sich in der Schule insgesamt ausgleichen. Die Verteilung der Anrechnungsstunden nach § 2 Abs. 5 ist zu berücksichtigen.
(2) Über Grundsätze für die Festlegung der individuellen Pflichtstundenzahl entscheidet die Lehrerkonferenz auf Vorschlag der Schulleiterin oder des Schulleiters. Die Entscheidung im Einzelnen trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter.”
§ 6 Abs. 4 Nr. 5 des Schulmitwirkungsgesetzes (GV NRW 2001. S. 811) lautete:
„(4) Die Lehrerkonferenz entscheidet über folgende Angelegenheiten:
…
(5) Grundsätze für die Festsetzung der individuellen Pflichtstundenzahl der Lehrerinnen und Lehrer auf Vorschlag der Schulleiterin oder des Schulleiters.”
Das Schulfinanzgesetz und das Schulmitwirkungsgesetz sind durch das Schulgesetz vom 15. Februar 2005 (GV NRW. 2005, S. 102) abgelöst worden. § 3 der VO zu § 5 SchFG ist durch § 3 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG (GV NRW. 2005, S. 218) ersetzt worden, die Regelung des § 6 Abs. 4 Nr. 5 Schulmitwirkungsgesetz durch § 68 Abs. 3 Nr. 4 SchulG.
Die Lehrerkonferenz des Gymnasiums, an dem der Kläger beschäftigt war, beschloss am 12. Juni 2002, das Bandbreitenmodell einzuführen. Der Kläger unterrichtete danach im Schuljahr 2003/04 eine Wochenstunde, im ersten Halbjahr 2004/05 0,48 Wochenstunden und sodann bis zum 31. Juli 2006 0,49 Wochenstunden zusätzlich.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die auf der Anwendung des Bandbreitenmodells beruhende Erhöhung der Pflichtstundenzahl sei nicht rechtmäßig. Das BAG habe am 8. November 2006 (5 AZR 5/06) zutreffend entschieden, dass die Bandbreitenregelung gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die von ihm seit dem 01.08.2003 bis zum 28.02.2007 über sein Pflichtstundendeputat hinaus geleisteten Unterrichtsstunden, die auf der Anwendung des Bandbreitenmodells beruhen, zu vergüten.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat geltend gemacht, das Bandbreitenmodell sei zulässig. Dem stehe die Entscheidung des BAG vom 8. November 2006 (5 AZR 5/06) nicht entgegen. Das BAG habe sich nicht mit der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (21. November 2005 – 2 B 25.05) auseinandergesetzt. Wegen der Divergenz hätte es nahegelegen, den Ge...