Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsverhältnis, Freier Mitarbeiter. Irrtümliche Behandlung eines freien Mitarbeiters. Parteivernehmung
Leitsatz (redaktionell)
1. Befanden sich die Parteien in einem beiderseitigen Rechtsirrtum und haben deshalb ihr Arbeitsverhältnis als freie Mitarbeit angesehen, so richtet sich die Anpassung des Vertrags grundsätzlich nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Eine Anpassung dieses Vertrags ist regelmäßig nur bei noch nicht beendetem Vertragsverhältnis für die Zukunft möglich.
2. Eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO kommt nur in Betracht, wenn für die durch sie zu beweisenden Tatsachen eine gewisse oder gar überwiegende Anfangswahrscheinlichkeit spricht, so dass die Parteivernehmung lediglich als Ergänzung der Beweisführung erscheint.
Normenkette
BGB §§ 611, 242; ZPO § 448
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 31.01.2003; Aktenzeichen 18 Ca 1039/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers und des Beklagten gegen das am 31.01.2003 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 18 Ca 1039/02 – werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien – nämlich die klagende Arbeitgeberin, die eine Spedition betreibt und der Beklagte, der von ihr vom 17.05. bis 07.10.1999 als Kraftfahrer beschäftigt wurde – streiten um restliche Zahlungsansprüche. Der Beklagte sollte als selbständiger Transportunternehmer tätig werden – nach Darstellung der Klägerin gegen eine arbeitstägliche Vergütung von 300,– DM. Stundenlohn oder Spesen seien nicht vereinbart worden. Da der Beklagte der Vereinbarung zuwider keine Freistellungsbescheinigung vom Arbeitsamt und keine Gewerbeanmeldung vorgelegt habe, habe sie das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis abgerechnet auf der Basis eines Monatslohns von 3.800,– DM in der Steuerklasse 6. Das führe zu einem Gesamtanspruch des Beklagten von 7.764,52. Demgegenüber habe sie insgesamt 13.500,– DM gezahlt, was zu einer Überzahlung von 5.735,48 DM (= 2.932,50 EUR) führe, die die Klägerin mit der Klage zurückfordert.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.932,50 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und behauptet, die Parteien hätten einen Stundenlohn von 30,– DM, mindestens aber 300,– DM pro Arbeitstag vereinbart. Gearbeitet habe er insgesamt an 1.335,5 Stunden (Aufstellung Bl. 53 ff.), was zu einem Gesamtlohnanspruch von 40.065 DM führe (20.484,91 EUR). Außerdem seien die vereinbarten Spesen von 46,– DM je Arbeitstag angefallen, an 97 Arbeitstagen also 4.462,– DM. Er der Beklagte, sei tatsächlich selbständiger Unternehmer gewesen. Die Klägerin habe ihn auch gefragt, ob er als solcher für sie tätig sein wolle. Eine Freistellungsbescheinigung habe die Klägerin nicht verlangt.
Der Beklagte hat Widerklage erhoben. Mit ihr hat er das Ergebnis seiner Lohnberechnung sowie 4.414 DM Spesen gefordert. Er hat beantragt,
die Klägerin zu verurteilen,
- an ihn 20.484,91 EUR brutto abzüglich gezahlter 6.902,44 EUR netto nebst Zinsen zu zahlen;
- an ihn Spesen in Höhe von 4.414,– DM nebst Zinsen zu zahlen;
- ihm Lohnabrechnungen für die Zeit vom 17.05. bis 07.10.1999 zu erteilen.
Die Klägerin hat Abweisung der Widerklage beantragt mit der Behauptung, es habe nur die von ihr angegebene Vergütungsvereinbarung gegeben. Nachdem sich herausgestellt habe, daß der Beklagte nicht als selbständiger Unternehmer habe fahren können, habe er den betriebsüblichen Lohn von 3.800,– DM zugrunde gelegt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage hin verurteilt, an den Beklagten 14.878,59 EUR Brutto abzüglich 5.492,67 EUR netto und abzüglich weiterer 6.902,44 EUR netto nebst Zinsen zu zahlen sowie die Lohnabrechnungen zu erteilen. Der Urteilssumme liegt die Berechnung von 300,– Tagessatz mal 97 Tage zugrunde. Bei den Abführbeträgen handelt es sich um abgeführte Sozialversicherung und bereits geleistete Zahlung.
Beide Parteien haben Berufung eingelegt. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie trägt vor, richtiger Weise sei das Arbeitsgericht vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ausgegangen; davon habe aber die Klägerin zunächst nicht ausgehen können. Vielmehr habe sie den Beklagten immer wieder nach dem vereinbarten Nachweis eines Gewerbebetriebs gefragt, den zu besitzen der Beklagte mehrfach behauptet habe. Erst als sie erkannt habe, daß der Beklagte den Nachweis nicht erbringen konnte, habe sie vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ausgehen müssen. Das Arbeitsgericht habe aber nicht den Willen der Parteien unterstellen können, daß in dem nunmehr als Arbeitsverhältnis anzusehenden Vertragsverhältnis die gleichen Konditionen hätten gelten sollen. Die Gehälter für Kraftfahrer lägen bei ihm weit unter einem Tagessatz von 300,– DM. Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung nach ihren erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
- die Beru...