Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitbetrug durch private Nutzung von Internet und E-Mails. Fristlose Kündigung wegen Verstoß gegen Verbot der privaten Internetnutzung. Kein Verwertungsverbot von Beweisen zur rechtswidrigen privaten Internetnutzung. Kein Datenschutzverstoß bei Sicherung von Beweisen wegen privater Internetnutzung
Leitsatz (amtlich)
Die private Nutzung von Internet und E-Mail am Dienst-PC trotz entsprechendes Verbots während der Arbeitszeit rechtfertigt jedenfalls dann eine fristlose Kündigung, wenn der Arbeitnehmer sowohl an mehreren Tagen durchgehend und als auch über Monate hinweg regelmäßig URL-Aufrufe und E-Mails zu privaten Zwecken getätigt hat. Dies gilt um so mehr, wenn zwischen den einzelnen URL-Aufrufen ein Zeitraum von weniger als ein bis zwei Minuten liegt, denn dazwischen kann keine Arbeitsleistung erbracht worden sein.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1-2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1; BDSG a.F. § 32 Abs. 1 S. 1; BDSG § 26 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Entscheidung vom 18.04.2019; Aktenzeichen 5 Ca 852/18) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 18.04.2019 (5 Ca 852/18) wird zurückgewiesen.
- Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 07.03.2018 im Kleinbetrieb, die als hilfsweise ordentliche Kündigung unstreitig das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2018 aufgelöst hat.
Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen, das IT-Dienstleistungen im Bereich Web-Design, Social Media und Online-Marketing anbietet. Der Sitz der Gesellschaft ist B . Sie betriebt die Webseite Der Kläger war der einzige Mitarbeiter der Beklagten. Der Geschäftsführer der Beklagten, R K , hat einen Bruder (Dr. C K ), der mit dem Kläger und dessen Bruder seit Jahren gemeinsam eine "kleine Firma" (P ) führt.
Der Kläger, geb. am 1984, ist verheiratet und zwei Kindern im Kindergartenalter unterhaltsverpflichtet. Der Kläger ist wohnhaft in B . Er war bei der Beklagten ab dem 01.11.2017 als Softwareprogrammierer mit einem Bruttomonatsgehalt iHv. 5.000,- Euro beschäftigt. Nach § 3.1 des Arbeitsvertrages beträgt die regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden wöchentlich, dh. acht Stunden pro Wochentrag (Montag-Freitag). Nach § 3.2 des Arbeitsvertrages richten sich Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen nach der Übung des Betriebes. In § 16.2 des Arbeitsvertrages ist eine Mindestkündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende vereinbart. Eine Probezeit wurde zwischen den Parteien nicht vereinbart, da der Kläger aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis (zur Firma S , Inh. S R , aus R ) abgeworben wurde. Bezüglich des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages vom 01.11.2017 wird auf Bl. 10-14 d.A. Bezug genommen.
Am 23.11.2017 schlossen die Parteien eine "Anlage zum Arbeitsvertrag" (nachfolgend: "Vereinbarung"), wonach dem Kläger ein Apple MacBook Pro (nachfolgend: Laptop) als Arbeitsmittel überlassen wurde. Ferner vereinbarten die Parteien im Hinblick auf die Nutzung der dienstlich zur Verfügung gestellten Betriebsmittel das Folgende:
"... § 2 Umfang und Beschränkung der Nutzung
...
(3) Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel dürfen nicht für private Zwecke genutzt werden. Insbesondere ist eine private Nutzung von Fernkommunikationsmitteln wie Mobiltelefone, Laptop oder PC nicht gestattet. Dem Arbeitnehmer ist auch nicht gestattet, auf den Arbeitsmitteln private Daten abzulegen oder zu speichern. Der Besuch von Internetseiten zu privaten Zwecken, insbesondere solcher pornographischer Natur, ist untersagt.
... Der Arbeitnehmer erklärt auch sein Einverständnis damit, dass der Arbeitgeber die auf den Arbeitsmitteln befindlichen Daten aus Zwecke der Zuordnung zu geschäftlichen oder privaten Vorgängen überprüft und auswertet. ..."
Bzgl. des Wortlauts dieser "Anlage zum Arbeitsvertrag" wird auf Bl. 43-45 d.A. Bezug genommen.
Im Büro der Beklagten waren die Schreibtische des Klägers und des Geschäftsführers gegenüber angeordnet, so dass der Geschäftsführer zwar den Kläger, nicht aber dessen Monitorinhalt sehen konnte. Hinter dem Tisch des Klägers stand jedoch eine Vitrine mit Glasfront.
Auf dem dienstlichen Laptop des Klägers waren drei verschiedene Internet-Browser installiert (Mozilla Firefox, Google Chrome und Apple Safari). Alle drei Browser erstellen Log-Files der besuchten Internetseiten (Datum, Uhrzeit und URL), die auch rückwirkend eine Auswertung ermöglichen. Es ist unstreitig, dass der Kläger teilweise auch den sog. Inkognito-Modus (auch "Privatmodus" genannt) bei den Internet-Browsern verwendet hat, so dass diese dann keine Log-Files der besuchten Internetseiten bzw. keine entsprechenden Einträge erstellen. Der Kläger nutzte hauptsächlich Mozilla Firefox.
Zwischen den Parteien ist ua. streitig, welche Webseiten im Internet der Kläger am 28.11.2017, 29.11.2017 sowie am 01.03.2018 zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit au...