Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweistufige Verfallsfrist. Aussetzung
Leitsatz (amtlich)
Die zweite Stufe (gerichtliche Geltendmachung) einer tarifvertraglichen Verfallfrist wird auch dann eingehalten, wenn Klageerweiterungen zu einem ausgesetzten Verfahren eingereicht werden. Dies gilt zumindest dann, wenn die Schriftsätze trotz Aussetzung zugestellt werden (gegen BAG vom 12.12.2000 – 9 AZR 1/00).
Normenkette
RTV Gebäudereinigerhandwerk § 22; ZPO §§ 167, 150, 249-250
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 01.12.2006; Aktenzeichen 5 Ca 216/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgericht Köln vom 01.12.2006 AZ – 5 Ca 216/06 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche der Klägerin aus der Zeit von November 2005 bis einschließlich Juni 2006.
Die Klägerin ist Arbeitnehmerin der Beklagten und als Reinigungskraft zu einer Bruttovergütung von 650,00 EUR monatlich bei dieser beschäftigt. Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 22.03.2005 fristlos, hilfsweise fristgerecht zu kündigen versucht. Auf die hiergegen eingelegte Kündigungsschutzklage stellte das Arbeitsgericht Köln am 07.09.2005 (Aktenzeichen – 4 Ca 3005/05 –) fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet wurde. Die Berufung der Beklagten hiergegen wurde durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 08.03.2006 (Aktenzeichen – 8 (2) Sa 1445/05 –) zurückgewiesen. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (Aktenzeichen – 3 AZN 582/06 –) nahm diese am 11.09.2006 zurück.
Bereits mit dem Kündigungsschutzverfahren hatte die Klägerin Vergütungsansprüche bis einschließlich Juli 2005 eingeklagt. In einem weiteren Verfahren (– 12 Sa 207/06 –) wurde ihr von dem Landesarbeitsgericht Köln Lohn aus Annahmeverzug für die Monate August bis Oktober 2005 abzüglich der Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von 249,30 EUR netto monatlich zugesprochen. In diesem Verfahren wurde der Leistungsbescheid der Bundesanstalt für Arbeit vorgelegt. Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin vorgetragen, bis einschließlich März 2006 Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von 249,30 EUR netto und für die Zeit von April bis Juni 2006 in Höhe von 299,00 EUR netto monatlich erhalten zu haben.
Auf das Arbeitsverhältnis ist der Rahmentarifvertrag für das Gebäudereiniger-Handwerk anwendbar. Dieser regelt in § 22 die Ausschlussfristen wie folgt:
Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
Die Beklagte vertritt die Ansicht, die Klägerin habe die Vergütungsforderungen nicht entsprechend der zweiten Stufe der Verfallfrist rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht. Dies sei hinsichtlich der Vergütung für November und Dezember 2005 deshalb der Fall, weil die Klägerin nicht angebe, ob es sich um Brutto- oder Nettolohn handele und in der Klageschrift die Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit noch nicht abgezogen wurden. Gleiches gelte auch für die Vergütung des Monats Juni 2006.
Die Vergütung für die Monate Januar bis Mai 2006 seien deshalb nicht rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht, weil die Klägerin die Klageerweiterung zu einem ausgesetzten Verfahren eingereicht habe.
Aus dem Akteninhalt ergibt sich dabei folgende Prozessgeschichte: Am 09.01.2006 ging der Schriftsatz vom 04.01.2006 beim Arbeitsgericht ein, mit dem die Vergütung für die Monate November und Dezember 2005 eingeklagt wurde. Der Schriftsatz wurde der Beklagten unmittelbar am 17.01.2006 zugestellt. Das Arbeitsgericht bestimmte Gütetermin für den 31.01.2006, 09:00 Uhr. An diesem Tag ging um 08:56 Uhr ein Fax der Klägerprozessbevollmächtigten ein, worin sie darum bat, das Verfahren bis zum 09.03.2006 auszusetzen unter Hinweis darauf, dass am 08.03. die mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hinsichtlich des Kündigungsschutzrechtsstreits terminiert war. Für die Beklagte erschien am 31.01.2006 eine Mitarbeiterin mit Vollmacht. Das Protokoll der Güteverhandlung weist nach, dass auf Antrag der Beklagtenvertreterin das Gericht folgenden Aussetzungsbeschluss verkündet hat:
Der Rechtsstreit wird im Hinblick auf das vorgreifliche Kündigungsschutzverfahren, Berufungsaktenzeichen – 2 Sa 1445/05 –, gemäß § 148 ZPO ausgesetzt.
Der Aussetzungsbeschluss wurde der Klägerprozessbevollmächtigten durch formlose Zusendung des Protokolls mitgeteilt.
Am 16.02.2006 ging ein Schriftsatz der Klägerprozessbevollmächtigten vom selben Tag beim Arbeitsgericht ein, mit d...