Entscheidungsstichwort (Thema)

Schmerzensgeld. Mobbing. Pilot

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbinghandlungen kommt nur in Betracht, wenn der Schädiger die Rechtsgüter des Betroffenen systematisch und zielgerichtet mit einiger Intensität und Dauer verletzt.

2. Beschwert sich der Copilot einer Passagiermaschine in seinem flight report darüber, dass ihn der Flugkapitän während des Fluges im Cockpit fortwährend verbal herabgewürdigt und schließlich sogar noch körperlich bedroht habe, liegt darin ein Vorgang, der die Flugsicherheit tangiert und daher die Fluggesellschaft zum Eingreifen veranlassen muss.

3. Ergreift die Fluggesellschaft daraufhin, obwohl der Flugkapitän die Vorwürfe bestritten hat, eine objektive Aufklärung aber nicht mehr möglich ist, Sanktionen gegenüber diesem (vorübergehende Suspendierung vom Flugbetrieb, später Beiordnung von Piloten mit Trainingslizenz als Copiloten), die dieser als ehrverletzend empfindet, liegen darin keine zum Schadensersatz verpflichtenden Mobbinghandlungen, auch wenn die Sanktionen das Maß des unbedingt Erforderlichen überschreiten.

 

Normenkette

BGB § 823

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 20.09.2007; Aktenzeichen 1 Ca 4583/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.09.2007 in Sachen 1 Ca 4583/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Schmerzensgeldanspruch des Klägers wegen „Mobbing”.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge, und wegen der Gründe, die die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils vom 20.09.2007 Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde dem Kläger am 18.10.2007 zugestellt. Er hat hiergegen am 09.11.2007 Berufung einlegen und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 18.01.2008 am 17.01.2008 begründen lassen.

Der Kläger verfolgt seinen Schmerzensgeldanspruch gegen die Beklagte weiter und meint, das Arbeitsgericht habe bei seiner Entscheidung den von der Beklagten behaupteten Sachvortrag zugrunde gelegt, ohne sich damit auseinander zu setzen, dass er, der Kläger, diesen substantiiert bestritten habe. Hierzu führt der Kläger aus, dass bereits aus dem sog. Flightreport des Co-Piloten d hervorgehe, dass bei dem Vorfall vom 25.09.2006 zu keiner Zeit eine Gefährdung des Flugverkehrs vorgelegen habe. In seinem Flightreport habe der Co-Pilot d selbst nicht von einer Blockade während des Fluges am 25.09.2006 gesprochen.

Ferner habe das Arbeitsgericht verkannt, dass die Beklagte, wenn sie Maßnahmen zur Sicherheit des Luftverkehrs treffe, dabei aber auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des bei ihm beschäftigten Personals nicht verletzen, sondern das Maß des Erforderlichen und Angemessenen nicht überschreiten dürfe. Schließlich habe es das Arbeitsgericht unterlassen, sich mit der Zielsetzung der gegen ihn, den Kläger, gerichteten Maßnahmen auseinander zu setzen. Diese habe nämlich in Wirklichkeit darin gelegen, ihn bis zu seinem Renteneintritt vom Flugdienst fern zu halten und sein Ansehen bei den Mitarbeitern als auch im Außenverhältnis herabzusetzen. Hintergrund sei ein persönlicher Rachefeldzug des Chef-Piloten B..

Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 20.09.2007 zu 1 Ca 5483/07 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 11.575,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, der Co-Pilot d habe in seinem Flightreport über dem Flug vom 25.09.2006 eine Konfliktsituation geschildert, die als solche sehr wohl erhebliche Sicherheitsrelevanz gehabt habe; die Erfahrung lehre nämlich, dass Mängel im Kommunikationsverhalten der Piloten im Cockpit in der Vergangenheit bereits zu Flugzeugabstürzen mit hunderten von Toten geführt hätten. Dem entgegen zu wirken diene das für alle Piloten verbindliche sog. Crew-Ressource-Management. Unter keinen Umständen dürfe im Cockpit eine Situation entstehen, bei der ein Co-Pilot aus Respekt, Ehrfurcht oder Angst vor der Reaktion des Kapitäns schweige und Zweifel für sich behalte.

Da der Kläger sich in dem Gespräch vom 31.10.2006 geweigert habe, an der Aufklärung der Kommunikationssituation vom 25.09.2006 mitzuwirken, habe keine andere Wahl bestanden, als ihn zunächst vom Flugdienst zu suspendieren. Auch nach Abschluss des gerichtlichen Vergleichs, der eine Weiterbeschäftigung des Klägers ab dem 01.02.2007 vorgesehen habe, hätten fortbestehende Sicherheitsbedenken wegen der fehlenden Kooperationsbereitschaft des Klägers zu einer unveränderten Gefährdungslage geführt, weswegen es aus Sicht der Entscheidungsträger der Beklagten geboten ge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?