Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung. Widerruf. Beweislast. sexuelle Belästigung. Non Liquet

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Der „Klaps” mit dem Handrücken auf den Po ist geeignet, den Tatbestand einer sexuellen Belästigung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 BeschSchG zu erfüllen.

2.) Ein Anspruch auf Widerruf der Behauptung einer sexuellen Belästigung setzt voraus, dass die Behauptung nachweislich unwahr ist. Für den Anspruch auf Unterlassung einer solchen Behauptung reicht es aus, dass die Behauptung nicht erweislich wahr ist.

3.) Zur Beweiswürdigung in einem derartigen Einzelfall.

 

Normenkette

BGB § 1004; BeschSchG § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 05.11.2003; Aktenzeichen 3 Ca 5196/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.11.2003 in Sachen 3 Ca 5196/03 teilweise abgeändert:

Der Klageantrag zu 1) (Widerruf) wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen beide Parteien je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten den Widerruf und die Unterlassung der Behauptung, er, der Kläger, habe die Beklagte sexuell belästigt.

Kläger und Beklagte waren Anfang 2003 Mitarbeiter der Firma A. Die Beklagte war in einem bestimmten Bezirk als Straßenreinigerin eingesetzt, der Kläger war der für den entsprechenden Bezirk zuständige Gruppenleiter.

Am 15.02.2003 stellte der Kläger auf einer dienstlichen Kontrollfahrt fest, dass die Beklagte ihre Kehrmaschine abgestellt hatte und sich während der Arbeitszeit in einer Spielhalle aufhielt. Der Kläger stellte sie deswegen zur Rede. In der Folgezeit wurde der Vorgang Gegenstand einer Dienstbesprechung, in welcher der gemeinsame Vorgesetzte, der als Betriebshofleiter fungierende Zeuge B, der Beklagten eröffnet, dass sie aus ihrer bisherigen Arbeitsgruppe herausgenommen und als Beifahrerin auf einem Lkw eingesetzt werden solle. Die Beklagte ihrerseits bezichtigte den Kläger, sie in der Vergangenheit sexuell belästigt zu haben: Der Kläger habe ihr mit dem Handrücken der rechten Hand, in der er ein zusammengerolltes Blatt Papier gehalten habe, auf dem Treppenaufgang zum Büro auf das Gesäß geschlagen.

Mit Anwaltsschreiben vom 27.02.2003 (Bl. 6 f. d. A.) ließ der Kläger die Beklagte auffordern, ihre Behauptung, er habe sie sexuell belästigt, gegenüber der Firma A und ihm selbst durch schriftliche Erklärung zu widerrufen und zukünftig derartige Äußerungen zu unterlassen. Mit Anwaltsschreiben vom 17.04.2003 ließ die Beklagte ihrerseits gegen den Kläger Strafanzeige erstatten (StA Köln 29 Js 386/03), wobei sie ihren Vorwurf der sexuellen Belästigung durch den Kläger wiederholte und auf Mittwoch, den 22.02.2003 gegen 14:00 Uhr datierte.

Der Kläger hat behauptet, die Angabe der Beklagten, er habe sie in der angegebenen Weise sexuell belästigt, sei unwahr. Die Beklagte habe den Vorwurf der sexuellen Belästigung nur erfunden, um den Konsequenzen ihrer Dienstverfehlung vom 15.02.2003 zu entgehen. Schon im Vorfeld der Dienstbesprechung, die – wie in erster Instanz unstreitig war – am 18.02.2003 stattgefunden habe, habe der ebenfalls bei der Firma A beschäftigte Bruder der Beklagte ihn, den Kläger, aufgefordert, den Vorfall vom 15.02.2003 auf sich beruhen zu lassen; denn schließlich sei die Beklagte eine Frau und man könne ihm, dem Kläger, schnell den Vorwurf einer sexuellen Belästigung anhängen.

Weiter hat der Beklagte ausgeführt, die Beklagte habe in der Dienstbesprechung vom 18.02.2003 behauptet, die sexuelle Belästigung habe „vor 14 Tagen” stattgefunden. Dies habe aber schon deshalb nicht stimmen können, da er, der Kläger, vom 19.01. bis 10.02.2003 gar nicht im Dienst gewesen sei.

Der Kläger und Berufungsbeklagte hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Behauptung, der Kläger habe sie sexuell belästigt

a. gegenüber dem Kläger

b. gegenüber dem Arbeitgeber des Klägers, der Firma A zu widerrufen;

• die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, gegenüber dritten Personen, insbesondere Mitarbeitern der Firma A, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen oder zu verbreiten, der Kläger habe sie in irgendeiner Form sexuell belästigt.

Die Beklagte und Berufungsklägerin hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die vom Kläger aufgestellten Behauptungen über angebliche Äußerungen ihres Bruders bestritten und bekräftigt, dass sie nichts zu widerrufen oder zu unterlassen habe, da sich der Vorfall der sexuellen Belästigung so, wie von ihr in der Strafanzeige geschildert, tatsächlich abgespielt habe, allerdings nicht 14 Tage vor dem 18.02.2003, sondern am 22.02.2003 gegen 14:00 Uhr auf der Zugangsrampe zu den Büroräumen des Betriebshofs an der O Straße.

In der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger eine Bescheinigung der Firma AWB vom 02.07.2003 vorgelegt, der zufolge er auch am 22.02.2003 nicht gearbeitet hatte.

Mit Urteil vom 05.11.2003 hat das Arbeitsgericht der Widerrufs- und Unterlassungsklage in vollem Umfang...

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