Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtversorgungszusage. Äquivalenzstörung. Änderung der Sozialversicherungsrente. Anpassung einer Gesamtversorgung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In die Anpassungsdynamik einer Betriebsrente auf Grundlage einer Gesamtversorgung, die die Lücke zwischen zwei ihrerseits dynamisch ausgestalteten Berechnungsfaktoren schließen soll, namentlich der Sozialversicherungsrente einerseits und einer an der Beamtenbesoldung orientierten Anpassung andererseits, kann nicht wegen einer sog. Äquivalenzstörung i.S.v. § 313 BGB eingegriffen werden, wenn zwar die Relation zwischen beiden dynamisch ausgestalteten Rechnungsfaktoren fortlaufenden Schwankungen unterworfen ist und sich der Berechnungsfaktor Sozialversicherungsrente ungleichgewichtig entwickelt hat, sich damit aber lediglich ein vom Arbeitgeber übernommenes Risiko verwirklicht.

2. Die Erteilung einer Versorgungszusage durch den Arbeitgeber stellt typischerweise einen Vorgang dar, dessen wirtschaftliche Auswirkungen erst geraume Zeit später eintreten. Es kann von den Vertragsparteien realistischerweise innerhalb eines so langen Zeitraums nicht ausgeschlossen werden, dass Gesetzesänderungen eintreten, die die Höhe der Sozialversicherungsrente negativ beeinflussen.

 

Normenkette

BGB § 313 Abs. 1; BetrAVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 07.12.2004; Aktenzeichen 17 Ca 6034/04)

ArbG Köln (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 19 Ca 6441/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.02.2008; Aktenzeichen 3 AZR 290/06)

 

Tenor

1. Die Berufungen der Beklagten gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Köln vom 18.11.2004 (19 Ca 6441/04, Kläger H) und vom 07.12.2004 (17 Ca 6034/04, Klägerin K) werden zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung des Klägers Hwird an Stelle der Ziffer 2 des Urteilstenors Arbeitsgericht Köln 19 Ca 6441/04

  1. die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 222,00 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 06.06.2005 zu zahlen,
  2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 01.06.2005 über die bislang gezahlten monatlichen Versorgungsbezüge in Höhe von 2.198,96 EUR brutto hinaus weitere 22,20 EUR brutto monatlich, insgesamt also Versorgungsbezüge in Höhe von 2.221,16 EUR brutto monatlich zu zahlen,
  3. festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch künftig die Anpassung der Versorgungsbezüge des Klägers gemäß der Regelung in 6.2 der Betriebsvereinbarung zur Altersversorgung vom 25.06.1976 in der Fassung der Änderungsvereinbarungen vom 06.01.1981 und vom 04.06.1993 durchzuführen.

3. Auf die Anschlussberufung der Klägerin K wird an Stelle der Ziffer 2 des Urteilstenors Arbeitsgericht Köln 17 Ca 6034/04

  1. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 223,30 EUR brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.06.2005 zu zahlen,
  2. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin ab dem 01.07.2005 über die bislang gezahlten monatlichen Versorgungsbezüge in Höhe von 973,17 EUR brutto hinaus weitere 20,30 EUR brutto monatlich, insgesamt also Versorgungsbezüge in Höhe von 993,47 EUR brutto monatlich zu zahlen,
  3. festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch künftig die Anpassung der Versorgungsbezüge der Klägerin gemäß der Regelung in 6.2 der Betriebvereinbarung zur Altersversorgung vom 25.06.1976 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 06.01.1981 und vom 04.06.1993 durchzuführen.

4. Die Kosten der Berufungen der Beklagten und der Anschlussberufungen der klagenden Parteien werden der Beklagten auferlegt.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der von der Beklagten zu zahlenden Betriebsrente.

Der am 07.01.1940 geborene Kläger war vom 01.07.1972 bis 30.06.2000 bei dem Rechtsvorgänger der Beklagten beschäftigt. Ab dem 01.07.2001 bezog er Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und eine vorgezogene Betriebsrente.

Die Klägerin ist die Witwe des am 19.05.2003 verstorbenen Herrn K., der vom 11.06.1965 bis zum Eintritt in den vorgezogenen Ruhestand ab 01.09.1999 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt war. Die Klägerin erhält nach dem Tod ihres Ehemannes Hinterbliebenenversorgung.

Grundlage der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Hinterbliebenenversorgung ist die Betriebsvereinbarung zur Altersversorgung vom 04.06.1993 (BV-AV 6/93), die die Betriebsvereinbarung über Altersversorgung vom 25.06.1976 (BV-AV 6/76) teilweise modifiziert hat. Die Betriebsvereinbarung vom 25.06.1976 beinhaltet eine sog. Gesamtversorgung. Der Ruhegehaltsanspruch beträgt nach zehnjähriger anrechnungsfähiger Dienstzeit 35 % und steigt mit jedem weiteren Dienstjahr bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um je 2 %, danach um je 1 % bis zum Höchstsatz von 75 %. Hierauf wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet.

Die auf diese Weise berechnete Betriebsrente wurde jährlich dynamisiert. Die der Erstfestsetzung der Versorgungsbezüge zu Grunde liegenden ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge (Versorgungsgrundlage) wurden im Rahmen der sogenannten Gesamtrentenfor...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge