Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablösung von allgemeinen Arbeitsbedingungen durch Betriebsvereinbarung. Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Angemessenheitskontrolle durch Arbeitsgericht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel kommt es nicht auf das Bezugnahmeobjekt, sondern auf die Bezugnahmeklausel selbst an. Bei der Angemessenheitskontrolle ist daher nicht auf die tatsächlich erfolgten Änderungen abzustellen (im Anschluss an BAG 11.02.2009 - 10 AZR 222/08).

2. Im konkreten Fall hat die Kammer angenommen, dass die arbeitsvertragliche Verweisung auf einer vertraglichen Einheitsregelung gegen § 308 Nr. 4 BGB verstößt.

 

Normenkette

BGB §§ 305-310, 242, 139

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 12.10.2011; Aktenzeichen 3 Ca 2350/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.02.2015; Aktenzeichen 1 AZR 599/13)

 

Tenor

  • 1

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.10.2011 - 3 Ca 2350/10 - wird zurückgewiesen.

  • 2

    Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  • 3

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Fortbestehen von Leistungen im Krankheitsfall.

Der am geborene Kläger war ursprünglich Beamter der und nach bundesrechtlichen Bestimmungen beihilfeberechtigt. Er war seit dem 18. August 1980 zunächst bei der beschäftigt. Nr. 3 des Arbeitsvertrags vom 13. März 1981 lautet:

"Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen der Tarifregelung für die Beschäftigten der in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Hiervon ausgenommen ist § 23 Abs. 5."

Bei der im Arbeitsvertrag genannten Tarifregelung handelte es sich um allgemeine Arbeitsbedingungen der Diese wurden von einer Personalkommission erarbeitet und - soweit sie nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung waren - vom Hauptvorstand der beschlossen. In die Personalkommission entsandte der Gesamtbetriebsrat ein Mitglied. Die Arbeitnehmer wurden in Betriebsversammlungen regelmäßig über den Stand der Beratungen in der Personalkommission informiert. Nach den bei Begründung des Arbeitsverhältnisses für die ständig Beschäftigten der geltenden Tarifregelungen (§ 1 Satz 1 Buchst. b TR ) hatten die nicht krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer Ansprüche auf einen Krankengeldzuschuss nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den letzten Nettobezügen und dem Netto-Krankengeldanspruch (§ 16 Nr. 3 TR ) sowie auf Beihilfen und Unterstützungen nach den für den öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen (§ 17 TR ).

Die Beklagte entstand im Jahr 2001 durch Verschmelzung der Einzelgewerkschaften Handel, Banken und Versicherungen, Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, DPG, Industriegewerkschaft Medien - Druck und Papier, Publizistik und Kunst und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft. In einer zuvor von den fünf Einzelgewerkschaften mit ihren Gesamtbetriebsräten im Juni 2000 abgeschlossenen "Grundsatzvereinbarung zur Gründung und Aufbau von " heißt es:

"Die allgemeinen Anstellungsbedingungen und -regelungen der fünf Gewerkschaften gelten jeweils für die aus ihrem ursprünglichen Geltungsbereich stammenden Beschäftigten über den Zeitpunkt der Verschmelzung hinaus solange fort, bis sie durch neue Vereinbarungen ersetzt werden.

Die Beteiligten dieser Vereinbarung sind sich dabei einig in dem Bestreben, einvernehmlich neue einheitliche allgemeine Anstellungsbedingungen für die Beschäftigten zu schaffen.

Solche Regelungen, die üblicherweise tariflich normiert sind, können vor dem 30.06.2003 nicht ohne die Zustimmung der jeweils anderen Betriebspartei (Gesamtbetriebsrat und Bundesvorstand von ) vereinbart werden; die Zustimmung kann nicht ersetzt werden. Unter Wahrung der für zu vereinbarenden erweiterten Mitbestimmungsrechte sowie der dazu gehörenden Konfliktauflösungsregelungen ist nach diesem Zeitpunkt das Zustandekommen solcher Regelungen auch ohne die Zustimmung einer der beiden Betriebsparteien (Gesamtbetriebsrat und Bundesvorstand von ) möglich. Anstellungsbedingungen, die nicht einvernehmlich zustande gekommen sind, können frühestens am 01.07.2004 in Kraft treten. Jede/r Beschäftigte hat die Möglichkeit bis zum 31.12.2007 seine/ihre bisherigen Vergütungsregelungen (Entgelte einschließlich Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit Eingruppierung sowie alle regelmäßig wiederkehrenden Vergütungsbestandteile) beizubehalten."

Am 20./21. Juni 2000 beschloss die eine Aktualisierung ihrer Tarifregelung. Diese sah in § 16 Nr. 3 TR weiterhin die Zahlung eines Krankengeldzuschusses für nicht versicherungspflichtige Beschäftigte vor. In einem mit "Anhang II Rechtsstandswahrungen" überschriebenen Abschnitt war für die bis zum 31. August 1995 eingestellten Beschäftigten die bisher in § 17 TR enthaltene Regelung aufgeführt.

Nach einer zwischen der Beklagten und ihrem Gesamtbetriebsrat im Dezember 2007 abgeschlossenen "Gesamtbetriebsvereinbarung über die Ablösung von Regelungen der Gründungsgewerkschaften ("GBV Ablösung")...

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