Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast für die Erforderlichkeit einer Änderungskündigung. Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers für das Vorliegend einer Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
1. In früheren Entscheidungen haben der Erste und der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts angenommen, eine nicht erforderliche Änderungskündigung sei unverhältnismäßig. Da die Verhältnismäßigkeit Teil des Kündigungsgrundes ist, ergäbe sich daraus, dass der Arbeitgeber darlegungs- und beweisbelastet ist. Dies hätte zu Folge, dass der Arbeitgeber Umstände darlegen und beweisen müsste, an deren Vorliegen er kein Interesse hat. Denn Arbeitgeber sehen es regelmäßig als einfacher an, wenn sie eine Änderung im Wege des Direktionsrechts durchsetzen können. Zudem führt die Annahme, dass die Änderungskündigung nicht erforderlich ist, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Klageabweisung.
2. In der Entscheidung vom 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - hat der 2. Senat nicht mehr ausgeführt, eine nicht erforderliche Änderungskündigung sei unverhältnismäßig (ebenso BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - ). Er hat vielmehr darauf hingewiesen, dass in Wirklichkeit kein ÄnderungsangebotiSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG vorliege. Nach dieser Rechtsauffassung ist die Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitnehmer anzusiedeln. Denn er muss im Rahmen einer Kündigungsschutzklage nach allgemeinen Grundsätzen darlegen und beweisen, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Kündigung ausgesprochen hat.
Normenkette
KSchG § 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 03.11.2009; Aktenzeichen 16 Ca 4013/09) |
Tenor
I
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03. November 2009- 16 Ca 4013/09 - wird zurückgewiesen.
II
Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
III
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung mit Auslauffrist.
Die Klägerin ist seit dem 9. April 1987 im K Möbelhaus der Beklagten beschäftigt und verdiente zuletzt monatlich 2.300,00 Euro brutto. In ihrem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. April 1987 wurde eine Tätigkeit als "Verkäuferin" bei einem Arbeitszeitvolumen von 107 Stunden monatlich vereinbart. Die Klägerin war in der zentral organisierten "Preisauszeichnung" eingesetzt. Ihre Aufgabe bestand darin, auf Anforderung hin beschädigte oder abhanden gekommene Preisschilder in den einzelnen Abteilungen des Kaufhauses zu ersetzen und für eine korrekte Preisauszeichnung zu sorgen. In einer von den Parteien unterzeichneten und dem Betriebsrat zur Zustimmung zugeleiteten "Arbeitszeitänderung" vom 13. Oktober 1994 wurde die "durchschnittliche Stundenzahl monatlich" mit 163 angegeben. Als Arbeitszeiten für die Tage von Montag bis Freitag waren die Stunden von 8:00 bis 17:00 Uhr einschließlich einer Stunde Pause aufgeführt. Der Betriebsrat erteilte seine Zustimmung. Einige Jahre später wurde das Arbeitszeitende für die Tage Montag bis Donnerstag auf 16:00 Uhr, für den Freitag auf 13:30 Uhr, verlegt.
In den Jahren 2008 und 2009 nahm die Klägerin als Ersatzmitglied an mehreren Sitzungen des Betriebsrats teil. Die Klägerin hat eine "Anwesenheitsliste" für eine Sitzung des Betriebsrats am 23. April 2009 in Kopie vorgelegt (Bl. 122 d.A.). Diese weist aus, dass sie an der Sitzung vom23. April 2009 teilgenommen habe. In der Zeit vom 3. bis zum 20. April 2009 hatte die Klägerin Urlaub.
Die Beklagte beschloss im Jahr 2009, die Preisauszeichnung nicht mehr zentral, sondern durch jede Abteilung selbst ausführen zu lassen. Die Klägerin sollte deshalb im Verkauf eingesetzt werden.
Mit Schreiben vom 9. April 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Änderungskündigung an. Er widersprach dieser Maßnahme.
Mit Schreiben vom 21. April 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit Auslauffrist zum31. Oktober 2009 und bot der Klägerin eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Verkauf ab dem 1. November 2009 an. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an.
Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Änderungskündigung gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, diese sei schon wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dem Betriebsrat sei nicht mitgeteilt worden, dass sie im Verkaufsbereich nunmehr an sechs Tagen unter Einschluss des Samstags tätig werden solle. Auch für eine solche Änderung der Lage der Arbeitszeit habe es einer Änderungskündigung bedurft. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des§ 626 Abs. 1 BGB nicht vor. Auch sei die Zweiwochenfrist des§ 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt worden.
Die Klägerin hat - soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung - beantragt
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungendurch die Änderungskündigung vom 21. April 2009 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
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