Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorgründungsgesellschaft. Betriebsübergang. Zwangsverwaltung und Rückabwicklung eines Kaufvertrages. Konkursverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aus unternehmensbezogenen Rechtsgeschäften mit einer „GmbH”, die noch nicht gegründet ist, haftet der wahre Rechtsträger (GbR oder OHG als sog. Vorgründungsgesellschaft) und damit die Gesellschaft der Vorgründungsgesellschaft i.d.R. persönlich und unbeschränkt.

2. Die Zwangsverwaltung über ein Betriebsgrundstück stellt noch keinen Betriebsübergang dar.

3. In der Rückabwicklung eines Kaufvertrages zwischen dem Konkurs- (Insolvenz-) verwalter und einer gescheiterten Auffanggesellschaft kann ein Betriebsübergang liegen, wenn die Auffanggesellschaft den Betrieb nicht vor dem „Rückfall” bereits stillgelegt hat und der Konkurs- (Insolvenz-) verwalter den Betrieb fortführen will. Bloße Verwertungshandlungen und Abwicklungen durch den Konkurs- (Insolvenz-) verwalter reichen für eine Betriebsübernahme nicht aus.

 

Normenkette

BGB §§ 164, 316a

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 22.10.1998; Aktenzeichen 1 Ca 10475/97)

 

Tenor

Die Berufungen der Beklagten gegen das am 22.10.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 1 Ca 10475/97 – werden kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger war bei der Firma J beschäftigt. Die Firma befasste sich mit Herstellung, Vertrieb und Montage von Fenster-elementen und Fassaden aus Metall. Das Unternehmen geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten und kündigte einem Teil seiner Arbeitnehmer. Am 01.07.1997 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet. Der Konkursverwalter kündigte dem Rest der Belegschaft Anfang Juli 1997, dem Kläger zum 31.07.1997. Der Kläger erhob keine Kündigungsschutzklage.

Am 01.07.1997 wurde zum Zwecke der Gründung einer Auffanggesellschaft ein notarieller Gesellschaftsvertrag beurkundet, an dem neben Herrn Dr. K die Beklagten K und J. H beteiligt waren. Der Beklagte H trat zugleich als vollmachtloser Vertreter für den Beklagten Kr und vier weitere Personen auf. Gegenstand des Gesellschaftsvertrages war die Gründung einer Gesellschaft unter der Firmenbezeichnung J mit dem Unternehmensgegenstand Herstellung und Vertrieb von Aluminiumprodukten.

Am 07.08.1997 nahmen die Beklagten an einer Gesellschafterversammlung der „J” teil. Sie erklärten zu Protokoll, dass sie zum Gesellschafterkreis des Unternehmens gehören und entsprechende Anteile zeichnen. Die Teilnehmer beschlossen, vom Konkursverwalter zu einem Gesamtpreis von 3,15 Mio. DM das Betriebsgrundstück mit Aufbauten, alle Maschinen und bestimmte Planunterlagen zu kaufen sowie die gewerblichen Mitarbeiter der Gemeinschuldnerin nach § 613 a BGB zu übernehmen.

Im Anschluss an die Gesellschafterversammlung unterzeichneten der Beklagte K und Herr A im Auftrag der „J” noch am selben Tag einen „Kaufvertrag und Vertrag über die Teilübernahme des Geschäftsbetriebes” mit dem Konkursverwalter. Darüber hinaus verpflichtete sich die Käuferin, alle noch erforderlichen Restfertigstellungsarbeiten an zwei bestimmten Bauvorhaben der Gemeinschuldnerin zu beenden.

Ebenfalls noch am 07.08.1997 schloss die „J” mit den gewerblichen Arbeitnehmern, u. a. dem Kläger, einen Arbeitsvertrag mit Wirkung ab 01.08.1997. Seitens der Gesellschaft ist der Arbeitsvertrag von dem Beklagten K „i. A.” unterzeichnet. Die Gesellschaft war in der Folgezeit tätig.

Am 22.09.1997 erwirkte eine Gläubigerbank der Gemeinschuldnerin die Zwangsverwaltung über die Betriebsimmobilie.

Mit Schreiben vom 23.10.1997 mahnte der Konkursverwalter die Erfüllung der Zahlungsverpflichtung aus dem Kaufvertrag vom 07.08.1997 an und setzte hierzu eine Frist bis zum 31.10.1997. Im Anschluss an eine Betriebsversammlung am 31.10.1997 kündigte die „J i. G.” allen ihren Arbeitnehmern. Die von dem Beklagten K „i. A.” unterzeichneten Kündigungsschreiben wurden nach der Betriebsversammlung den Arbeitnehmern ausgehändigt. In den gleichlautenden Kündigungsschreiben heißt es u. a.:

„… leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass die Gründung eines Nachfolgeunternehmens – der J – nicht zustande kommt.

Wir sind damit gezwungen, den Geschäftsbetrieb dauerhaft einzustellen und kündigen Ihr Arbeitsverhältnis fristgerecht zum …

Sie sind ab sofort von der Arbeitsverpflichtung freigestellt, noch ausstehende Urlaubsansprüche sowie Ansprüche auf Freizeitausgleich wegen geleisteter Überstunden nehmen Sie bitte während der Freistellungszeit.

…”

Dem Kläger wurde fristgerecht zum 31.12.1997 gekündigt.

Die sofortige Freistellung der gekündigten Arbeitnehmer erfolgte in Abstimmung mit dem auf der Betriebsversammlung am Freitag anwesenden Vertreter des Konkursverwalters, der auf die Frage eines Mitarbeiters, wer die Restaufträge erledige, geäußert hatte, dass das zur Zeit nicht absehbar sei; alle Mitarbeiter seien ab Montag freigestellt.

Am Montag, dem 03.11.1997, händigte der Konkursverwalter dem Beklagten K ein an die „J i. G.” gerichtetes Schreiben aus, in dem er den Vertrag vom 07.08.1997 wegen Nichtzahlung des Kaufpr...

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