Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Lektor. Fremdsprachenlektor. Befristung

 

Leitsatz (amtlich)

Die befristete Einstellung fremdsprachiger Lektoren zur Erteilung von fremdsprachigem Unterricht in der Muttersprache an einer Universität kann (in Abgrenzung zum Urteil des EuGH vom 20.10.1993 – Rechtssache C 272/92) unter folgenden Voraussetzungen zulässig sein:

  1. wenn mit der Befristung die Absicht verfolgt wird, den aktuellen Bezug des Fremdsprachenlektors zu Sprache und Kultur seines Herkunftslandes zu fördern und durch eine permanente Fluktuation der Stelleninhaber den kulturellen Austausch auf eine möglichst breite Basis zu stellen,
  2. sofern ministerielle Richtlinien die Erreichung dieses Ziels durch geeignete Einstellungsvoraussetzungen gewährleisten (Höchstalter, Ausschluß von Bewerbern, die sich überwiegend nicht im Herkunftsland aufgehalten haben oder die die Absicht haben, in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt zu begründen)
  3. und die Vermittlung der Fremdsprache in ihrer jüngsten Gestaltung sowie von Kenntnissen der aktuellen Kultur des Herkunftslandes ausdrücklich zur überwiegenden vertraglichen Pflicht erhoben wird.
 

Normenkette

BGB § 620 Abs. 1; HRG § 57b Abs. 3, § 54c Abs. 2; GG Art. 5 Abs. 3; EGV Art. 48 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 14.12.1994; Aktenzeichen 4 Ca 2923/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.04.1996; Aktenzeichen 7 AZR 701/95)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 14.12.1994 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 4 Ca 2923/94 – abgeändert:

Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses. Beklagt ist das Land Nordrhein-Westfalen. In seinen Diensten ist die französische Klägerin seit April 1991 an der Universität als Lektorin (Lehrkraft) für das Fach Französisch tätig. Zugrunde liegt ein Arbeitsvertrag vom 02.04.1991 (Bl. 16 f. d.A.), der bis März 1993 befristet war und mit Vertrag vom 19.03.1993 (Bl. 18 f. d.A.) bis März 1995 verlängert wurde. Der Arbeitsvertrag sieht die Anwendung einiger Vorschriften des BAT sowie der dazu ergangenen Sonderregelung (SR) 2 y vor. Er verweist i.ü. auf die Richtlinien des Ministers für Wissenschaft und Forschung NRW vom 15.04.1985 (I B 4–3811) und enthält in § 5 unter der Überschrift „Befristungsgrund” folgende Regelung:

  1. „Die Vertragsbefristung bestimmt sich nach § 57b Abs. 3 i.V.m. § 57c Abs. 2 des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
  2. Durch die Befristung soll sichergestellt werden, daß auch in der Folgezeit andere Lektoren mit aktuellem Bezug zur französischen Sprache diese in die Aus- und Fortbildung der Studenten einbringen können.”

Die Klägerin hat die Befristungsvereinbarung für unwirksam gehalten und sich dazu auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 48 Abs. 2 EWG-Vertrag berufen (Urteil vom 20.10.1993 – Rechtssache C 272/92 in AP Nr. 17 zu Art. 48 EWG-Vertrag). Sie hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht kraft Befristung mit Ablauf des 31.03.1995 endet;
  2. das beklagte Land zu verurteilen, sie über den 31.03.1995 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und sich auf das Hochschulrahmengesetz (§ 57b Abs. 3 i.V.m. § 54c Abs. 2) berufen, ferner auf die Richtlinien des Ministers für Wissenschaft und Forschung NRW, die kraft Vereinbarung zum Vertragsbestandteil erhoben worden sind und weitere Befristungsgründe enthalten; hierzu heißt es unter Zf. 1, a.a.O. unter der Oberschrift „Begriffsbestimmung und Beschäftigungszweck”:

1.1 Lektoren sind ausländische Lehrende für die Ausbildung in lebenden Fremdsprachen, die zur Vermittlung der jeweiligen Fremdsprache in ihrer jüngsten Gestaltung und zur Wahrung eines engen und aktuellen Kontaktes mit dem entsprechenden Sprachkreis befristet beschäftigt werden.

1.2 Die Beschäftigung dient daher insbesondere auch dem fortlaufenden sprachlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Austausch, auch wenn keine gegenseitige Austauschvereinbarung abgeschlossen ist oder eine personelle Gegenseitigkeit nicht besteht.

1.3 Mit der Beschäftigung sollen zugleich die eigenen Kenntnisse der Lektoren erweitert und vertieft und damit ihre Befähigung für die spätere Berufstätigkeit gesteigert werden. Darüber hinaus soll Zweck des Beschäftigungsverhältnisses zugleich eine spezielle Fort- und Weiterbildung im Sinne der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung (insbesondere die Promotion) sein.”

Zf. 2, der Richtlinien bestimmt unter der Überschrift „Aufgaben”:

2.1 Den Lektoren obliegt als Lehrkräfte für besondere Aufgaben gemäß § 55 WissHG überwiegend die Vermittlung praktischer Fertigkeiten und Kenntnisse, die nicht die Qualifikation zum Professor erfordert. …

2.2 In diesem Rahmen sind den Lektoren überwiegend Lehrveranstaltungen zur sprachpraktischen Ausbildung unter Berücksichtigung der jüngsten Gestal...

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