Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwenrente. Haupternährereigenschaft. Benachteiligung. Auslegung der in einer Pensionszusage für die Witwenrente enthaltenen Haupternährerklausel. Maßgeblicher Zeitpunkt
Leitsatz (amtlich)
Auslegung der in einer Pensionszusage für die Witwenrente enthaltenen Haupternährerklausel - AGB-Kontrolle. Keine Benachteiligung wegen des Geschlechts.
Leitsatz (redaktionell)
ne Vertragsklausel, wonach die Ehefrau des verstorbenen Arbeitnehmers eine Witwenpension erhalten soll, wenn der Arbeitnehmer den Unterhalt seiner Familie überwiegend bestritten hat (Haupternährerklausel), ist hinsichtlich des Feststellungszeitpunkts dahingehend auszulegen, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der Haupternährereigenschaft der letzte wirtschaftliche Dauerzustand vor dem Tod des Arbeitnehmers ist.
Normenkette
BGB §§ 305, 305 c Abs. 2, § 307; SGB VI § 303; AVG § 43 Abs. 1; RVO § 1266 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 24.05.2011; Aktenzeichen 8 Ca 3043/11) |
Nachgehend
Tenor
1.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.05.2011 - 8 Ca 3043/11 - wird zurückgewiesen.
2.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Ehefrau des Klägers nach dessen Tod eine Witwenpension auf der Grundlage der dem Kläger von seiner ehemaligen Arbeitgeberin erteilten einzelvertraglichen Pensionszusage zusteht.
Der am 1945 geborene und seit dem 12.01.1977 verheiratete Kläger war vom 01.04.1965 bis zum 30.09.2005 Arbeitnehmer der K AG. Unter dem 29.09.2003 erteilte die K AG dem Kläger eine einzelvertragliche Pensionszusage (Anlage K 3, Bl. 13 ff d. A.). Dem Kläger wurde in § 3 der Pensionszusage eine lebenslange Altersrente in Höhe von monatlich 1.660,- € brutto zugesagt. Ferner wurde ihm eine Witwenpension wie folgt zugesagt:
§ 6
Witwenpension
Nach Ihrem Tod gewähren wir Ihrer Ehefrau eine Witwenpension in Höhe von 60% der in § 3 zugesagten Alterspension bzw. der nach § 4 bezogenen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitspension, wenn Sie den Unterhalt Ihrer Familie überwiegend bestritten haben. Eine Witwenpension wird nicht gezahlt, wenn
a) die Ehe nicht bis zu Ihrem Tod bestanden hat,
b) die Ehe erst nach Vollendung Ihres 60. Lebensjahres oder nach ihrem Ausscheiden aus der Firma geschlossen wurde,
c) Ihre Witwe mehr als 30 Jahre jünger ist als Sie und Sie keine minderjährigen Kinder hat, für die Waisenrente nach dieser Pensionszusage gezahlt wird, es sei denn, die Ehe hat mehr als 15 Jahre bestanden.
Eine Witwe, die aus eigener Tätigkeit bei der Firma pensions- oder rentenberechtigt ist, erhält entweder die Witwenpension oder ihre eigene Firmenpension/Firmenrente, und zwar die jeweils höhere.
Die Witwenrente wird monatlich nachträglich gezahlt. (...)
Nachfolgend heißt es:
§ 7
Witwerpension
§ 6 gilt entsprechend für den Witwer einer Betriebsangehörigen oder Firmenpensionärin.
Der Kläger bezog ab dem 01.10.2005 zunächst von seiner ehemaligen Arbeitgeberin eine Alterspension. Aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Insolvenz der Versorgungsschuldnerin ist der beklagte Pensionssicherungsverein unstreitig eintrittspflichtig. Der Beklagte zahlt an den Kläger seit dem 01.01.2011 eine Altersversorgungsleistung in Höhe von 1.660,- € monatlich.
Der Beklagte bat den Kläger im Folgenden unter Bezugnahme auf die sog. Haupternährerklausel um Auskunft über die von ihm und seiner Ehefrau bezogenen Einkünfte. Der Kläger gab unter dem 13.08.2010 seine Einkünfte aus der gesetzlichen Rente mit 1.732,01 € und aus der Firmenrente mit 1.571,81 € an. Für seine Ehefrau, die Betriebsärztin bei der D war, gab er die von ihr bezogene Pension mit 2.343,40 € sowie eine Firmenrente in Höhe von 1.601,40 € an. Daraufhin teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass im Falle des Todes des Klägers dessen Ehefrau keine Hinterbliebenenrente zu beanspruchen habe, weil der Kläger nicht (mehr) Haupternährer der Familie im Sinne des § 6 der Pensionszusage sei.
Mit seiner am 18.04.2011 beim Arbeitsgericht Köln erhobenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet ist, im Falle seines Todes die in § 6 der Pensionszusage vorgesehene Hinterbliebenenversorgung an seine Ehefrau zu erbringen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dem Anspruch stehe nicht entgegen, dass seine Ehefrau seit dem 01.01.2007 ein höheres Renteneinkommen als er beziehe, da es nur auf die Verhältnisse des aktiven Erwerbslebens ankomme. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut der formularmäßig verwendeten Klausel, wonach Witwenpension gezahlt werde, wenn er den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten "habe" (= Vergangenheitsform) als auch nach dem Sinn und Zweck der Zusage, den überlebenden Ehegatten abzusichern. Denn der Versorgungsbedarf und eine eventuell notwendige weitergehende Vorsorge könne sinnvoll nur zum Zeitpunkt des aktiven Erwerbslebens festgestellt werden. Wie sich aus der als Anla...