Leitsatz (amtlich)
Begriff: Erwerb besonderer Kenntnisse und Erfahrungen im Forschungsbereich
Normenkette
HRG § 7b Abs. 2 Ziff. 3
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 30.05.1995; Aktenzeichen 4 Ca 2646/94) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 30.05.1995 – 4 Ca 2646/94 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht befristet ist.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat das beklagte Land zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der nunmehr 45 Jahre alte Kläger ist seit dem 01.07.1977 mit Ausnahme einer Unterbrechung für die Dauer von fünf Monaten Ende 1983 bei der Beklagten am Lehrstuhl Physik 1 der RWTH Aachen beschäftigt, und zwar zunächst als wissenschaftliche Hilfskraft, sodann als habilitierter Privatdozent, zuletzt zu einer Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe I b BAT. Nach Abschluß der Promotion wurde er zur weiteren wissenschaftlichen Qualifikation in der Zeit vom 01.10.1981 bis 31.08.1983 und vom 02.11.1984 bis 30.09.1989 beschäftigt. Nach Erlangung der Habilitation wurde er vom 01.10.1989 bis 31.10.1990 mit der Vertretung des Amtes eines Universitätsprofessors für Physik (C 3) beauftragt, am 16.02.1990 wurde er für die Dauer von vier Jahren in einem Beamtenverhältnis auf Zeit übernommen (Oberassistent) unter weiterer Beauftragung der Vertretung der C 3-Professur. Alsdann vereinbarte das beklagte Land mit dem Kläger am 03.02.1994 einen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 16.02.1994 bis 15.02.1995, die Aufgabenstellung blieb identisch.
Unter § 4 dieses Vertrages heißt es u.a.:
„Die Beschäftigung erfolgt für Aufgaben oder Dienstleistungen, die zugleich der eigenen wissenschaftlichen Weiterbildung dienen. Grund für die Befristung ist u.a., möglichst vielen Mitarbeitern Gelegenheit zu wissenschaftlicher Weiterbildung zu geben. Im vorliegenden Falle sind darüber hinaus noch folgende Gründe für die Befristung maßgebend:
Die befristete Beschäftigung erfolgt, da der Mitarbeiter besondere Kenntnisse und Erfahrungen in der Forschungsarbeit erwerben soll (§ 57 b Abs. 2 Ziffer 3 Hochschulrahmengesetz).”
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß diese Befristungsvereinbarung rechtsunwirksam ist. Unter Darstellung seiner Tätigkeit im einzelnen hat er darauf verwiesen, daß es sich bei allen beschriebenen Arbeiten um immer wiederkehrende Tätigkeiten gehandelt habe, die nur im Detail variierten, sich in regelmäßigen Abständen wiederholten und dem Kläger bei seiner momentanen Qualifikation nicht mehr Gelegenheit bieten könnten, besondere Kenntnisse und Erfahrungen in der Forschungsarbeit zu erwerben.
Er hat beantragt,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht befristet ist;
- die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 15.02.1995 hinaus zu unveränderten Bedingungen auf demselben Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
Es hat darauf verwiesen, daß der Kläger am 1. physikalischen Institut der RWTH Aachen als wissenschaftlicher Angestellter beschäftigt sei, um Forschungsaufgaben durchzuführen. Forschung ganz allgemein werde betrieben, um den Erkenntnisstand zu erweitern. Dies impliziere zwangsläufig auch die Zunahme des persönlichen Kenntnisstandes des beteiligten Forschers. In diesem Sinne sei die Befristungsbegründung „Erwerb von Kenntnissen” sehr wohl als Befristungsgrund anzusehen. Die bereits erbrachten Nachweise der höchsten Qualifikation (Habilitation) seien dabei unerheblich. Erwerb von Kenntnissen anhand von neuen Forschungsergebnissen, an deren Erlangung man mitgewirkt habe, ende nicht mit dem Erwerb der höchsten akademischen Qualifikation, denn Forschung bedeute eine stetige Erweiterung des Kenntnisstandes.
Das Arbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Urteils LAG Köln vom 11.08.1993 – 8 Sa 462/93 – die Klage abgewiesen.
Gegen dieses am 31.07.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.08.1995 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Er verweist weiterhin darauf, daß er inzwischen 17 Jahre lang für das beklagte Land tätig ist, auch sein Aufenthalt in Paris 1983/1984 sei auf dessen Betreiben zurückzuführen. Die Fünfjahresgrenze des Hochschulrahmengesetzes sei bei weitem überschritten. Zudem habe weder der im Arbeitsvertrag genannte noch ein sonstiger berechtigter Grund für eine Befristung vorgelegen: Weitere Kenntnisse und Erfahrungen in der Forschungsarbeit habe er in der Zeit vom 16.02.1994 bis 15.02.1995 nicht mehr erwerben können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 30.06.1995, Az.: 4 Ca 2646/94, dem Kläger am 31.07.1995 zugestellt, wird abgeändert und
- es wird festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht befristet ist und fortbesteht; und
- die Beklagte wird verurteilt, den Kläg...