Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang und Höhe der Einstandspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins für Versorgungsanwartschaften im Insolvenzfall. Garantierter Besitzstand und Anwartschaft auf Altersversorgung im Insolvenzfall. Dreistufiges Rechenschema bei der Ermittlung der konkreten Höhe des Insolvenzschutzes eines Versorgungsanwärters. Keine Berücksichtigung der Art der Rentenzusage bei der Berechnung des Insolvenzschutzes für den anwartschaftsberechtigten Arbeitnehmer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beim Insolvenzschutz für Versorgungsanwärter ist zwischen dem in § 7 Abs. 1 und 5 BetrAVG vorgesehenen Rechenweg und der dabei zugrunde zu legenden Vollrente zu unterscheiden. Die maßgebliche Vollrente richtet sich nach den getroffenen Vereinbarungen. Insoweit ist der Pensions-Sicherungs-Verein an die Zusage der Arbeitgeberin gebunden. Soweit jedoch Abweichungen vom Rechenweg des § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG vereinbart wurden, spielt dies für die Einstandspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins nach § 7 Abs. 2 BetrAVG keine Rolle (im Anschluss an BAG 15. Juli 2008 - 3 AZR 669/06).

2. Die sich daraus ergebende Anwartschaft ist mit dem garantierten Besitzstand zu vergleichen. Er darf nicht unterschritten werden (im Anschluss an BAG 15. Juli 2008 - 3 AZR 669/06).

3. Dies bedeutet, dass die konkrete Höhe des Insolvenzschutzes eines Versorgungsanwärters in drei Schritten zu berechnen ist. Zunächst ist die fiktive Vollrente nach den getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln. Da der Eintritt der Insolvenz rechnerisch ebenso zu behandeln ist wie ein vorzeitiges Ausscheiden des Versorgungsanwärters aus dem Arbeitsverhältnis, ist die fiktive Vollrente in einem zweiten Schritt ratierlich zu kürzen. In einem dritten Schritt ist zu prüfen, ob der dargestellte Mindestschutz gewährleistet ist.

4. Da die Berechnungsgrundsätze des § 7 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 5 BetrAVG nicht disponibel sind, kommt es im Insolvenzfall für den anwartschaftsberechtigten Arbeitnehmer auf die Rechtsprechung des BAG (18. Februar 2014 - 3 AZR 542/13) zur Abgrenzung zwischen einer einheitlichen und einer nicht-einheitlichen Rentenzusage nicht an.

 

Normenkette

BetrAVG § 2 Abs. 1, §§ 5, 7 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 02.05.2018; Aktenzeichen 9 Ca 822/18)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.05.2018 - 9 Ca 822/18 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  • III.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des dem Kläger zustehenden Insolvenzsicherungsanspruchs.

Der am 19 geborene Kläger war seit dem 1. Januar 1978 bei der W GmbH bzw. deren Rechtsvorgängern angestellt. Die Arbeitgeberin des Klägers gehörte zum M -Konzern.

Das Arbeitsverhältnis war von einer Versorgungszusage begleitet. Zunächst war die Versorgungsordnung vom 1. Januar 1987 maßgeblich.

Die Versorgungsordnung 1987 wurde zum 1. August 1996 geändert. Sie enthält eine Übergangsregelung, die bestimmt:

1. Für Mitarbeiter, die bei Inkrafttreten der Versorgungsordnung vom 1.8.1996 das 65. Lebensjahr vollendet haben, bleibt die bisherige M -Versorgungszusage i. d. F. vom 1. Januar 1987 unverändert bestehen. Ein Erwerb von Rentenansprüchen nach dieser Versorgungsordnung ist ausgeschlossen.

2. Mitarbeiter, die vor Inkrafttreten dieser Versorgungsordnung bereits in den Kreis der Versorgungsberechtigten gemäß § 1 der bisherigen M -Versorgungszusage i. d. F. vom 1.1.1987 aufgenommen waren, aber nicht unter Abs. 1 fallen, erhalten zusätzlich zur Bausteinrente nach dieser Versorgungsordnung eine Besitzstandsrente aus der MIELE-Versorgungszusage für die bis zum 31.7.1996 abgeleistete Dienstzeit. Die Besitzstandsrente errechnet sich durch Multiplikation des Dienstzeitfaktors gemäß Ziffer 3 mit der fiktiven Altersrente gemäß Ziffer 4. Für die monatlichen Rentenbausteine kommt nur das ab dem 1.8.1996 bezogene versorgungsfähige Einkommen in Betracht.

Die Versorgungsordnung 1996 wurde durch Betriebsvereinbarung vom 14. Mai 2008 rückwirkend zum 1. Januar 2008 abgelöst. Die Arbeitgeberin kündigte die Betriebsvereinbarung am 25. Januar 2010 zum 30. April 2010.

Wegen des Inhalts der Versorgungsordnungen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Über das Vermögen der W GmbH wurde am 26. Februar 2016 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte stellte dem Kläger unter dem 12. April 2017 einen Anwartschaftsausweis aus. Er errechnete einen Betrag in Höhe von 418,28 €, für den er eintrittspflichtig sei. Wegen der konkreten Berechnung wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Der Kläger hat Berechnungen der Firma M GmbH zu seiner voraussichtlichen Altersrente gemäß der Versorgungsordnung 2008 zu den Gerichtsakten gereicht. Die erste Berechnung datiert auf den 20. November 2010, die zweite Berechnung ist am 22. August 2018 erfolgt. Beide Berechnungen sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die voraussichtliche Höhe der Altersrente des Klägers auf 499,17 € beläuft.

Zwischen den Partei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge