Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Protokollnotiz der Betriebsparteien

 

Leitsatz (amtlich)

1. Heißt es in einer Protokollnotiz der Betriebsparteien, dass im Falle von Frühpensionierungen einzelner Mitarbeiter, die auf Wunsch des Arbeitgebers erfolgen, etwaige Verluste in der Altersversorgung, die auf Grund einer verschlechternden Betriebsvereinbarung eintreten, ermittelt und angemessen ausgeglichen werden, so gilt diese mangels Vorliegens des Merkmals „Frühpensionierung” für Mitarbeiter, die bereits mit dem 52. Lebensjahr auf arbeitgeberseitige Veranlassung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, jedenfalls dann nicht, wenn die betrieblichen Vorruhestandsregelungen ein höheres Mindestalter vorsehen und der Arbeitgeber auch nicht – abweichend davon – mit anderen vergleichbaren Arbeitnehmern, die dieses Mindestalter noch nicht erreicht haben, Vorruhestandsvereinbarungen geschlossen hat.

2. Unter einem „angemessenen Ausgleich” i. S. dieser Protokollnotiz ist nicht ohne weiteres ein 100%-iger Versorgungsausgleich zwischen der früheren und der neuen (verschlechternden) Versorgungsordnung zu verstehen.

3. Eine gerichtliche Schätzung des „angemessenen Ausgleichs” nach § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BGB kann nur bei Darlegung konkreten tatsächlichen Umständen erfolgen, die eine sog. Billigkeitsentscheidung ermöglichen.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 4 S. 1; BGB § 315 Abs. 3 S. 2 Hs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 12.08.2006; Aktenzeichen 11 (12) Ca 11000/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.08.2006 – 11 (12) Ca 11000/05 – wird zurückgewiesen. Die – hilfsweise – Klageerweiterung wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der von dem Beklagten als gesetzlichem Träger der Insolvenzsicherung an den Kläger zu zahlenden monatlichen Betriebsrente.

Der am 19.06.1943 geborene Kläger war seit dem 20.05.1963 bei der Firma G AG in F zunächst als Montierer, seit dem 01.08.1973 als Meister im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Im Rahmen einer Umstrukturierung des Grundig-Konzerns wurde er mit Wirkung vom 01.04.1994 der Firma G P E GmbH zugeordnet, die zuletzt unter P M R GmbH firmierte.

Während des Arbeitsverhältnisses erwarb der Kläger eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Maßgebend war insoweit zunächst eine Gesamtbetriebsvereinbarung „Versorgungsleistungen zur betrieblichen Altersversorgung” vom 11.05.1979 (im Folgenden: AV 1/79), die eine frühere Versorgungsordnung aus dem Jahre 1969 ablöste und die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines vorzeitigen betrieblichen Altersruhegeldes vorsah. Nach § 6 Abs. 3 dieser Gesamtbetriebsvereinbarung sollte sich die Höhe der vorgezogenen Altersrente nach der bis dahin erreichten Ruhegeldanwartschaft bestimmen. Versicherungsmathematische Abschläge sollten nicht gemacht werden.

Mit Wirkung vom 01.07.1983 wurde die AV 1/79 durch die Versorgungsordnung „Versorgungsleistungen zur betrieblichen Altersversorgung” vom 24.02.1984 (im Folgenden: AV 1/83) abgelöst, die geringere Steigerungsbeträge sowie in § 6 Abs. 3 einen versicherungsmathematischen Abschlag bei vorzeitigem Rentenbezug vorsieht. Bestandteil dieser Versorgungsordnung ist nach deren § 15 Abs. 2 eine Übergangsregelung gemäß Betriebsvereinbarung vom 24.02.1984, in der es u.a. heißt:

  1. „Die Versorgung der Pensionäre und die unverfallbaren Anwartschaften bis zum 30.6.1983 ausgeschiedener Mitarbeiter bleiben durch die Neuordnung mit Wirkung vom 1.7.1983 unberührt.
  2. Bei Eintritt des Versorgungsfalles bis zum 30.6.1988 wird die Versorgungsleistung (Alters-, Invaliden- und Witwenrente) gewährt, die sich bei Anwendung der Versorgungsordnung vom 11.5.1979 (AV I/1979) unter Berücksichtigung der nach Eintritt des Versorgungsfalles tatsächlich gewährten gesetzlichen Sozialversicherungsrente ergibt.
  3. Für Mitarbeiter, die am 30.6.1983 in einem festen Arbeitsverhältnis standen, wird unabhängig von der Erfüllung der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen des § 1 BetrAVG die bis zum 30.6.1983 erworbene Anwartschaft auf Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenrente nach der Vorsorgungsordnung vom 11.5.1979 (AV I 1979) ermittelt und als Besitzstandsrente in festen DM-Beträgen garantiert. Berechnungsmodus ist das ratierliche Verfahren des § 2 BetrAVG.

Bei Anwendung des § 11 der AV I 1979 (Limitierung) wird dabei unabhängig von den individuellen Verhältnissen für jeden Mitarbeiter pauschal eine Sozialversicherungsrente von 50 vH des sozialversicherungspflichtigen Einkommens im Jahr 1983 berücksichtigt.

Die nach Ziff. 3 ermittelte Besitzstandsrente wird bei Pensionierung und Invalidität gewährt. Sie ist ebenfalls Bemessungsgrundlage für die Witwenrente gemäß § 8 der AV I 1979.

Die ermittelte Besitzstandsrente erhöht sich für alle nach dem 30.6.1983 abgeleisteten Dienstjahre in der GRUNDIG-GRUPPE entsprechend den jeweiligen Steigerungsbeträgen der Versorgungsordnung in der...

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