Leitsatz (amtlich)

Diese Bestimmung (Ausschlußfrist von einem Monat für Ansprüche, die erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werden) kann nur für Ansprüche gemeint sein, bei denen die Fälligkeit klar ist oder einfach zu bestimmen ist.

 

Normenkette

MTV-Chemie § 17 Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 04.09.1997; Aktenzeichen 19 Ca 11886/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.01.1999; Aktenzeichen 1 AZR 606/98)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 4.9.1997 – 19 Ca 11886/96 – wird geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.076,64 DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen seit dem 8.1.1997; die weitergehende Zinsklage wird abgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war vom 15.3.1976 bis zum 30.9.1981 Arbeitnehmer der Beklagten (KG). Beim Ausscheiden war er 56 Jahre alt (geboren am 24.2.1935) und hat er eine Abfindung von 60.986,59 DM erhalten aufgrund eines Interessenausgleichs und Sozialplans vom 13.3.1991 (Bl. 7 ff .d.A. im folgenden: ISP). Die Abfindung setzte sich zusammen aus einem Grundbetrag und der Summe von Nettogehältern bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn abzüglich des zu erwartenden Arbeitslosengeldes/Arbeitslosenhilfe und Leistungen des Unterstützungsvereins der Chemischen Industrie (ISP B III 1 a und b, Bl. 14 f. d.A., Berechnung vom 4.11.1981 Bl. 6 d.A.). Der Kläger hat auch Arbeitslosengeld erhalten (bis 31.5.1994). Ein Antrag auf anschließende Arbeitslosenhilfe wurde abgelehnt (Bl. 4 d.A.), sein Widerspruch hiergegen wegen Verspätung verworfen (Bl. 102 d.A.). Der Kläger hat sich daraufhin fernmündlich und schriftlich (4.12.1994) an die Beklagte gewandt (Bl. 36 d.A.). Die Beklagte hat ablehnend geantwortet (unter dem 27.1.1995, Bl. 37 d.A.). Am 24.2.1995 hat der Kläger sein 60. Lebensjahr vollendet. Ab 1.3.1995 erhält er vorgezogenes Altersruhegeld. Am 30.12.1996 hat er Klage gegen die Beklagte erhoben auf Zahlung eines Ausgleichs wegen der nicht erhaltenen Arbeitslosenhilfe gemäß der Regelung im ISP unter B III 1 b bb Abs. 3, welche lautet:

„Soweit zu erwartende Leistungen an Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe tatsächlich nicht gewährt werden … wird im Einvernehmen zwischen Werkleitung und dem Betriebsrat für den Zeitraum vom Ausscheiden bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn ein entsprechender Ausgleich auf 95 % des durchschnittlich laufenden Monats-Nettoentgeltes gewährt.”

Der Kläger hat geltend gemacht, daß ihm ab Juni 1994 eine Arbeitslosenhilfe von monatlich 1.523,60 DM entgangen sei, so daß sich für die Zeit bis zum Rentenbeginn (9 Monate) ein Betrag von 13.712,40 DM ergebe und abzüglich eines für vier Monate bereits gezahlten Zuschusses zur Arbeitslosenhilfe in Höhe von 3.635,76 DM ein Betrag von 10.076,64 DM.

Der Kläger hat demgemäß beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.076,64 DM brutto zu zahlen nebst 4 % Zinsen seit dem 01.03.1995.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, daß für das Arbeitsverhältnis der Parteien der MTV Chemie gegolten habe (kraft tatsächlicher Anwendung) und der Anspruch des Klägers daher verfallen sei gemäß der dortigen Regelung unter § 17. Diese Bestimmung lautet:

㤠17

Ausschlußfristen

  1. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die richtige und vollständige Abrechnung von Vergütungen für Schicht-, Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie bei Barzahlungen die Übereinstimmung des in der Abrechnung genannten Betrages mit der tatsächlichen Auszahlung unverzüglich zu überprüfen.
  2. Die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlußfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen. Das gilt nicht, wenn die Berufung auf die Ausschlußfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist.
  3. Im Falle des Ausscheidens müssen die Ansprüche beider Seiten spätestens einen Monat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden.
  4. Wird ein Anspruch erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, muß er spätestens einen Monat nach Fälligkeit geltend gemacht werden.
  5. Die genannten Ausschlußfristen gelten nicht für beiderseitige Schadensersatzansprüche sowie für beiderseitige nachwirkende Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.”

Der Kläger hat bestritten, daß der MTV Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden war.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, der Kläger hiergegen Berufung eingelegt. Er verfolgt seinen erstinstanzlichen Antrag weiter. Seine Begründung ergibt sich aus seinem Schriftsatz vom 1.12.1997, die Erwiderung der Beklagten aus deren Schriftsatz vom 12.1.1998.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist statthaft, § 64 ArbGG. Sie ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Die diesbezüglichen Feststellungen des Gerichts ergeben sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 13.5.1998.

II. Die Berufung ist begründet.

1. Der Anspruch des Klägers ist entstanden ...

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