Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitliche Grenzen des Verbleibs einer Abmahnung in der Personalakte
Leitsatz (amtlich)
Der Bedeutungsverlust einer Abmahnung tritt nicht schon durch bloßen Zeitablauf als solchen ein, sondern nur dadurch, dass der betroffene Arbeitnehmer sich im Anschluss an die erteilte Abmahnung einen nachhaltigen Zeitraum hindurch vertragstreu verhalten hat.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 25.07.2018; Aktenzeichen 20 Ca 980/18) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.07.2018 in Sachen 20 Ca 980/18 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen verhaltensbedingten Kündigung vom 22.01.2018 sowie darum, ob eine dem Kläger unter dem 28.09.2017 erteilte Abmahnung aus seiner Personalakte ersatzlos zu entfernen ist.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 20. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen hat, die Klage vollständig abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des mit der Berufung angegriffenen Urteils vom 25.07.2018 Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 04.09.2018 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 02.10.2018 Berufung eingelegt und diese am 19.10.2018 begründet.
Der Kläger und Berufungskläger bekräftigt in der Berufungsinstanz seine Auffassung, die streitige Kündigung vom 22.01.2018 sei im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG nicht sozial gerechtfertigt gewesen.
Der Kläger räumt ein, am 28.12.2017 seine Arbeit verspätet aufgenommen zu haben. Hieran habe ihn jedoch kein Verschulden getroffen, da sein Auto zugeparkt gewesen sei. Sein Zuspätkommen habe keine schwerwiegende Pflichtverletzung dargestellt. Er habe sich unverzüglich bei der Beklagten gemeldet und ihr mitgeteilt, dass er sich etwas verspäten werde. Der betriebliche Ablauf sei durch seine Verspätung nicht gefährdet gewesen und habe sich nicht verzögert. Die Verkehrssicherheit des Betriebes sei zu Betriebsbeginn nicht gefährdet gewesen. Auch habe er angeboten gehabt, die ausgefallene Arbeitszeit nachzuarbeiten. Ferner habe das Arbeitsgericht versäumt zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 30.06.2018, mithin also praktisch ein weiteres halbes Jahr, völlig störungsfrei verlaufen sei.
Das Arbeitsgericht habe nach Ansicht des Klägers verkannt, dass die Abmahnung vom 28.09.2017 bereits formell rechtswidrig erteilt worden sei. Auch auf die Abmahnungen vom 26.03.2014, 09.01.2015 und 10.02.2015 habe das Arbeitsgericht nicht mehr abstellen dürfen; denn diese Abmahnungen seien bereits durch den langen Zeitablauf bis zur Kündigung bedeutungslos geworden. Zudem habe den Abmahnungen vom 26.03.2014 und 10.02.2015 ein völlig anderer Lebenssachverhalt zugrunde gelegen, da es dort um verspätete Krankmeldungen gegangen sei.
Im Hinblick auf die vor Ausspruch der Kündigung vorgenommene Anhörung des Betriebsrats beanstandet der Kläger, dass die Beklagte darin eine aus dem Vorfall vom 28.12.2017 vermeintlich resultierende Betriebsablaufstörung nur pauschal behauptet, aber nicht konkret beschrieben habe.
Im Rahmen der Interessenabwägung habe das Arbeitsgericht versäumt zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis nach Erteilung der Abmahnungen aus den Jahren 2014 und 2015 bis zur Kündigung sowie nach der Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist praktisch störungsfrei verlaufen sei. Es wäre nach Meinung des Klägers ausreichend gewesen, als milderes Mittel der Sanktionierung statt einer Kündigung nochmals eine Abmahnung auszusprechen.
Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift des Klägers und seines weiteren Schriftsatzes vom 30.01.2019 wird Bezug genommen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,
- das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.07.2018,Az. 20 Ca 980/18 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 22.01.2018, zugegangen am selben Tag, zum 30.06.2018 nicht aufgelöst worden ist;
- das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.07.2018,Az.: 20 Ca 980/18, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger mit Schreiben vom 28.09.2017 erteilte Abmahnung aus der Personalakte des Klägers ersatzlos zu entfernen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte hält dafür, dass die Kündigung vom 22.01.2018 sozial gerechtfertigt und auch sonst wirksam gewesen sei, und hält die hierfür vom Arbeitsgericht gegebenen Begründungen für zutreffend.
Die Beklagte hebt hervor, dass am 28.12.2018 eine gefährlich kalte Witterungslage geherrscht und eine rechtzeitige Räumung der durch einen Wald führenden, kurvigen, 3,5 km langen Zufahrtsstraße zur Betriebsstätte dringend erforderlich gewesen sei, aber aufgrund der...