Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Übung. „Vertrauenszerstörende”. Erklärungen des Arbeitgeber
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 03.01.1995; Aktenzeichen 17 Ca 10284/93) |
ArbG Köln (Urteil vom 21.09.1994) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 3. Januar 1995 – 17 Ca 10284/93 – abgeändert:
Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21. September 1994 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte aus betrieblicher Übung verpflichtet ist, das Urlaubsgeld des Klägers nach dem jeweiligen Stand des Einzelhandelstarifvertrages zu zahlen. Der Kläger ist bei der Beklagten in deren Gastronomiebetrieb in den Räumlichkeiten des Kaufhauses … in Köln als Koch beschäftigt. Bis Ende 1987 betrieb das Kaufhaus selbst die Gastronomie. Im Zusammenhang mit der Übernahme dieses Betriebsteiles durch die Beklagte wurden sogenannte Übergangsregelungen, teils als Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen dem Gesamtbetriebsrat und dem Kaufhaus …, teils als „Erklärung” der Übernehmerin, der jetzigen Beklagten, getroffen (Bl. 8–11 d. A.). In dieser „Erklärung” heißt es unter anderem:
„Ansprüche aus den im Zeitpunkt des Übergangs der Arbeitsverhältnisse gültigen Einzelhandelstarifverträgen (Manteltarifvertrag, Lohn- und Gehaltstarifvertrag, Tarifvertrag über die tariflichen Sonderzuwendungen, Tarifvertrag über die vermögenswirksamen Leistungen) bleiben in ihrer zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Ausgestaltung und Höhe erhalten.”
Den betroffenen Arbeitnehmern, so auch dem Kläger, waren diese Überleitungsregelungen, insbesondere die Erklärung der Beklagten, bekannt.
In der Folgezeit, von den Jahren 1989 bis 1992, leistete die Beklagte ihren Arbeitnehmern Urlaubsgeld nach dem jeweils aktuellen Tarifvertrag über Sonderzahlung – Urlaubsgeld und Sonderzuwendung – für die Arbeitnehmer im Einzelhandel im Lande Nordrhein-Westfalen vom 15. Mai 1985 (Bl. 15–18).
Der Kläger begehrt das aus diesem Tarifvertrag folgende Urlaubsgeld für das Jahr 1993 in unstreitiger Höhe von 1.407,50 DM.
Mit Schreiben vom 26. März 1993 hatte die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, daß das Urlaubsgeld für 1993 nach dem Stand von 1988 zu berechnen sei und demnach 1.107,50 DM betrage. Diesen Betrag zahlte die Beklagte aus. Mit Schreiben vom 21. Juni 1993 erhob der Kläger dagegen Widerspruch und verlangte Zahlung nach dem aktuellen Stand des Tarifvertrages (Bl. 7 d. A.). Mit seiner am 28.11.1993 eingegangenen Klage verlangt er den Differenzbetrag in Höhe von 300,00 DM.
In der mündlichen Verhandlung vom 20. September 1994 vor dem Arbeitsgericht erschien die Beklagte nicht. Es erging ein klagestattgebendes Versäumnisurteil. Gegen dieses am 28. September 1994 zugestellte Versäumnisurteil legte die Beklagte am 29. September 1994 Einspruch ein.
Der Kläger hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 20. September 1994 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich darauf berufen, die mehrjährigen Zahlungen nach den jeweils aktuellen Tarifsätzen beruhten auf einen Bürofehler, nämlich auf einer falschen EDV-Erfassung. Es sei die richtige Verrechnungsformel nicht eingegeben worden. Die falsche EDV-Eingabe sei nicht auf der Entscheidungsebene im Betriebe der Beklagten erfolgt, sondern durch eine Buchhalterin. Bei einer Überprüfung der Software im Jahre 1992 sei der Fehler entdeckt worden.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 3. Januar 1995 der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Es hat ausgeführt, aufgrund der mehr als dreijährigen Praxis der Beklagten habe bei den Arbeitnehmern der Eindruck entstehen müssen, der Arbeitgeber habe einen entsprechenden Bindungswillen. Ob ein solcher rechtsgeschäftlicher Wille tatsächlich vorhanden sei, sei nicht ausschlaggebend. Entscheidend sei nur, wie die Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger das Verhalten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Begleitumstände hätten verstehen dürfen. Ein derartiger Vertrauenstatbestand sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Bereich der Zahlung von Sonderzuwendungen dann anzunehmen, wenn die Zahlung dreimal ohne Vorbehalt geleistet worden sei. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, bei den Zahlungen handele es sich um einen „Büroirrtum”. Denn die Arbeitnehmer hätten dieses nicht erkennen können. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf dessen Entscheidungsgründe (Bl. 52–55 d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 27.04.1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.05.1995 Berufung eingelegt und diese am 02.06.1995 begründet. Sie führt aus, einem Anspruch des Klägers aus betrieblicher Übung stünden die Überleitungsregelungen entgegen, die die Höhe des Urlaubsgeldes festschrieben.
Die Beklagte bean...