Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 05.09.1996; Aktenzeichen 6 Ca 605/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.05.1998; Aktenzeichen 9 AZR 395/97)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.09.1996 – 6 Ca 605/95 – abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 5 Urlaubstage aus 1994 wegen Teilnahme an der Bildungsveranstaltung „Die Regionalentwicklung des Spreewaldes im Spannungsfeld Ökonomie und Ökologie” in derzeit vom 06.11.1994 bis 11.11.1994 zu gewähren.

2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Streithilfe trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte wegen der von ihr verweigerten Freistellung nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NW (AWbG) verpflichtet ist, dem Kläger Erholungsurlaub nachzugewähren.

Der Kläger steht bei der Beklagten seit Jahren als Formgestalter gegen ein monatliches Bruttogehalt von 6.000,00 DM im Arbeitsverhältnis. Im Juni 1994 teilte er der Beklagten mit, in der Zeit vom 06. bis 11.11.1994 an der einwöchigen Bildungsveranstaltung zum Thema

„Die Regionalentwicklung des Spreewaldes im Spannungsfeld Ökonomie und Ökologie”

teilnehmen zu wollen, die vom Streithelfer des Klägers, dem Forum für Politik und internationale Begegnung e.V. – Forum Unna – einer anerkannten Weiterbildungseinrichtung – veranstaltet wurde. Dem Antrag war das Programm der Veranstaltung beigefügt, welches wie folgt lautet:

„Geplantes Programm

Bildungsveranstaltung – Neu Zauche – Spreewald

Thema:

Die Regionalentwicklung des Spreewaldes im Spannungsfeld Ökonomie und Ökologie

Seminarleitung:

Herr Kohlase

Sonntag:

Anreise

15.00–16.00 Uhr

Quartiernahme

16.00–21.30 Uhr

Einführungsvorträge über Spree und Spreewald (Die Vorträge werden durch Dias und Folien aufgelockert)

Montag:

09.00–17.00 Uhr

Seminar auf dem Spreewaldkahn

Erläuterungen und Diskussionen beim lautlosen Durchfahren (mit einem handgestakten Spreewaldkahn)

  • des Erlenhochwaldes mit Erläuterungen zum Thema Forstwirtschaft
  • des Wiesenspreewaldes mit Erläuterungen zum Thema Landwirtschaft (Grünlandbewirtschaftung, Rinderhaltung usw.)
  • der besiedelten Spreewalddörfer Lehde und Leipe mit Erläuterungen zum Thema: „Ein Leben mit dem Kahn” und der Überlebenschance von 15 Kleinbauern.

Insgesamt wird auch auf dieser Fahrt das Thema: „Wasser – das Lebenselexier für Spree und Spreewald einschließlich der Hauptstadt Berlin” umfassend behandelt.

19.00–21.30 Uhr

Videos in gekürzter Form über Natur im Spreewald/Biosphärenreservat und über das Leben der Spreewälder

Dienstag:

Die Regionalentwicklung im Spannungsfeld Ökonomie – Ökologie

09.00–10.00 Uhr

Die wirtschaftliche Situation der Spreewaldregion

11.00–12.30 Uhr

Die Landwirtschaft und die Erhaltung bzw. Pflege der Kulturlandschaft;

Grünlandbewirtschaftung;

Gemüseanbau

14.00–15.30 Uhr

Die Landwirtschaft in den Spreewalddörfern Lehde und Leipe; manuelle Bewirtschaftung. Suche nach Überlebenschancen

16.00–17.30 Uhr

Die Forstwirtschaft

19.00–20.00 Uhr

Video mit Auswertung „Ein Leben mit dem Kahn”

Mittwoch:

09.00–17.00 Uhr

Exkursion mit dem Fahrrad. 50–60 km quer durch den Spreewald, mit

  • Besichtigung des Braunkohletagebaues Seese-Ost
  • Grundwasserabsenkungen und ihre Auswirkungen auf die Spree, den Spreewald und Berlin
  • Abbau des Deckgebirges
  • Abbau der Braunkohle
  • Renaturierte ehemalige Tagebaugebiete

19.00–20.30 Uhr

Seminar: Grundwasserdefizit im Einzugsgebiet der Spree mit rund 12 Milliarden Kubikmeter?

Was passiert bei spontaner Einstellung der Tagebaue und der Kraftwerke?

Was muß bei der Entwicklung der Gesamtregion beachtet werden? (Erhalt der Landschaft, Menschen und Arbeit, Wasser).

Donnerstag:

Die Spreewaldregion in Grenzen von Peitz/Cottbus bis zum Neuendorfer See (rund 80 km lang und 30 km breit) mit den Städten und Dörfern mit insgesamt rund 200.000 Einwohnern; mit den wirtschaftlichen Potentialen und den wirtschaftlichen Problemen.

09.00–10.30 Uhr

Grundsatzreferat zu den vorgenannten Themen

11.00–17.00 Uhr

Busrundfahrt zu den wichtigsten Anlaufpunkten:

  • Peitz mit seinen großen Fischteichen und dem Kraftwerk Jänschwalde, sowie Tagebaue Cottbus-Nord und Jänschwalde;
  • Cottbus – Metropole der Niederlausitz und der westlich angrenzende Spreewald mit dem Branitzer-Park
  • die Tagebaue am Südrand des Spreewaldes (offener Tagebau Seese-Ost, zum Abriß geräumtes Dorf „Plündern verboten”;
  • Lübben – die Nahtstelle zwischen dem Ober- und Unterspreewald;
  • das Seengebiet im östlichen Teil des Unterspreewaldes
  • der Unterspreewald mit seinen Anlaufpunkten Schlepzig (Agrarhistorisches Museum), Leipsch, Großwasserburg

Freitag:

09.00–12.00 Uhr

Auswertungsseminar mit schriftlicher Erarbeitung von Vorschlägen und Vorstellungen, die zur positiven Entwicklung der Region beitragen können.

Abreise”

Mit Schreiben vom 28.07.1994 lehnte die Beklagte den Bildungsurlaub ab mit der Begründung, die Veranstaltung diene weder der beruflichen noch politischen Weiterbildung. Gleichzeitig bot sie die Gewährung bezahlten oder unbezahlten Ur...

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