Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch einer Flugsicherheitskraft auf Vergütung während gesetzlicher Ruhezeiten
Leitsatz (redaktionell)
Breakstunden sind unbezahlte Ruhepausen.
Normenkette
ArbZG § 4
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 26.03.2013; Aktenzeichen 20 Ca 5982/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.03.2013 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln- 20 Ca 5982/12 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 428,87 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2013 zu zahlen.
- Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 67,91 Euro netto (Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit) zuzüglich Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2013 zu zahlen.
- Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 68 % und der Beklagten zu 32 % auferlegt.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die die Vergütung von - als sogenannte "Breakstunden" bezeichneten - Arbeitszeitunterbrechungen nebst Sonn- und Feiertagszuschlägen für diese Stunden.
Die am 1962 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.07.2009 als Flugsicherheitskraft auf dem Flughafen K beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 08.12.2005 (im Folgenden: "MTV NRW") Anwendung. Der Stundenlohn der Klägerin betrug vom 01.07.2011 bis zum 29.02.2012 EUR 12,06 brutto und beträgt seit dem 01.03.2012 EUR 12,36 brutto.
Die Beklagte erbringt ihre Leistungen im Auftrag der B . Die Anzahl der erforderlichen Arbeitskräfte ist dabei vom konkreten Fluggastaufkommen und den damit zusammenhängenden jeweiligen- schwankenden - Personalanforderungen der Bundespolizei abhängig. In diesem Zusammenhang kommt es zu den streitigen Arbeitsunterbrechungen.
Die Parteien streiten darüber, ob diese "Breakstunden" (mitbestimmungsrechtlich) zulässig sind und insbesondere, ob die "Breakstunden" wegen Annahmeverzuges der Beklagten vergütungspflichtig sind oder ob sie rechtlich als - nicht vergütungspflichtige - Pausen zu qualifizieren sind.
Im Betrieb der Beklagten gilt eine Betriebsvereinbarung "Dienst- und Pausenplanung" vom 31.01.2011 (nachfolgend "Betriebsvereinbarung"), deren § 9 wie folgt lautet:
"§ 9 Pausen
1.
Dem Mitarbeiter werden die gesetzlichen Ruhepausen (§ 4 ArbZG) in einem Zeitkorridor zwischen Beginn der 2. Arbeitsstunde (frühester Beginn der Ruhepause) und Ende der 7. Arbeitsstunde (spätestens Ende der Ruhepausen durchgehend gewährt. Die Lage der Ruhepause/n wird dem Mitarbeiter bei Beginn der Schicht mitgeteilt.
2.
Es können pro Schicht zusätzlich unbezahlte Ruhepausen von maximal 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als6 Stunden angeordnet werden, wenn innerhalb eines Kalenderjahres im Durchschnitt unbezahlte Pausen an nicht mehr als zehn Arbeitstagen monatlich gegenüber dem Mitarbeiter angeordnet werden.
3.
Die Mitarbeiter werden durch Aushang an geeigneter Stelle über folgende Regelungen unterrichtet:
a. Zeitlicher Rahmen der gesetzlichen Ruhepausen nach Abs. 1
b. Grenzen der Zulässigkeit weiterer Pausen nach Abs. 2
c. Notwendigkeit der Arbeitsbefreiung während der Ruhepausen
("Bereitschaft ist keine Ruhepause")
d. Freie Wahl des Aufenthalts während der Ruhepause"
Wegen des genauen Inhalts der Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 70 ff. d. A. Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die Beklagte sei zur Vergütung der "Breakstunden" aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs verpflichtet. Die zeitliche Lage der Dienstunterbrechungen werde von der Beklagten flexibel gehandhabt, sodass zu Beginn des Arbeitstages nicht bekannt sei, ob eine Arbeitsunterbrechung tatsächlich erfolgen werde. Damit werde das Ziel der Pausen - nämlich die Erholung des Arbeitnehmers - nicht erreicht. Die Beklagte übe daher ihr Direktionsrecht nicht rechtmäßig, also im Rahmen des billigen Ermessens, aus, da sie einseitig ihr wirtschaftliches Risiko - nämlich eine die konkreten Personalanforderungen der B übersteigende Beschäftigung von Arbeitnehmern - auf die Arbeitnehmer verlagere und deren Interessen nicht ausreichend Rechnung trage. Zudem werde verfahrenswidrig der Betriebsrat hinsichtlich der Anordnung der "Breakstunden" nicht beteiligt. Eine bloße Bekanntgabe an den Betriebsrat über die Dauer der Arbeitszeit und die Dauer der Unterbrechung genüge für eine Mitwirkung des Betriebsrates nicht.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 1.378,83 zzgl.5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.01.2013 zu bezahlen (Arbeitszeitunterbrechungen 01.09.2011 bis 31.12.2012);
- die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 189,93 netto(§ 3b EStG) zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.01.2013 zu bezahlen (Zuschläge für Sonn- u...