Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug. Urlaubsvergütung. Urlaubsabgeltung. Überbrückungsgeld. Anspruchsübergang. anderweitiger Erwerb Normen:
Leitsatz (amtlich)
1. Nimmt der Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist einer sich als unwirksam erweisenden Arbeitgeberkündigung eigenem Bekunden zu Folge genehmigten Erholungsurlaub in genau dem Umfang in Anspruch, für den ihm zuvor in der vermeintlichen „Schlussabrechnung” Urlaubsabgeltung gewährt worden war, so kann er für den fraglichen Zeitraum nicht nochmals (Urlaubs-)Vergütung verlangen.
2. Macht sich der Arbeitnehmer während des Annahmeverzugszeitraums selbstständig, so ist das ihm deshalb gewährte sog. Überbrückungsgeld des § 57 SGB III – unbeschadet der Frage, ob insoweit nicht ohnehin ein Anspruchsübergang nach
§ 115 SGB X stattfindet – jedenfalls entsprechend einem anderweitigen Erwerb im Sinne von §§ 615 BGB, 11 KSchG auf den Annahmeverzugsanspruch anzurechnen.
Normenkette
BGB § 615; KSchG § 11; BUrlG § 7; SGB III § 57; SGB X § 115
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 12.09.2002; Aktenzeichen 6 Ca 4373/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.09.2002 in Sachen 6 Ca 4373/01 teilweise abgeändert und unter Berücksichtigung der Klageänderung vom 23.06.2003 wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger folgende Beträge zu zahlen:
- 3.240,99 EUR brutto für den Monat Mai 2000 abzüglich 517,90 EUR netto zuzüglich 140,09 EUR und 15,71 EUR nebst 8,42 % Zinsen auf den Gesamtdifferenzbetrag seit dem 01.06.2000;
- 7.242,87 EUR brutto für den Monat Juni 2000 abzüglich 1.294,74 EUR netto zuzüglich 140,09 EUR und 15,71 EUR nebst 8,42 % Zinsen auf den Gesamtdifferenzbetrag seit dem 01.07.2000;
- 7.242,87 EUR brutto für den Monat Juli 2000 abzüglich 1.337,90 EUR netto zuzüglich 140,09 EUR nebst 8,42 % Zinsen auf den Gesamtdifferenzbetrag seit dem 01.08.2000;
- 7.242,87 EUR brutto für den Monat August 2000 abzüglich 2.196,82 EUR netto zuzüglich 140,09 EUR und 15,71 EUR nebst 8,42 % Zinsen auf den Gesamtdifferenzbetrag seit dem 01.09.2000;
- 7.242,87 EUR brutto für den Monat September 2000 abzüglich2.196,82 EUR netto zuzüglich 140,09 EUR und 15,71 EUR nebst 8,42 % Zinsen auf den Gesamtdifferenzbetrag seit dem 01.10.2000.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Bundesanstalt für Arbeit, vertreten durch den Direktor des Arbeitsamtes Düsseldorf, 3.150,54 EUR zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger – unter Einschluss der in dem Teil-Urteil des Arbeitsgerichts vom 06.09.2001 gebildeten Teilkostenquote – 42 % und die Beklagte 58 %. Von den Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger 23 % und die Beklagte 77 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um restliche Vergütungsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.
Der am geborene Kläger war seit dem 01.12.1997 bei der späteren Gemeinschuldnerin als Assistent der Geschäftsleitung beschäftigt. Er verdiente zuletzt 14.163,33 DM brutto monatlich zuzüglich 2,50 DM Kontoführungsgebühr. Im Anstellungsvertrag war eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende vereinbart. Am 28.01.2000 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet und die Beklagte zur Insolvenzverwalterin bestellt. Mit Schreiben vom gleichen Tage kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30.04.2000. Hiergegen erhob der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage. Mit Schreiben vom 18.04.2000 forderte die Beklagte den Kläger auf, die Schlüssel zu den Diensträumen und die Zugangsberechtigung zu seinem PC zurückzugeben. Mit der Schlussabrechnung für April 2000 gewährte die Beklagte dem Kläger u. a. eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 7.827,00 DM brutto (= 4.001,88 EUR). Der Bundesanstalt für Arbeit gegenüber bescheinigte die Beklagte, dass der dem Kläger noch zustehende Urlaub, wäre er im Anschluss an das Arbeitsverhältnis noch genommen worden, bis einschließlich 19.05.2000, einem Freitag, gedauert hätte.
In der Zeit vom 20.05.2000 bis 31.07.2000 bezog der Kläger Arbeitslosengeld.
Bereits mit Anwaltschreiben vom 25.04.2000 hatte der Kläger seine Arbeitskraft über den 01.05.2000 hinaus angeboten. Mit Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.06.2000 (5 Ca 1351/00), bestätigt durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20.03.2001 (13 Sa 1420/00), wurde die Kündigung der Beklagten vom 28.01.2000 rechtskräftig für unwirksam erklärt. Am 19.06.2000 sprach die Beklagte vorsorglich eine weitere Kündigung zum 31.07.2000 aus. Am gleichen Tage bot der Kläger erneut durch Anwaltsschreiben seine Arbeitskraft an. Darauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 21.06.2000 wie folgt:
Bitte treten Sie ab sofort ihren Dienst bei der S GmbH wieder an. Sie werden bis zum 31.07.2000 Herrn O in der straße zur Hand gehen” (Bl. 22 d.A.).
In der Folgezeit erhielt die Beklagte den Kläger bet...