Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrente. Anpassungspflicht. Vermutung des Versicherungsmissbrauchs

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG enthält die unwiderlegbare Vermutung des Versicherungsmissbrauchs, die auch dann eingreift, wenn der Arbeitgeber in dem Zwei-Jahreszeitraum vor Insolvenzeröffnung die Betriebsrente nur deshalb erhöht hat, weil er damit seiner Anpassungspflicht nach § 16 BetrAVG nachkommen wollte.

2. Ein nach § 278 VI ZPO gerichtlich festgestellter Vergleich stellte eine „Vereinbarung” i. S. d. § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung dar.

 

Normenkette

BetrAVG § 7 Abs. 5, § 16; ZPO § 278 VI

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 18.05.2009; Aktenzeichen 1 Ca 2823/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.05.2009 in Sachen 1 Ca 2823/09 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe der vom Kläger bei seiner früheren Arbeitgeberin, der J GmbH erworbene Betriebsrentenanspruch insolvenzgeschützt ist.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, derentwegen die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Köln die Klage abgewiesen hat, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 18.05.2009 Bezug genommen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 12.06.2009 zugestellt. Er hat hiergegen am 22.06.2009 Berufung eingelegt und diese am 21.07.2009 begründet.

Der Kläger beruft sich maßgeblich auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.03.2003, 3 AZR 120/02. Er meint, es gelte zu klären, ob ein rechtskräftiger Vergleich einem Urteil gleichzusetzen sei und ob die zitierte Rechtsprechung nach der Neufassung des § 7 Abs. 5 BetrAVG aufrecht erhalten werden könne.

Der Kläger macht geltend, ein rechtskräftiger Vergleich stehe vollstreckungsrechtlich einem Urteil gleich. Der am 27.12.2002 vom Arbeitsgericht Freiburg gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellte Vergleich wirke rechtsgestaltend. Der Inhalt des Vergleichs gehe über die bloße Anpassungsüberprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG hinaus; denn die frühere Arbeitgeberin und Gemeinschuldnerin habe sich in dem Vergleich zu einer Anpassung verpflichtet und damit auf die Rechte der „unterbliebenen Anpassung” im Sinne von § 16 Abs. 4 BetrAVG verzichtet.

Nach Ansicht des Klägers und Berufungsklägers steht auch die jüngste Neufassung des § 7 Abs. 5 S. 3 BetrAVG, bei der das Wort „vereinbart” durch das Wort „erfolgt” ersetzt worden sei, einer Übertragung der Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.03.2003 auf den vorliegenden Fall nicht entgegen.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.05.2009, Az.: 1 Ca 2823/09, abzuändern und

  1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.756,02 EUR brutto an betrieblicher Altersversorgung für den Zeitraum 01.08.2008 bis 30.09.2009 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen;
  2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger über den 30.09.2009 hinaus für die Dauer des Leistungsbezuges von betrieblicher Altersversorgung dem Grunde nach weitere 125,43 EUR monatlich laufend zu zahlen.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte tritt der Berufung des Klägers im Einzelnen mit rechtlichen Ausführungen entgegen und verteidigt das Ergebnis und die Begründung des angegriffenen arbeitsgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.05.2009 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch im Rahmen der im § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung des Klägers konnte jedoch keinen Erfolg haben. Die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Köln hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung unter korrekter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur umfassend und überzeugend begründet. Das Berufungsgericht macht sich zunächst die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils zu eigen.

Aus der Sicht der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gilt zusammenfassend und ergänzend das Folgende:

1. Die zum 01.07.2008 durch die ehemalige Arbeitgeberin und ursprüngliche Schuldnerin des Betriebsrentenanspruchs des Klägers vorgenommene Anpassung der Betriebsrente um 6,4 % oder 125,43 EUR brutto auf 2.085,03 EUR ist nach den in § 7 BetrAVG enthaltenen Regelungen nicht insolvenzgeschützt. Dementsprechend ist der Beklagte als Träger der Insolvenzsicherung nicht verpflichtet, bei den infolge der eingetretenen Insolvenz der früheren Arbeitgeberin vorzunehmenden Betriebsrentenzahlungen die Anpassung zum 01.07.2008 zu berücksichtigen. Dieses Ergebnis folgt aus § 7 Abs. 5 S. 3 BetrAVG. Nach dieser Norm...

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